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5. PHILHARMONISCHES KONZERT Festsaal des Kulturpalastes Dresden Freitag, den 16. Januar 1987, 19.30 Uhr Sonnabend, den 17. Januar 1987, 19.30 Uhr obiilbisrnooniie* Dirigent: Pavle Medakovic, SFR Jugoslawien Solistin: Pawlina Dokowska, VR Bulgarien, Klavier Richard Wagner 1813-1883 Vorspiel zu „Tristan und Isolde" Cesar Franck 1822-1890 Sinfonische Variationen für Klavier und Orchester Poco Allegro - Allegretto quasi Andante - Molto piü lento — Allegro non troppo PAUSE Johannes Brahms 1833-1897 Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 73 Allegro non troppo Adagio non troppo Allegretto grazioso Allegro con spirito Der junge jugoslawische Dirigent PAVLE MEDAKOVIC, Jahrgang 1953, erhielt seine Ausbildung an der Belgra der Musikakademie. Als erstes Engagement erhielt er die Chorleiter-Assistentenstelle beim Chor der Akade mischen Kultur- und Kunstgesellschaft „Branko Krsmano- vic", mit dem er zum Chor-Wettbewerb in Belgrad 1976 zwei erste Preise gewann. Im selben Jahr berief ihn die Belgrader Kammeroper zu ihrem Dirigenten. Mit diesem Ensemble gastierte er in verschiedenen jugoslawischen Städten und in Italien. Seit 1983 ist er Chefdirigent des Sinfonieorchesters von Mostar, aber ebenso laden ihn die anderen Orchester seines Landes ständig zu Kon zerten ein. Gastdirigate führten ihn auch nach Polen. Pavle Medakovic nahm an Dirigentenlehrgängen bei Pierre Dervaux in Nizza und Sergiu Cefibidache in München teil und besuchte ein Jahr lang die Meister- •sse von Karl Österreicher an der Hochschule für Mu- |und darstellende Kunst in Wien. Mit den Konzerten der Dresdner Philharmonie tritt der Künstler zum ersten Mal in der DDR auf. Die bulgarische Pianistin PAWLINA DOKOWSKA, ge bürtig aus Russe, erhielt ihre erste Ausbildung an der dortigen Staatlichen Musikschule und studierte danach am Staatlichen Konservatorium bei den Neuhaus-Schü lern Konstantin Ganew und Dshulia Ganewa. In den Jahren 1973, 1975 und 1976 vervollkommnete sie ihre Aus bildung in Paris; 1979 erhielt sie ein Zweijahresstipen dium für ein Studium an der Juilliard-School in New York, wo sie Beveridge Webster unterwies. Pawlina Dokowska gab schon als Kind öffentliche Konzerte und vertrat ihr Land bei internationalen Festivals junger Künstler in Bulgarien, Ungarn und Frankreich. Auch in der Stu dienzeit beteiligte sie sich erfolgreich an Wettbewerben, so 1968 in Bulgarien und 1975 am Claude-Debussy-Wett bewerb, der im Geburtsort des Komponisten, Saint Ger main en Let bei Paris, veranstaltet wurde. Hier wie im selben Jahr auch in Senigallia/Italien errang sie den 1. Preis. Die Künstlerin konzertiert regelmäßig mit den Orchestern in ihrer Heimat und wird mehr und mehr auch im Ausland verpflichtet. In den letzten Jahren gastierte sie in der UdSSR, in Polen, Rumänien, Ungarn, der CSSR, in Kuba, Italien. Frankreich, Japan und den USA. Darüber hinaus wurde sie in Bulgarien, Frank reich und den USA durch Rundfunkproduktionen be kannt. ZUR EINFÜHRUNG Als der wegen seiner Teilnahme an der Revolu tion steckbrieflich gesuchte Richard Wag ner 1849 aus Dresden fliehen mußte, fand er in der Schweiz Asyl und begegnete jener Frau, der er entscheidende Schaffensimpulse ver dankte, jedenfalls zu „Tristan und Isolde" und „Die Meistersinger von Nürnberg": Mathilde Wesendonk. Während seines Züricher Asyls hatte Wagner Freundschaft mit dem vermögen den Kaufmann Otto Wesendonk und seiner dreizehn Jahre jüngeren Frau geschlossen. Den Hauptwunsch des Komponisten, eine ruhige Wohnung für sich allein als Stätte ungestörter Arbeit zu gewinnen, erfüllte Otto Wesendonk, der ihm im Februar 1857 ein kleines Landhaus neben seiner Villa mit Ausblick auf See und Gebirge, das „Asyl auf dem grünen Hügel", einräumte. Im August 1857 bezogen die We sendonks ihr Haus neben Wagners „Asyl", so daß nun der Meister und Mathilde Wesendonk in engster Nachbarschaft lebten. Die zunächst nur freundschaftlichen Bindungen zu dieser schwärmerisch veranlagten, künstlerisch tief empfindenden Frau verwandelten sich bald in eine leidenschaftliche Liebe, die jedoch nach harten inneren Kämpfen in schmerzlicher Re signation ausklingen mußte. In einem Brief an seine Schwester Kläre vom 20. August 1858 be richtete Wagner über sein Verhältnis zu Mat hilde Wesendonk: „Was mich seit sechs Jah ren erhalten, getröstet und namentlich auch ge stärkt hat, an Minnas Seite (seiner ersten Frau), trotz der enormen Differenzen unseres Charakters und Wesens, auszuhalten, ist die Liebe jener jungen Frau, die mir anfangs und lange zagend, zweifelnd, zögernd und schüch tern, dann aber immer bestimmter und sicherer sich näherte. Da zwischen uns nie von einer Vereinigung die Rede sein konnte, gewann un sere tiefe Neigung den traurig wehmütigen Charakter, der alles Gemeine und Niedere fernhält und nur in dem Wohlergehen des an deren den Quell der Freude erkennt. Sie hat seit der Zeit unserer ersten Bekanntschaft die unermüdlichste und feinfühlendste Sorge für mich getragen und alles, was mein Leben er leichtern konnte, auf die mutigste Weise ihrem Manne abgewonnen . . . Und diese Liebe, die stets unausgesprochen zwischen uns blieb, mußte sich endlich auch offen enthüllen, als ich vorm Jahre den .Tristan' dichtete und ihr gab . . . Doch wir erkannten sogleich, daß an eine Vereinigung zwischen uns nie gedacht werden dürfte: somit resignierten wir, jedem selbstsüchtigen Wunsche entsagend, litten, dul deten, aber - liebten uns! —" über sein Musikdrama „Tristan und Isolde" (1859), das ganz aus persönlichem Erleben her auswuchs, schrieb Wagner u. a.: „Mit ... Zu versicht versenkte ich mich ... in die Tiefen der inneren Seelenvorgänge und gestaltete . . . aus diesem intimsten Zentrum der Welt ihre äuße re Form. Aller Leben und Tod, die ganze Be deutung und Existenz der äußeren Welt hängt hier allein von der inneren Seelenbewegung ab." Wagners „Hypertrophie der Empfindsam keit", seine individualistisch-psychologische Tonsprache, die aufs feinste seeliche Emp5Ä| düngen und Regungen nachspürt, hat in dWP sem Werk unbestreitbar ihren Höhepunkt er reicht. „Innere Seelenbewegung", unstillbarer Liebessehnsucht verleiht auch das instrumentale Vorspiel zu „Tristan und Isolde" Ausdruck, das Wagner selbst folgendermaßen deutete: „Tristan führt als Brautwerber Isolde seinem König und Oheim zu. Beide lieben sich. Von der schüchternsten Klage des unstillbaren Verlangens, vom zartesten Erbeben bis zum furchtbarsten Ausbruch des Bekenntnisses hoff nungsloser Liebe durchschreitet die Empfindung alle Phasen des sieglosen Kampfes gegen die innere Glut, bis sie, ohnmächtig in sich zurück sinkend, wie im Tode zu verlöschen scheint. . Das flehend-drängende Sehnsuchtsmotiv, das vielfach abgewandelt wiederholt wird, steht am Beginn des Vorspiels. Seine Chromatik, seine „seufzerischen Vorhalte", seine mehrdeutige, zerfließende Harmonik bei wenig ausgeprägter Rhythmik ist typisch für den „Tristan"-Stil. Der im Jahre 1822 in Lüttich geborene Kompo nist Cesar Franck, Sohn eines walloni schen Vaters und einer deutschen Mutter, c^J langte früh in den Bannkreis von Paris. FriM zeitig mit Preisen für Klavier- und OrgelspieTI ausgezeichnet, blieb dem reifen Komponisten die gebührende Anerkennung versagt. Unter ärmlichen Verhältnissen lebte er als Musikleh rer und Organist in Paris, bis ihm 1872 eine Professur am Pariser Konservatorium angetra gen wurde. Erst etliche Jahre nach seinem Tod (1890) begannen sich seine Werke durchzuset- I zen. . Die verschiedensten Kulturkreise, die sich in I dem in Frankreich lebenden Wallonen Franck, I der für deutsche Musik eine große Neigung be- I saß, berühren, gelangen in seinen Kompositio- I nen zu einer interessanten Mischung. Dabei ist I