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15. Juli 1900. Feuerfeste Bauausführungen in Nordamerika. Stahl und Eisen. 74-3 der Last nachgegeben, so wird ein plötzliches Abkühlen wahrscheinlich den Bruch desselben verursachen. Genietete Säulen und Träger aus gewalztem Material werden in rothwarmem Zu stande eine Deformation erleiden infolge der un vermeidlichen inneren Spannungen, die sie durch die Bearbeitung erlitten haben. Vergröfsert werden diese Deformationen durch ungleichmäfsige Be lastung sowohl als durch Wasserkühlung. Beim Ausbruch eines Feuers in einem Ge bäude, dessen Eisenconstruction mangelhaft oder gar nicht geschützt ist, werden in der hohen Wärme die Träger und Säulen sich ausdehnen und eine Verschiebung des ganzen Gebäude rahmens verursachen, die den Zusammenbruch des Bauwerks zur Folge haben kann. Das äufsere Mauerwerk wird möglicherweise dem Drucke der Eisenconstruction nicht widerstehen können und Umfallen; in dem inneren Gebäude können die Träger durch das Abscheeren der Niete ihren Halt verlieren und zusammenbrechen. Eine gut ausgeführte feuerfeste Gonstruction soll auch allen schädlichen Einwirkungen vor beugen, die ein Rosten des Eisens zur Folge haben können. Jede Eisenconstruction unterliegt, wenn auch gewöhnlich nur in sehr geringem Grade, diesem schädlichen Einflufs. Im allgemeinen be stimmt das Verhältnifs der äufseren Fläche zum Querschnitt den Grad des Rostens. In dieser Hinsicht scheint für Säulen die gebräuchliche Form des Gufseisens der zusammengesetzten Form des Walzeisens mit den vielen genieteten An schlüssen und Consolen überlegen zu sein. Wegen der gröfseren Festigkeit und der Gleichmäfsigkeit des Gefüges des letzteren wird jedoch fast all gemein gewalztes Material vorgezogen, abgesehen davon, dafs constructive Gründe die Verwendung gufseiserner Säulen bei sehr hohen Gebäuden nur in wenigen Fällen zulassen. Um dem Ein flufs des Rostens eine möglichst geringe Fläche zu bieten, soll die Säule aus gewalztem Profil, möglichst gedrungen und mit starken Querschnitten ausgeführt und so aufgestellt werden, dafs ihre gröfste Ausdehnung rechtwinklig steht zu der Richtung, die am meisten äufseren Einflüssen ausgesetzt ist. Zweckmäfsig ist es ferner, den Säulen eine offene Form zu geben, damit alle Seiten für das Anbringen eines Schulzes gegen Rosien leicht zugänglich sind. Bei einer geschlossenen Form ist das Innere stets mit einem geeigneten Material auszufüllen, wenn auch das Trocknen desselben erhebliche Zeit beansprucht und das Eisen nicht günstig beeinflufst. Als erster Schulz gegen Rosten wird in der Regel der übliche Anstrich mit Leinöl und darauf folgendem Blei menniganstrich genommen. Nach der Aufstellung erhallen die Eisentheile einen zweiten Anstrich, der sehr zweckmäfsig mit Druckluft aufgetragen wird, welche ein besseres Eindringen und Haften der Farbe bis in die kleinsten Fugen ermöglicht. Welche Farbe sich am besten für den Anstrich eignet, ist auch in Amerika nicht erprobt worden; mannigfache Arten von Patentfarben u. s. w. kommen zur Anwendung. Eisentheile, die in Stein oder Beton eingebettet werden, erhalten sehr häufig gar keinen Oelanstrich, sondern werden nach vorausgegangener gründlicher mechanischer Reinigung von Rost und Schlacke mit einem Gementanstrich versehen oder auch ohne diesen direct mit Mörtel — be stehend aus 1 Theil Portlandcement und 2 bis 3 Theilen Sand — umhüllt. Da Gement und Eisen bei eintretender Temperaturänderung ungefähr die gleiche Ausdehnung erleiden, liegt kein Anlafs vor, dafs der Mörtel Risse bekommt oder sich loslöst. Der Gement schützt sogar Eisen, welches nicht sorgfältig vom Roste gereinigt ist oder einen Farbanstrich erhalten hat, vor weiterem Rosten, wie mannigfache Beispiele gezeigt haben. Beim Abbruch des alten Herald-Gebäudes in New York, das 30 Jahre gestanden hatte, waren alle Eisen theile, die in Cementmörtel lagen — auch die mit Oelfarbe gestrichenen — vollständig frei vom Rost. — Ein ähnliches Ein wirken wie der Gement auf Eisen zeigt auch der Mörtel aus Weifskalk, doch nur, solange derselbe trocken bleibt. Tritt Feuchtigkeit hinzu, wie z. B. bei den Fundirungen oder Frontmauern, so wird unfehlbar eine lang same Zerstörung des Eisens durch Rosten ein treten. Bei der Verankerung der alten Niagara- Brücke z. B. waren einige Litzen der Spannseile, die dem Wetter ausgesetzt in Kalkmörtel lagen, vollständig durch Rosten zerstört. Eine ähnliche Wirkung tritt ein, wenn zu dem direct aufge brachten Cementmörtel ein Zusatz von Asche ge nommen wird, oder poröse Thonziegel, aus denen die Asche nicht entfernt werden kann, direct gegen Eisen gelegt werden. Die laugenhaltige Asche und möglicherweise etwas zurückgebliebener Schwefel werden ein langsames Rosten des Eisens bewirken. Um hiergegen geschützt zu sein, mufs das Eisen zuerst eine trennende Schicht von reinem Gement oder Cementmörtel erhalten, bevor es mit porösen Steinen oder Asche-Cement in Berührung kommt. Reiner Gips oder auch seine verschiedenen Zusammensetzungen werden, in directe Berührung mit Eisen gebracht, ein Rosten desselben ver anlassen. Als hinreichender Schutz hiergegen wird ein mehrmaliger Anstrich der Eisentheile angesehen. Drahtnetze oder Rundeisen, die in einer Gipsdecke eingebettet werden sollen, müssen verzinkt werden. Andere Ursachen, die eine Verschlechterung des Eisenmaterials hervorrufen können, sind auf Constructions- oder Ausführungsfehler zurückzu führen. Werden z. B. die Stöfse oder Anschlüsse der Eisenconstruction nicht miteinander vernietet, sondern verschraubt, so wird bei dem Spielraum, den die Bolzen in gröfserem oder geringerem Mafse haben, sicher eine wenn auch kleine Be-