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an der Stelle, an welcher das Buschwerk den Knittel« Holzwäldchen an die Kuhndorser Straße heranretcht, von zwei Männern überfallen. Er erhielt zwei Stiche, einen in den Unterleib und einen in die Brust; darauf beraubten sie ihn seiner Baarschaft. Krämer hatte auf der Sparkasse 80 Mk. erhoben. Der Stich in den Unterleib soll gefährlich sein. Der Verwundete wurde um '/»9 Uhr von mehreren Rasberger Burschen, die nach Kühndorf gehen wollten, im Straßengraben liegend angetroffen; dieselben benachrichtigten seine Angehörigen, die den schwer verletzten Mann heimholten. Er hat angegeben, daß er etwa 100 Mk. bei sich gehabt have, die ihm sammt der Taschenuhr geraubt worden sind. Tagesgefchichte. Berlin. Nach Erklärungen des Ministers Thielen in der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses am 9. April treten die Staffeltarife für Getreide und Mühlenfabrikate am l. August außer Kraft. — Der Seniorenkonvent des Reichstages trat am 9. April Mittags zusammen, um sich über die in der Session noch zu erledigenden Angelegenheiten schlüssig zu machen. Wie verlautet, wird beabsichtigt, außer dem Börsensteuergesetze nur noch diejenigen Vorlagen vollständig zum Abschluß zu bringen, welche bereits die Kommission, bezw. die zweite Lesung pasfirt haben; dagegen namentlich in die Berathung des EeuchengesetzeS nicht mehr einzutrelen. Bon Initiativanträgen sollen noch solche erledigt werden, die bereits die zweite Lesung passirten. Der Schluß der Session ist für Mittwoch, den 18. April, in Aussicht genommen. — Der Reichstag hat in einer einzigen Sitzung, in derjenigen vom Sonnabend, die Novelle zum Stempel abgabengesetz in zweiter Lesung zur Erledigung ge bracht. Das war in Anbetracht des Umfanges wie des wichtigen Inhaltes dieser mehrtheiligen Vorlage eine regelrechte Durchpeitschung der ersten der schwe benden Eteuervorlagen, der Vorgang spricht unter allen Umständen nicht dafür, daß das Retchsparlament den verbündeten Regierungen in der steuerpolitischen Aktion doch noch besondere Avancen machen will. Der unfreundlichen Stimmung des Reichstages gegenüber den Steuergesetzentwürfen entspricht es auch weiter, daß die Novelle zum Stempelabgabengesetz durchweg nach den KomMissionsbeschlüssen — abgesehen von einigen unwesentlichen Abänderungen — erledigt wurde. Demnach find die erhöhte Besteuerung dec Börsen geschäfte und der Lotterien mit Einschluß der neuen Wettrennensteuer genehmigt, die Besteuerung der Quittungen, Checks und Frachtbriefe dagegen abgelehnt worden, ein Resultat, durch welches die parlamentarischen Chancen der Tabak- und der Weinsteuervorlage sicherlich keine Verbesserung erfahren haben. Ueberaus be schämend wirkt der Umstand, daß der Reichstag seine wichtigen Beschlüsse am Sonnabend, bei elendester Be setzung des Hauses faßte, zuerst sollen kaum 30 Ab geordnete anwesend gewesen sein, im Verlaufe der Sitzung wuchs dann diese Zahl auf 46 an, also 46 von den 397 parlamentarischen Vertretern des deutschen Volkes waren zugegen — das „läßt tief blicken!" — Der von dem Abg. Grasen Kanitz im Reichs tage eingebrachte Antrag aus Einführung eines Ge treide-Monopols lautet folgendermaßen: Der Reichstag wolle bescdl^ß.n: Den Herrn.Reichskanzler um Vorlegung eines Gesetzentwurfs zu ersuchen, wo nach 1. der Einkauf uud Verkauf des zum Verbrauch im Zollgebiet bestimmten ausländischen Getreides, mit Einschluß der Mühlenfabrikate, ausschließlich für Rech nung des Reichs erfolgt; 2. die Verkaufspreise im Mindestbetrage, wie folgt, festgesetzt werden: für Weizen auf 215 Mk. pro Tonne, <- Roggen - 165 - - - - Gerste - 155 - - - - Hafer - 155 - - - - Hülsenfrüchte - 185 - - - - Lupinen - 80 - - - - Malz - 175 - - - - Mais - 155 - - - - Mehl und Mühlenfabrikate: entsprechend dem für das Getreide festgesetzten Mindestpreise, nach dem gesetzlich fixirten Ausbeuteverhältniß. — Die alten Gegner der Subvention von Reichspostdampfern sind in ersichtlicher Verlegen heit, denn der Betriebsbericht der „Norddeutschen Lloyd" für 1893 läßt gar keinen Zweifel mehr übrig, daß mit dem vorigen Jahre die 7 mageren Jahre — eS find gerade 7 — ihr Ende erreicht haben. Wenn man alle Abschreibungen und den Betriebsgewinn gegen einander hält, bleibt für die suboentionirten Linien noch ein Fehlbetrag von rund 47 000 Mk. übrig. Im ersten der 7 Jahre standen 1,7» Mill. Mk. auf Vieser Seite der Passiven; im Jahre 1890 und 1891 sogar Mill. Mk. im Durchschnitt. Dieser Betriebs- Fehlbetrag ist nun auf eine Kleinigkeit heruntergebracht, di« in den Millionenrechnungen des „Lloyd" wahrlich — 2K4 — keine Rolle mehr spielt, zumal sich voraussehen läßt, daß fortan die Ueberschüffe sich einstellen werde«. — Das deutsche Reich hat, wie bekannt, vor einiger Zeit mit Oesterreich ein Abkommen getroffen, wonach letzteres einen Theil der im deutschen Besitz befind lichen österreichischen VereinSthaler übernimmt. Es sind bereits vor einiger Zeit zwei Drittel deS Be trages an Oesterreich geliefert worden, und am 2. April ist nunmehr der Restbetrag von der Reichsbank nach Wen abgegangen. ES ist damit der gesammte vereinbarte Betrag von 26»/» Millionen zur Ablieferung gelangt. Im Besitze der RetchSbank verbleiben jetzt noch 47—48 Millionen österreichische VereinSthaler, welche voraussichtlich später zur Umprägung in Scheidemünze Verwendung finden dürsten. — Wenn das Bekanntwerden des Planes, für 22 Millionen Mark neue Silberscheidemünzen auszuprägen, zu manchen Mißverständnissen Anlaß ge geben hat und wenn daraus an manchen Stellen Be unruhigung entstanden ist, so wird die fachliche und klare Darlegung der Gründe, welche für die ReichS- regierung bei der Einbringung des Antrages im Bundesrath maßgebend waren, durch den Herrn Reichs schatzsekretär zweifellos die wünschenswerthe Auf klärung und Beruhigung gebracht haben. Diese Dar legung läßt keinen Zweifel darüber, daß mit der ge planten Vermehrung der umlaufenden Scheidemünzen keinerlei Nebenzwecke, am wenigsten solche währungs politischer Natur verfolgt werden, sondern daß aus schließlich das thatsächliche Bedürfniß des Verkehrs für den Entschluß der Reichsregierung entscheidend war. Wenn das Bedürfniß des Verkehrs nach den Wahr nehmungen der Reichsbank und ihrer Filialen be- urthetlt ist, so kann es doch keinen sicheren Maßstab für die Bedürfnisse des Geldverkehrs geben, als die Erfahrung derjenigen Bank, welcher die Beobachtung und Regelung des Geldumlaufs zur Aufgabe gestellt ist. Unterliegt es jetzt daher keinem Zweifel mehr, daß die allmähliche Neuprägung von 22 Millionen Mark S'lberscheidemünzen durch die Bedürfnisse des Verkehrs geboten ist, so ist ein ganz ausreichender Grund für die Maßregel gegeben, und es fällt jeder Anlaß für die Annahme von Nebenrückstchten fort. Kommt noch die offene und loyale Art in Betracht, in welcher der Vertreter der Reichsregierung sich zu dem Ziele der Hebung des SilberwertheS mittelst der Silberenquete bekennt, so wird auch der an die Einbringung des in Rede stehenden Antrags im BundeSrathe geknüpften Unterstellung, als ob die Reichsregierung nicht ganz auf dem Boden der Namens der preußischen Regierung in beiden Häusern des Landtages betreffs der Silberenquete abgegebenen Erklärungen stehe, jede Stütze entzogen. Freilich war auch vorher nicht der mindeste thatsächliche Anhalt für eine solche Unterstellung vorhanden, aber es ist doch immer von Werth, wenn jede Quelle von Beunruhigung wirksam verstopft wird. Man wird in der Folge nicht mehr in der Lage sein, das Vertrauen zu der Währungspolitik deS Reiches zu erschüttern. Württemberg. Der „StaatSanz. für Württemberg" veröffentlicht den Entwurf deS Versassungsgesetzes, welches den Ständen vorgelegc ist. Das Gesetz be trifft Aenverungen in der Zusammensetzung der Stände versammlung. Die Kammer der Standesherren soll bestehen neben den Prinzen deS königlichen Hauses und den Standesherren aus höchstens zehn lebens länglich ernannten Mitgliedern, zwei vom Könige als evangelischem Landesbischof ernannten Vertretern der evangelischen Kirche, dem katholischen Landesbischof, den Vorständen der Centralstellen der Landwirlhschaft und der Gewerbe, je einem Vertreter der Städte Stuttgart, Ulm und Heilbronn. Letztere werden vom Könige aus je drei von den bürgerlichen Kollegien präsentirten Kandidaten berufen. Das Stimmrecht ist persönlich auszuüben, jedoch können die Standesherren in Krankheitsfällen ihren Sohn oder präsumtiven Nachfolger mit der Stellvertretung beauftragen. Die Zadl der Mitglieder der Ersten Kammer erhöht sich dadurch von 33 auf 45. Die Zweite Kammer soll bestehen aus acht (seither 13) Mitgliedern deS Ritter- schastsadels, aus vier, (seither 6) evangelischen Prälaten, einem Domkapitular, dem ältesten katholischen Dekan, dem Kanzler der Landesuniversität, einem gewählten Vertreter der technischen Hochschule, je drei Vertretern der landwirthschastlichen Gauverbände und Handels kammern, vier Abgeordneten der Stadt Stuttgart (seither 1) und je einem der Städte Tübingen, Ulm, Heilbronn, Reutlingen, Ellwangen und Ludwigsburg, endlich aus 63 Vertretern der Oberamtsbezirke, zu sammen aus 95 Mitgliedern gegen 93 seither. Die übrigen Bestimmungen betreffen den WahlmoduS. Stuttgart wird in vier räumlich begrenzte Wahlbezirke getheilt. Die Wahl der landwirthschastlichen und Handelsabgeordneten erfolgt durch Listenwahl. Gleich zeitig ist ein Gesetzentwurf eingebrachl worden, welcher diese Wahlen regelt. Oesterreich Ungar«. In Prag ist am Sonntag die Leichenfeier für vr. Schmeykal, den verewigten verdienstvollen Führer des deutsch-böhmischen Volkes und ausgezeichneten österreichischen Patrioten, begangen worden. Di« Feier verlief in großartiger Weise und ohne den geringsten peinlichen Zwischenfall. An ihr bethetltgten sich u. A. Ftnanzmtnister vr. v. Plener, der Statthalter und der Oberstlandmarschall von Böhmen, der Prager Bürgermeister, zahlreiche deutsche wie tschechische Abgeordnete, der Vorstand der deutschen Linken des AhgeordmtenhauseS und Abordnungen fast sämmtlicher deutschen Gemeinden und Vereine Böhmens. Alsdann erfolgte die Uebersührung der Leiche nach Böhmisch-Leipa behufs ihrer Beisetzung. Für die hohe Achtung, deren sich der Verstorbene auch unter seinen politischen und nationalen Gegnern, den Tschechen, er freute, legt die zahlreiche Betheiligung auS tschechischen Kreisen bei der Leichenfeier für vr. Schmeykal gewiß das schönste Zeugniß ab. — Nach Privatmeldungen aus Ungarn ruft die andauernde Dürre große Befürchtungen wegen der Saaten hervor. In Krain herrscht bereits ein der artiger Wassermangel, daß die Flüffe, sowie der Zirk- nitzersee fast ausgetrocknet sind und das zum Bahn betrieb erforderliche Wasser aus Laibach beschafft werden muß. Frankreich. DaS sechste französische Armeekorps, welches bekanntlich den vorgeschobensten Posten gegen Deutschland inne hat, und deshalb schon im Frieden um eine volle Division stärker ist als die übrigen Armeekorps, wird demnächst einen neuen Stärkezuwachs erhalten. Laut amtlicher Meldung ist die Verdoppelung der Artillerie deS sechsten Korps beschlossen worden und wird unverzüglich ins Werk gesetzt werden. Die Artillerie, welche bisher den Befehlen nur eines Brigadegenerals unterstand, wird künftig in zwei Brigadekommandos getheilt. Der Kommandeur der nördlichen Sektion erhält den Befehl über die Artillerie der 39. und 40. Division und der 4. Kavalleriedivision, sowie über die Artillerie der Festungen Verdun, Reims und Meziöres. Die Südsektion umfaßt die gesammte übrige Artillerie der einzelnen Truppentheile, sowie die Korpsartillerie. In französischen Armeekreisen hält man allgemein die Verdoppelung der Artillerie des sechsten Korps für den Vorläufer der Verdoppelung des ganzen Armeekorps als solchen. Diese eminente Verstärkung der französischen Aufstellung an der Grenze gegen Deutschland redet auch ohne Kommentar laut und deutlich aenua. Italien. Am 9. April, früh »/»8 Uhr, verließen Kaiser Wilhelm und König Humbert, begleitet von den Spitzen der Behörden, den königlichen Palast in Venedig und bestiegen, nachdem der Kaiser dem Bürger meister seinen Dank ausgesprochen, mit dem Herzog der Abruzzen unter begeisterten Zurufen einer großen Menschenmenge ein Boot des „Moltke", und fuhren unter den Salutschüssen der Artillerie und den Klängen der deutschen Nationalhymne an Bord des „Moltke". Dort verabschiedeten sich die Majestäten. Der Kaiier küßte den König Humbert mehrmals und drückte dem Herzog der Abruzzen und dem Minister Boselli herzlich die Hand. Kaiser Wilhelm bedankte sich auch für den Empfang seitens der Behörden und dec Bevölkerung. Um 9'/» Uhr dampfte der „Moltke", gefolgt von der Dacht „Christabel", in der Richtung auf Abbazia ab, wo die Ankunft Abends erfolgte. England. DaS Kabinet Rosebery hat sich in der ihm von fernem Vorgänger, dem Ministerium Glad stone, hinterlassenen Frage, ob England seinen Besitz deS zentralafrikanischen Königreiche- Uganda aufrecht erhalten oder auf denselben verzichten solle, in ersterem Sinne entschieden. Nur ist noch nicht bekannt, ob und in welchem Umfange die Verwaltung Ugandas von Zanzibar aus geschehen soll. Möglicher Weise setzt England an Ort und Stelle einen Gouverneur für Uganda ein. Rußland. Der Niedergang des russischen Adels in wirthschaftlicher Hinsicht und das Schwinden seiner Bedeutung als geschloffener Stand hat schon seit Jahren zu Erörterungen in der Presse geführt und die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich gelenkt. Der Nothschret nach billigerem Kredit zur Hebung deS adeligen Großgrundbesitzes führte die Errichtung der vom Staat unterhaltenen Adelsagrarbank herbei, von der aber nicht gesagt werden kann, daß sie sehr segens reich gewirkt habe, weil die gewährten Kredite vi lsach nicht der wirthschastlichen Erzeugung zugewandt, sondern vergeudet und verpraßt wurden. Wie traurig eS mit den finanziellen Verhältnissen de» grundbefitzenden russischen Adels bestellt ist, beweist am Besten der Um stand, daß die russisch« SdrlSagrarbank nicht weniger als 1765 Rittergüter wegen Nichtzahlung der Zinsen von ihren Hypotheken zum öffentlichen Verkauf gestellt hat; sie sotten bereit» im April und Mai unter den Hammer gelangen. Dies« alten adeligen Güter sind in 43 Gouvernements d«S europäischen Rußlands zer streut, wodR e» von besouderem Interesse ist, daß die bei Weitem überwiegende Zahl in den echt russischen