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„Wekßeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- lialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchmtz-Mnz Amtsblatt Inserate, welche bei d« bedeutende« Auflage des Blattes eine sehr wirk- same Verbreitung finden, »erden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile «der der«, Raum berechnet. — Ta bellarische und compkieirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theil«, die Spaltenzeil« A> Pfg. für die Königliche Wntshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Nr. 37. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Dienstag, den 27. März 1888. 54. Jahrgang. Mit Ende dieser Woche schließt bereits das erste Viertel des Jahres. Es war ein ereignißschweres, ein schmerzensreiches für das deutsche Volk. Es hat uns den Kaiser genommen, dessen Geburtsfest wir zu feiern gedachten; es hat uns den Kaiser gegeben, um dessen Gesundheit und Leben wir immer noch mit banger Sorge erfüllt sind. Wir haben in dem verflossenen Viertel des neuen Jahres uns um die Erhaltung des gefährdeten Weltfriedens schwer gesorgt, wir haben aber dann wieder mit Genugthuung empfunden, wie die gesicherte Machtstellung des Reiches die kampflustigen Nachbarn in Schranken gehalten, ja, wie dieselbe sie zu lebhaften Zusicherungen friedlicher Gesinnung veranlaßt hat; mit einem Worte: das erste Viertel des Jahres war ein mehr als sonst erregtes und zeigte so recht deutlich, wie das Menschen- und Völkerleben den Meeres wogen gleich schwankt, bald hoch aussteigt in stolzer Freude, bald tief sinkt in Kummer und Sorgen. Wer wäre nun so gleichgiltig, daß ihn diese wechselnden Ereignisse unberührt ließen; wer wäre nicht mit seinem Herzen dabei, wenn er hört von des Vaterlandes äußerer und innerer Entwickelung? Die Presse bietet sich dar als Vermittlerin der Interessen, die jeden Bürger des Staates mit dem politischen, wirthschaftlichen und geselligen Leben unseres Volkes verknüpfen, und je nachhaltiger sie darin unterstützt wird, umsomehr ist es ihr möglich, diesem allseitigen Interesse zu dienen. Wir sind uns bewußt, nach Möglichkeit unserer klar er kannten Aufgabe gerecht geworden zu sein und hoffen daher zuversichtlich auf immer regere Unterstützung seitens der Bevölkerung von Stadt und Land. Zunächst möchten wir um gefl. Erneuerung des Abonnements auf das kommende Quartal ersuchen, damit in dem Bezüge des Blattes keine, uns und den geehrten Abon nenten, unliebsame Verzögerung eintritt; dann aber möchten wir unsere bisherigen Gönner und Freunde auch um freundliche Empfehlung und Unterstützung durch Benachrichtigung von interessanten Vorkommnissen wieder holt ersuchen. Geäußerten Wünschen werden wir, wenn möglich, jederzeit gern zu entsprechen suchen. Die Redaktion der „Weißeritz-Ieitung". Frankrrich md Gemrü KMangkk. Wie bereits alle Welt weiß, hat General Boulauger, der famose „Zukunftsmann" Frankreichs, durch seinen geringen Respekt vor der militärischen Disziplin bei der französischen Regierung Aergerniß erregt. General Boulanger ist dadurch auf Beschluß des MinisterumS vor ein Kriegsgericht gestellt worden, welches voraus sichtlich den angeklagten General absetzen wird, und ohne Rücksicht auf den Parteilärm für und wider General Boulanger hat auch die französische Depu- tirtenkammer dem Verfahren des Ministeriums Tirard in der Boulanger-Affaire ein glänzendes Vertrauens votum ertheilt, 349 Deputirte billigten die Haltung der Negierung und nur 93 stimmten dagegen. Der Sieg der republikanischen Regierung über die Bou- langisten ist also ein vollkommener. Rechnet man dazu, daß selbst radikale Parteiführer, wie Floguet, Clemenceau u. s. w., die früher viel Sympathie für den General Boulanger zeigten, sich wegen seines gegen die Autorität der Negierung auflehnenden Ge bührens von ihm losgesagt haben, und daß demnach der General nur noch von den wüthendsten Radikalen, wie Rochefort, Laisant, Mayer u. s. w. und von den „unversöhnlichen Patrioten" Dvroulödc und Genoffen, die allesammt keinen bedeutenden politischen Einfluß haben, unterstützt wird, so kommt man zu dem Schluffe, daß General Boulanger ein politisch todter Mann oder, was in Frankreich fast noch schlimmer ist, eine komische Figur, ein „General ohne Soldaten", ein „Parteiführer ohne Anhänger" geworden zu sein scheint. In dieser Meinung wird man noch bestärkt, wenn man erfährt, daß General Boulangcr auch in der französischen Armee verspottet wird. Die Demonstra tionen innerhalb der französischen Armee gegen General Boulanger bestehen auch nicht nur in stillen Verwün schungen des Generals, sondern drängen sich zum Theil sogar in Aergerniß erregender Weise an die Oeffentlichkeit. So haben Zöglinge der Kavallerie- Schule zu Saumur, also junge Offiziere und Unter offiziere, als sie von der Absetzung des Generals Bou langer hörten, denselben in einer Strohpuppe nach gebildet und der Puppe einen riesigen Generalshut aus Blech, den man vom Schaufenster eines Hut machers herunternahm, aufgesetzt. Diesen Strohmann general trugen die Kadetten unter Absingen von Epottliedern auf Boulanger durch die Straßen der Stadt Saumur und erregten dadurch einen ungeheuren Skandal. Auch sand im Alcazar-Saale in Paris vor 1200 Theilnehmern eine von radikalen Deputieren einberufene Versammlung statt, in welcher die Roth- Wendigkeit der Absetzung des Generals Boulanger diskutirt und mit stürmischem Beifall gutgeheißen wurde. Sprechen nun aber auch alle diese Anzeichen dafür, daß Boulangers Stern im Erlöschen zu sein scheint, so wird man im Uebrigen doch gut thun, wenn man den ehrgeizigen und vielleicht vor Aerger tollkühn gewordenen General doch wohl nicht eher zu den po litisch Todten zählt, bis er auch vollständig abgethan ist. General Boulanger versteht es nämlich ganz aus gezeichnet, sich nach der Art der Napoleone etwas Theatralisches, Prophetisches zu geben, und da man in vielen französischen Kreisen auf einen „Retter aus der politischen Misere" wartet, so wird man immerhin noch abwarten müffen, was der abgesetzte General Boulanger thut. Jedenfalls kann er sich in die fran zösische Deputirtenkammer wählen lassen und sollte er in mehreren Wahlkreisen durchdringen, so wird die französische Republik vor ihm sehr auf der Hut sein müssen. In Frankreich ist nämlich politisch das an fänglich Unglaublichste möglich. Als Louis Napoleon seinen Straßburger Putsch machte und in den großen Kanonenstiefeln seines berühmten Oheims Napoleon I. seinen Siegeszug durch Frankreich arrangiren wollte, der bekanntlich schmählich verunglückte, spottete man in Frankreich auch über Louis Napoleon und nannte ihn einen Affen und Einfaltspinsel, der seinem großen Oheim nachahmen wollte. 1848 ließ sich Louis Na poleon aber in die französische Kammer wählen, be nutzte geschickt die Angst der gemäßigten Republikaner vor den „Rothen" und machte sich 1852 zum Kaiser der Franzosen. Diese Thatsache ist wohl eine ernste Lehre für die französischen Republikaner, aber auch ein nachhaltiger Ansporn für den ehrgeizigen General Boulanger. -Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 26. März. Die aus vorigen Freitag angesetzte Versammlung des Gewerbevereins, wo Herr Lehrer Krüger einen Vortrag zu halten freund lichst zugesagt hatte, mußte wegen allzu schwachen Be suchs ausfallen. Jedenfalls war das im Bahnhofs hotel stattfindende Fischessen Ursache dieser sehr ge ringen Theilnahme. Herr Lehrer Krüger hat übrigens versprochen, den betr. Vortrag nächstens halten zu wollen. — Gestern gelangten in hiesiger Stadtkirche 98 Kinder, 49 Knaben und 49 Mädchen zur Konfirmation, welche Herr Superintendent Opitz vollzog. 1 Mäd chen, durch Krankheit am Erscheinen gehindert, wird jedenfalls später nachkonfirmirt werden. — Der Betrag der Cigarrenabschnitte in unserer Stadt ist diesmal wieder von sehr erfreulichem Erfolge gewesen. Dankbar anzuerkennen ist dabei, daß eine unter den Herren Müllerschülern veranstaltete Kollekte von namhaftem Betrag diesem Fon'o freundlich zuge wiesen worden ist, wodurch es möglich wurde, diesmal 4 Konfirmanden (1 Mädchen, 3 Knaben) zu unter stützen. — Kleine Mühe — großer Lohn! Möchte der Eifer im Sammeln nicht erlahmen! — Am gestrigen Sonntage überbrachte man uns einen mobilen Schmetterling, der am selben Tage in hiesiger Stadt gefangen worden war. ' — Am Sonnabend Abend, den 24. d. M., ist im Mühlgraben der zu Hirschbach gehörigen sogenannten „Hirschbachmühle" der leblose Körper eines anscheinend 54 bis 56 Jahre alten Mannes aufgefunden worden. Die von Herrn moä. pruot. Biesold aus Reinhardts grimma angestellten Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Bei dem Unbekannten, über dessen Person nur soviel ermittelt werden konnte, daß derselbe aus Kreischa stammen soll, wurde, in der äußeren Rock tasche ein Strick, ein kleiner Schlüssel, ein Messer und eine leere Flasche vorgefunden und dürfte wohl anzu nehmen sein, daß derselbe freiwilligen Tod gesucht hat. — Der aus Ammelsdorf gebürtige, 20 Jahre alte Dienstknecht Bernhard Zimmermann begab sich am vergangenen Freitag mit dem Sohne seines Dienst herr», des Mühlenbesitzers Joh. Gottlieb Helmert in Hartmannsdorf, Namens Max Helmert, in Abtheilung 12 des Nassauer Forstreviers, um für die Schneide mühle seines Dienstherren Stämme zu holen. Beim Schleppen des ersten Stammes hat sich derselbe plötz lich gewendel und den genannten Zimmermann derart an das Bein geschlagen, daß dessen unterer Theil zwei mal gebrochen ist. Altenberg. Die Einweisung und Verpflichtung des neuen Bürgermeisters Berghändler wird am 31. März stattfinden. H Poffendorf. Am Sonnabend Vormittag fand die Entlassung von 38 Schülern (21 Knaben und 17 Mädchen) statt. Feierlicher Gesang und die von Herrn 6. Helm gehaltene Entlassungsrede gab diesem Schul akte eine erhöhet« Bedeutung. Sonntag Palmarum wurden von Herrn Diakonus Nadler 85 männliche und 84 weibliche Katechumenen konfirmirt. Im Vor jahre 1887 gelangten 75 männliche und 82 weibliche Katechumenen zur Konfirmanon. Der infolge des plötzlich eingetretenen Thauwetters sich auf allen Straßen zeigende Schmutz erschwerte den festlich gekleideten Kon firmanden, sowie auch den aus allen Orten unserer umfangreichen Parochie Herbeiströmenden, welche Zeuge des feierlichen Aktes im Gotteshause sein wollten, das Fortkommen in bedauerlicher Weise. Dresden. Dem Schluß des Landtags am heu tigen Dienstag geht früh V-9 Uhr ein Gottesdienst in der Sophienkirche voraus, bei dem Oberhofprediger geh. Kirchenrath Kohlschütter die Predigt halten wird. In Anbetracht der Hoftrauer wird der eigentliche Schluß nicht im Nesidenzschlosse, sondern im Landhaus erfolgen und zwar in der beim Schluß des vorigen außerordentlichen Landtags gehandhabten einfachen Weise. — Nach einer vom Staatsminister Herrn v. Nostitz- Wallwitz in der Sitzung der Zweiten Kammer am 19. März abgegebenen Erklärung hat die Staatsregierung, nachdem beide Kammern den desfallsigen Wunsch aus gesprochen haben, beschlossen, die Trichinenbeschau im ganzen Lande obligatorisch einzusühren. — Einer Verordnung des kgl. Ministeriums zu folge ist die Vorschrift, daß die Behörden alle Schrift stücke schwarz zu siegeln haben, aufgehoben worden. — König Albert wird sich noch vor dem Oster feste zu seiner in Riva weilenden Gemahlin begeben. Da das katarrhalische Leiden der Königin infolge des wenig günstigen Wetters nicht die gewünschte Heilung erfahren, wird dieselbe den Aufenthalt am Gardasee verlängern. — Vom kgl. Landgericht Dresden wurde am 23. D^ärz der 32 Jahr alte vormalige Revierförster