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Freitag. M 48. 24. Juni 1858. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Amts- und Anzeige-Watt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, /raucnlteiu und Altenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Weißerih-Ieitung PreiS pro Quartal 10 Rgr. Inserate die Spalten »Zeile 8Pfg. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 18. Juni. Heute hielt der Steinkohlenbauverein Golberode-Dippoldiswalde auf hiesigem Rathhause seine zweite Jahresversamm lung. Wenn es bei der vorigen Versammlung, unter Berücksichtigung der damaligen allgemeinen Geldkrists und bei dem verhältnißmäßig geringen Häuflein der sich Betheiligenden, immerhin kühn war, an ein solches Unternehmen zu gehen, so war es der diesmaligen Versammlung gewiß sehr erfreulich, zu vernehmen, daß die Zwischenzeit sehr wohl benutzt worden ist, um das Werk seinem Ziele entgegenzuführen. Die Herstellung der nöthigen Gebäude und Maschinen, das Niederbringen des Schachtes auf die Tiefe von über 280 Ellen sind Dinge, die in so kurzer Zeit kaum auf einem andern derartigen Werke auögesührt worden sein dürsten. Bei solchem Fortgang ist die Erreichung von Kohle, wenn anders das Werk vor Unglücksfällen, wie bisher, bewahrt bleibt, zwischen Neujahr und Ostern nächsten Jahres zu erwarten. Als Actionäre hatten sich eingefunden 82 Mann. Diese vertraten 512 Acticn mit 168 Stimmen. Die Mehrzahl der Ersteren lieferte Dippoldiswalde und Umgegend, demnächst die Umgegend von Gol berode, Dresden und Lommatzsch, während die in Meißen und Frohburg rc. befindlichen sich vertreten ließen. Die Verhandlungen währten, da das Abgcbcn der Stimmen bis gegen 11 Uhr dauerte, von da bis nach 2 Uhr. Die durch das Loos ausgeschiedenen Mitglieder des Verwaltungsrathes, Herr Gutsbesitzer Ernst Grahl in Golberode und Herr Pachter Kuntsch in Luchau, wurden, ersterer mit 152, letzterer mit 110 Stimmen, wiederum gewählt. Eine Frage von Wichtigkeit für die Zukunft des Werkes betraf den Ankauf der unter der benachbarten Babisnauer Flur muthmaßlich liegenden Kohle. Zwei Drittel der Stimmen waren dafür, daß es dem Direktorium und Verwaltungsrathe anheim gegeben werden solle, den schon eingeleitcten Kauf zum Abschluß zu bringen, oder abzubrechen. Endlich wurde beschlossen, daß etwa säumige Zahler für die Folge unnachflchtlich die betreffende Ordnungsstrafe zu erleiden haben sollen. Hoffen wir, und dies verdient schon, abgesehen von allen übrigen günstigen Umständen, die muthige Inangriffnahme und die unverdrossene Fortführung deS, verhältnißmäßig nicht geringen Unternehmens, daß die nächste Generalversammlung die Actionäre durch die Nachricht erfreuen werde, daß ein reiches Kohlenlager aufgesunden worden sei. — 23. Juni. Bekanntlich ist der Johannistag (24. Juni) inLeipzig dem Andenken der Verstorbenen geweiht und die ganze Stadt begeht diesen Tag festlich: Flaggen wehen von den Kirchthürmcn, von den öffent lichen Gebäuden und Privathäusern, und der Friedhof ist in einen Blumengarten umgewandelt, auf dem Tausende weilen, in stiller Erinnerung an. die Lieben, die hier im kühlen Schooß der Erde ruhen und in freudiger Hoffnung auf eine dereinstige Wiedervereini gung mit ihnen. Neuerdings sind viele Städte dem Beispiele Leipzigs gefolgt und begehen den Johannis tag in gleicher Weise. Auch hier ist es schon mehr mals angeregt worden, am Johannistag die Gräber unsrer Dahingeschiebenen mit Blumen zu schmücken. — Vom Centralvorstand der „Gustav - Adolph- Stiftung" zu Leipzig ist allen Hauptvereinen die Nach richt ertheilt worden, daß wegen der eingetretenen krie gerischen Ereignisse die diesjährige 17. Hauptversamm lung in Ulm nicht stattfinde, sondern auf das nächste Jahr zu vertagen sei. Jedoch hält der Centralvorstand beim Ausfall der Hauptversammlung die Abhaltung der einzelnen Orts- und Hauptversammlungen für um so nothwendiger. 536 Gemeinden haben sich diesmal bittend an den „Gustav-Adolph-Verein" gewendet. Berlin, 20. Juni. Heute Morgen stellten sich die hiesigen Landwehrpflichtigen auf ihren Sammelplätzen und empfingen dort die Uniformstücke. Ein besonderer Eisenbahnzug führt diese Mannschaften heute Nachmittag nach Spandau, wo sie bewaffnet werden. Schon morgen beginnen die Uebungen des 20. Landwehrregiments im Bataillonsverbande, und gegen das Ende des Monats rückt das Regiment an den Rhein. Wien. Der Allg. Ztg. schreibt man aus Italien: Noch vor der Absetzung des Grafen Gyulai hatte man sich darüber ausgesprochen, daß über seine Unfähigkeit zur Besehlshaberschast Niemand mehr im Zweifel sei. Die Oesterreicher eröffneten den Feldzug unter den günstigsten Chancen. Ihr Heer war kriegsgeübt, vom besten Geiste beseelt, voll Vertrauen in die eigene Kraft und zur Generalität, den» Namen wie Benedek, Zobel, Ramming, Urban rc. verbürgten den günstigsten Erfolg. Leider konnte man dem Chef kein gleiches Compliment machen: Feldzeugmeister Graf Gyulai ersetzte den Soldaten lange nicht ihren Vater Radetzky. Statt die Nothwendigkeit einer „rechten Hand" kluger weise selbst einzusehen und wenigstens seinem Generalstabe eine Mitsprache einzuräumen, schien er in sich einen