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--- -»>-> - -«. ... Muer Tageblatt Mnzeigrr für Sas Erzgebirge ^W mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Mer Sonntagsbla«. Apwchstmtt« »« «e-akNoa «NI Mwmchaw -«» Beaatag» aachaNttag» 4-S Uh». — I»l»gromm-ffSr»ss», Lagrbla« ftueerrgedtrg». ßvmfhwch« 5S. »>«» Iü» mrvrrüwgl «lugiscm-t» Maauskrtpt» kam, -ewäh» nicht geleiskt wer-««. MmusnipkuA »Äuqü»«-n! Nr. N2. Dienstag, 2S. Juli 1S14. S. Jahrgang. recht, bei der jetzigen, wenn auch noch so ernsthaften Krise, die Hoffnung aus den neuerlichen Sieg des kulturellen Ge- samttnteresses von Europa über den Widerstreit der Son» derintereffen einzelner Wichte von vornherein austzugeben? And Serbien hat wahrlich zu lange schon und «u kichn die schier endlose Geduld seines Nftchhsaps versuch^, als dah man sich nicht selbst in Petersburg die sachliche Begründet heit des österreichischen Vorgehens eingestehen müßte, zumal ja der IKstieg Leine Gebietserweiterung, keine Machtver schiebung, keine Störung de« europäischen Wieichgewichts bezweckt, sondern nur die Durchsetzung gewisser rechtlicher Garantien gegenüber politischen KamMnethoden, deren möglichste Verhinderung als ein heiliges gemeinsames In teresse der gesamten zivilisierten Menschheit gölten darf. angesichts der Unruhen im eigenen Lande, kann hier die Parteinahme Mr die serbischen Attentäter durchaus keine Selbstverständlichkeit sein. iSist rocht aber in London ist Vie Neigung gering, in einen Weltkrieg verwickelt zu wer den, bloß weil die Königsmörder in Belgrad es nicht ver tragen konnten, die Fäden ausdocken zu lassen, die das Attentat von Serajewo mit ihren politischen Kreisen ver banden. Solang« die Balkonwirren nun schon dauern, Hat Europa fortschreitend schwer« Belastungsproben seines Friedenswillen» glücklich bestanden. Der TripoliSkrieg, den Türkenkrieg, der bulgarisch-serbische Krieg, die albanische Not: immer dichter rückten die Jnterresiengegensätze den Großmächten auf den Leib. Sie sind ihrer alle mit be sonnener Vernunft Herr geworden, Wäre es da nicht um- leiileitr tm läimn-zelttii knuMIe. (von unserem über di« Grenze entsandten Berichterstatter.) (Nachdruck «xrLotvu) Nichts Besser, weih ich mir an Sonn- und Feiertagen, al» ein Gespräch von-Krieg und Krieg«goschrei ... Ach nein: diese behäbige Spietzbüvgerduselei >— man verzeihe den etwa» harten Ausdruck — gehört einer vergange nen Zeit an. Diner Zeit, zu der man es noch nicht gelernt hatte, Kulturwerte «inzuschätzen und sich kultureller Er rungenschaften zu erfreuen. Selbst auf die Gefahr hin, zu den Goethe-Ketzern gerechnet zu werden, muh da» gesagt sein. Denn es gibt ja nicht wenige, die da .meinen, dah man an einem Doethe-Wort nicht rütteln soll. Wer aber wollte Diese Nummer umfaßt 8 Sette«. Das Wichtigste vom Tage. Der Kaiser traf tttt Hokug« in Wildpark ein, wurde von der Kaiserin, dem Reichskanzler von Betymann Hollweg, dem Handel-Minister Ghdow und Admiral von Pohl empfan gen und begab sich muh dem Neuen Palais. * Die Einnahmen der ReichSpost- und ReichSet- senbahnverwaltung sind hinter den etat mäßigen Erwartungen zurückgeblieben. * Die Reichsbank ist durch Wechseleinreichun- gen stark in Anspruch genommen; zu einer Erhöhung des Diskonts besteht aber kein -lxl-t. Die Donauvrstcke bet Belgrad Ist von den Serben gesprengt worden. * England scheint eine Bermittlung-aktton zu planen. Die.englisch« Regierung ist sticht ge neigt, für Serbien einzutreten und will Oester, reich in allem freie Hand hassen, wenn es kein« territorialen Eroberungen an. strebt.*) * Präsident Poineare hat seinen Besuch in Ko- penhagen abgesagt und wird sich direkt nach Frankreich -urückbegeben. n nähere» steh« an anderer Stelle. HW* Mutmaßlich« Witterung am 2S. Juli: Westwind«, wolkig, kühl, zeitweis« Niederschlag. -WL Die Schicksalsstunäe Europas. Das überaus scharfe und kurzbefristete Ultimatum Oesterreich» ließ gleich bei seinem Bekanntworden den Ernst der Situation erkennen und mit der Annahme der öster reichischen Forderungen durch Serbien hat wohl kaum «in ernsthafter Politiker gerechnet. Trotzdem war es ein über aus eindrucksvoller Moment, als nach Ablauf der Frist in den Abendstunden des Samstags da« zu Erwartende wirk lich Ereignis wurde: die ungenügende Antwort Serbiens bedeutete den Kriegsausbruch. Lange schon sind wir jetzt an das KrtegSrollen ach dem Balkan gewöhnt. Jahre, lang sahen wir da» unheimliche Wetterleuchten dort bald näher, bald ferner. Oft genug zuckte die schicksalsschwere Frage durch die Herzen Europas: Wird das Ungewitter, das dort im äußersten Süden sich entlädt, Über die Berge zu uns hevübersteigen «der nicht? Nun -um ersten Mal greift eine der europäischen Großmächte selbst mit kriegerisch bewaffneter Hand in das Ehaos dort ein. Wird es ihr gelingen, nun endlich einmal dort Ruhe und Ordnung zu schaffen und den gehörigen Md>ökt vor Europa» Friedens willen und Kulturgesetzen? Over wird durch diesen Ein griff den Mächten des Unheil» nun auch der Weg in da» Herz Europas, in Kon Mittelpunkt der Weltkultur gezeigt werden? Kein Zweifel: ernst ist diese Stunde! Doll schwerster weltgeschichtlicher Entscheidungen! Eben deshalb aber for dert sie nicht etwa nur Mut, nicht nur Entschlossenheit für den schlimmsten Fall, sondern noch viel mehr Selbst Le- herrschung und Besonnenheit, damit nicht vor der Zeit Wege verschüttet und Möglichkeiten verkannt wer. den die immer noch, auch jetzt noch ^m Guten zu führen vermöchten. Es gift auf diese alle Augen, die Augen von ganz Europa mit Nachdruck hinzulenken, damit geschehe, was gesthohen kann! Damit das KuWl-vgswissen der Mensch heit, und vor allem unser eigenes, deutsche» Kultur-gewissen rein bleibe von Schuld! Damit wir, selbst und gerade wenn es Mm unerwünschten Ausgang kommen sollte, da» Ge- richt der Welt, und Kulturgeschichte nicht zu scheuen brauchen. Schon Men kriqgerischbqgeisterle Kundgebungen stattge- funden. Bor allem al» Zeugnis unsere» Verständnisses für das schwergeprüfte Oesterreich, als Zeugnis unsere» Ab- scheu» vor dem unbelehrbaren Trotz de» serbischen Volkes haben ihre innere Berechtigung. Aber über die praktischen Konsequenzen der österreich-serbischen Auseinandersetzung haben nicht diese Stimmungen zu entscheiden. Da kommt es vielmehr auf die nüchterne männliche Erwägung an. Und ihr zum Siege zu vechelfen, kann jeder Mitwirken l Au» ftmter einzelnen Stimmen fetzt sich schließlich die voklsstimmung zusammen. Und was die Regierungen Mn, ist zu einem großen Teil von dem abhängig, was die Boll». Meinung ihnen an moralischen Kräften Mr den «inen Her den anderen Zweck Mr Verfügung stellt. In Frankreich ist eine vlindwllte Nervosität -um Durchbruch gekommen. Aber schon in Rußland rechnet man gründlicher. Denn in unseren heutigen Zeitläuften dafür Gewähr bieten, daß ein Krieg nicht mit einem Schlage alle» Schöne und Er habene vernichten würde, das in Jahrzehnten menschlicher Herrengeist epsann, geniale Schöpferkraft gebar? Selbst wenn hinten weit in der Türkei die Völker aufeinandqr- schlagen — das Echo wird doch auch im Abendlands wach und überhaupt überall da, wo Kultutstaaten strebsamen Na tionen Heimatsrecht gewähren; selbst nicht die Quadern der Berge, nicht die Tiefen des Ozeans vermögen dieses Echo zu dämpfen und zu mildem; «in roh, gewalt sam Handwerk war zu allen Zeiten der Krieg mit seinen Begleiterscheinungen nicht nur für jene, die hinausztehen auf das Feld der Ehre, sondern für alle, die tm Bannkreise der kriegführenden Parteien lebens UM wie viel mehr erst muß da» der Fall sein, wenn einer der hochent wickeltsten Staaten seine Söhne zur Jahn« ruft, wenn unser verbündetes Nachbar- und Freundes-Kaiserreich, wenn Oesto- -reich-Ungarn zum Schwert greift! Und das, um sich eines Feindes zu erwehren, den wir keineswegs als vollwertig im Rate der Völker anerkennen könneu, weil er selbst v— und sogar mit seiner allerjüngsten Vergangenheit erst — sich das Recht verscherzt hat, die Achtung untadelhafter Makellosig keit zu verlangen. Einem zündenden Funken gleich wirkt« es auf das Emp finden aller Reichsdeutschen, als am letzten Sonnabend die Nachricht kam, daß Serbien in eiteler Selbstüberhebung sich weigere, die wahlberechtigten Forderungen Oesterreich» zu erfüllen. Und aller herzlichste Teilnahme wandte sich dem greisen Herrscher zu, dem es nicht erspart sein sollte, nach ft vielen herben Schicksalsschlägen, die er in einem tatenroichen Leben zu erdulden hatte, sein Bolk an der Schwelle feine- Laben» noch zu den Waffen rufen zu müssen. Ganz bchom- der» stark ausgeprägt ist dies« Anteilnahme in unserem Erz gebirge, durch dessen Mitte sich die schwarz. gelben Grenz pfähle hinztehen. Mel hört man ja bei uns auch von dem Stande der Dinge da drüben, doch möchte man mehr, am liebsten alles wissen, was nicht gerade zu den Staatsgeheimnissen gehört. In dessen dringen doch nur verhältnismäßig wenige Nachrich ten über die Grenze, und deshalb entsandte, um die Wiß- begierde seiner Loser zu stillen, das Auer Tageblatt am Montag einen seiner Mitarbeiter in da» Nachbarland, um an Ort und Stelle die Stimmung kennen zu lernen. Gleich im voraus soll es gesagt sein: die Ausbeute -mar herzl'ch gering, Oesterreich rüstet ganz im stillen, um seine Absichten nicht dem Verrat preiszugebon . . . Aber schon bevor das reichsdeutsche Gebiet verlassen -wurde, offenbarte sich ein schöne» Bild der deutsch-österreichischen Einigkeit und Brü derlichkeit. In einem kleinen deutschen Grenzstädtchen war'«, da, durch seinen Fahnenschmuck auffiel. Erkundigte sich der Fremdling noch dessen Ursachen, so konnte er Höven: Eigent lich haben wir heute Schützenfest, aber dann war doch auch die Einberufung! Und er konnte folgendes erfahren: Etwa 80 in dem Grenzorte wohnhaft gewesene Oesterretcher hat ten Gestellungsorder erhalten. Gestern mutzten sie in die Heimat. Nicht einfach über die Grenze, wie ft ost in frohen Stunden, sondern mit der Eisenbahn zur großen Garnison. Da gab die Schützengild«, die gerade ihr Vogelschießen feierte, den Scheidenden das Ehrengeleite. Unter dem klingenden Spiel der Schützen kapelle ging'» durch die St oßen der Stadt zum Bahnhöfe, und al» dann der Zug langsam, feierlich die Station ver ließ. klang'» den Bundesgenossen wehmütig. traurig noch: Muß i denn, mutz i denn zum Städtlein hinaus ... > Doch nun nach Oesterreich! Am Zollhaus vorbei führt uns das Auto in» Böhmerland hinein. Noch merkte man nicht, daß man in einem Staat« mar, der sein Heer auf den Krieg ausrüstet. Freundlich wie immer, genügen di« Zollbeamten ihrer Pflicht und dann geht'» vorwärts, durch die Felder hin, auf denen der Sandmann emsig tätig ist, um gut« Ernte halten zu können. Ob's weniger Hände sind, al» sonst, die fleißig M hier rühren? Sicherlich denn wer jung und gesund ist, rüsttg und im Besitze seiner geistigen und körperlichen Kräfte, der hat ja den bürgerlichen Arbeit» rock mtt dem Waffenkleide des Kriegers zu vertauschest! vier rädrige Karren bringen den Segen der Obsternte zu Markt«, derbe, dralle Bäuerinnen begleiten ihn und führen mit kun diger Hand den Klepper tm Zügel. Noch ficht «der merkt man nicht» davon, dah das Land mobilisiert Mrd. Sofort aber ändert sich das Bild, al« die ersten Häuser des nächsten Städtchens hinter uns liegen. Bon den Ecken leuchten gelb« Maueranfchlago, au» den Schaufenstern winken diese grell farbigen Zettel: Die Mobtktsierungskuudgebung. Se. apostolische Majestät (heißt es darin) hat beschlossen, die halbe Armee zu mobilisieren. Das gibt das Bezirkskom- mando bekannt und dann wird auseinandergesetzt, wer alles sich zum Waffendienst zu melden hat und wo. Auch au» den Anschlägen der Litfaßsäulen und -Tafeln heben sich diese ovangogelben Druckstücke hervor — daneben macht sich die geschmacklose Reklame eines geschmacklosen und wohl wenig vaterländisch gesinnten Geschäftsmannes breit: Große weiße Plakate tragen in mächtigen Lettern die lleberschrift: Auf ruf! Und darunter folgt eine Anpreisung des betreffenden Geschäfts. Wahrlich: zu solchen Kinkerlitzchen fällte der Ernst der Zeit nicht mißbraucht werden! Je mehr wir uns dem Zentrum des Städtchens nähern, um so mehr Monschengruppen begegnen wir. Auf- und ab- schreitend oder auch stehend plaudern sie, mit lebhaften Gesten, interessierten Gesichtern. Wir können ihr Gespräch nicht vernehmen, aber hundert gegen eins möchten wir setzen: Sie erörtern die Aussichten eines Krieges, sprechen von denen, die ihre Familie, iHv Bekanntenkreis für das Heer hingeben mußten, werfen mit banger Miene di« Frage auf: Wird es denn wirklich -um Kriege kommen, oder wird sich das Aeuherste noch vermeiden lassen? . . . Auf dem Marktplatz, vor der Bezirkshauptmannschaft, ander ein Zettel anschlag mitteilt, welche Armeen bis ausf weiteres von der Mobilisierung bettoffen morden sind, konzentriert sich Has Leben. Hier steht eine Gruppe debattierender Menschen neben der andern. Biele, sehr viele Frauen und Mädchen sind dabei. Und junge kräftige Burschen mtt dem blau grauen Käppi keck in die Haare gedrückt. Sonst tragen sie noch Ztvilkleider. Mer nicht mehr lange wird Has so sein, nur noch Stunden. Es sind Reservisten, noch uneingekleidet vorläufig, die zum Zeichen ihrer kriegerischen Würde wenig stens die militärische Kopfbedeckung angelegt haben. Mel, sehr viel Menschen stehen beisammen, aber kein Lachen er tönt, kein lustiges Geplauder- wie es das weibliche Geschlecht doch sonst so gern hat ernste Gesichter, ernste Reden. Die Hoffnung auf Erhaltung -des Friedens scheint im Volke nur sehr knapp zu sein. Und wenn man schon einmal einen hoffnungvfrohen Don anschlagen hört, dann gilt er dem patriotischen Verhalten der Kroaten in den südöstlichen Ländern. Darin erblickt man einen Beweis dafür, daß die positiven Erfolge der mit so großem Astfiwand betriebenen großserbischen und panslavistischen Agitation nur sehr ge ring sind. Desto mehr freut man sich und daraus schöpft man wirklich ein Quentchen ehrlicher Hoffnung. Auch Extrablätter gibt'», Stück um Stück vier Heller. Et wa, post kestum erscheinen sie dem reich-deutschen Jour nalisten; das sind sie aber auch. We-Halb, davon wird päter noch die Rede sein. Ring» um den Marktplatz zieht sich «sin stattlicher Kranz von Gastwirtschaften. Mr betteten eine von ihnen: kein besonderes Leben, kein begeisterter Gesang patriotischer Sie- der, wie wir «» eigentlich erwartet hätten. Stilles Unter halten und Politisieren. Nur einer scheint au» dem allge meinen Nahmen etwas hervorzutreten: Mit der Gebärd«