Volltext Seite (XML)
— 67 — nischen Völkerschaften ohne Ausnahme Schuld giebt, rein sind. Man kann sogar die Arrawoukes nicht ohne Unbilligkeit in einem solchen Verdachte haben, da sie weit ent fernt sind von thierischer Wildheit, noch entfernter aber von einer entarteten Civilisation, und also nicht verderbt genug um „dem eckelhaftesten aller Laster ergeben“ zu seyn. Der gröfste Fehler der Arrawoukes scheint eine unmäfsige Liebe zu starken Ge tränken, obgleich sie gewöhnlich Wasser, und nur bei öffentlichen Festen etwas Berau schendes trinken. Wenn sie aber nach Paramaribo kommen, nehmen sie für den gröfsten Theil der Sachen, die sie zum Verkaufe bringen, Rum an, mit dem sie sich so lange gütlich thun, bis sie völlig betrunken sind. Doch selbst dann sind einige unter ih nen ganz nüchtern, und nehmen ihre berauschten Brüder in ihre Obhut; so dafs es scheint, dafs einige nie diese Ausschweifung begehen, oder dafs sie sich abwechselnd betrinken. Ungeachtet dieser Neigung zum Trünke, W'elche die Arrawoukes mit allen anderen indianischen Völkern gemein haben, fällt die Vergleichung mit diesen sehr zu ihrem Vor theile aus, da sie mehr Anlage haben: es wäre zu wünschen, dafs man sich mehr Mühe gäbe sie zu bilden. Die mährischen Brüder haben seit Kurzem diefs gute Werk unter nommen; da ich aber noch in keine Gegend der Colonie gekommen bin, wo diese Mis sionarien arbeiten, so kann ich Ihnen keine Nachricht über den Erfolg geben. Ich hoffe sie indefs so bald als möglich zu besuchen. Manche Einwohner in dieser Colonie meinen, die Indianer zeigten im Ganzen nicht Geist und Anlage genug, um eine gegründete Hoffnung ihrer Verbesserung zu gewähren; aber die Weltgeschichte ist voll von hinlänglichen Beweisen, dafs die Ausbildung des Geistes langsam und stufenweise begonnen habe. Um riur von Europa zu sprechen: wie lange waren die Griechen und Römer cultivirt, ehe die anderen Völker sich über einen Zustand erhoben, der sehr wenig besser war als der Zustand der jetzigen Indianer in Amerika! die Indianer zeigen bei ihren Jagden viel Anstelligkeit, und sie haben den Euro päern, die sich ihrer gegen die Buschneger bedienten, Erstaunen erregende Beweise von Verschlagenheit gegeben; ihre Fähigkeit zu künstlichen Arbeiten sieht man aus manchem nützlichen Stücke, das sie ohne metallene Werkzeuge verfertigen. Die Weiber zeigen eben so viel Geschiklichkeit, Fleifs und Scharfsinn bei der Verfertigung ihrer baumwollenen Hängematten. Sie nehmen jeden Faden auf, wie diefs beim Stopfen geschehen mufs, und die von ihnen verfertigte Hängmatten sind wirklich schön. Es fehlt diesem Volke also nicht an Fähigkeit, sondern blos an einem Lehrer, der nicht nur ein richtiges Ur- theil über die Gegenstände, welche für die Indianern am nützlichsten zu lernen sind, son-