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— 107 — Die holländischen Gesetze, welche Surinam bei der ersten Einrichtung der Colonie erhielt, und nach welchen ein Neger, von dem Augenblicke an wo er das Christenthum annimmt, frei wird, haben ohne Zweifel dem Eifer ihrer Herren für ihre Bekehrung einen mächtigen Zaum angelegt. Man sollte aber bedenken, dafs die christliche Religion kei- nesweges gewaltsam in die bürgerlichen Rechte einwirkt, sondern dafs sie, ohne die Lage oder den Stand ihrer Bekenner zu verändern, den Herren Menschlichkeit, den Dienern Gehorsam, und beiden gegenseitige Liebe anempfiehlt. Mit der Zeit aber, wenn die Menschen die göttliche Natur des Christenthums begriffen und ihren wohlthätigen Ein- flufs erfahren haben, werden sie allmälich reif zu einer sittlichen Verfeinerung, welche den Machthabern eine mildere Gesetzgebung, und den Beherrschten Mäfsigung und Ergebung genug einflölst, um diese Gesetze nicht zu mifsbrauchen. Dafs es den Negern nicht an Geist und Anlagen fehlt, haben häufige Beispiele ge zeigt; dafs aber die Stufe ihrer Bildung sehr niedrig und fast unmerklich' ist, zeigt der gegenwärtige Zustand der ganzen Negerküste in Afrika unwidersprechlich. Wenn man daher auch gröfsere Sorgfalt und bessere Mittel zur Belehrung der Schwarzen in den westindischen Colonien anwendete, so hat mau doch Ursache zu glauben, dafs ihre Fort schritte nicht so rasch seyn würden, um sie bald fähig zu machen ganz dieselben Rechte zu geniefsen, welche der Landmann in den gebildeten Staaten von Europa besitzt. Ihnen solche Vorrechte einzuräumen bevor sie sich selbst zu beherrschen verstehen, ist folglich eine grofsmüthigere als weise Maafsregel, wie die Erfahrung gezeigt hat. Wenn wir nun finden, dafs in vielen Pflanzungen von Surinam es durchaus un möglich ist, die nöthige Menge von Arbeitern durch die Vermehrung der Creolen-Neger zu erhalten, weil daselbst die beiden Geschlechter in zu ungleichem Verhältnisse vorhan den sind; und dafs selbst in anderen Colonien, welche in dieser Rücksicht besser verse hen sind, und wo die Bevölkerung der Schwarzen alle gehörige Aufmunterung geniefst, sie sich nur sparsam vermehrt r so ist es natürlich anzunehmen, dafs viele Pflanzer, wenn ihr Einkommen durch den Tod ihrer Neger abnimmt und sie nicht im Stande sind die selben zu ersetzen, den Uebriggebliebenen auch noch die Arbeit der Gestorbenen auf bürden werden. Andere hingegen, welche dieses grausame Verfahren nicht nachahmen, werden den Verlust noch früher an ihren täglich mehr vernachlässigten Feldern spüren. Und zwar wird dicfs gerade die bestgesinnten Eigensthümer treffen. Viele von ihnen haben wegen Unglücksfällcn ihr Vaterland verlassen, und seit ihrer Niederlassung in der Colonie allen Fleifs auf den Ackerbau, als ein von der Regierung sanctionirtes Geschäft,