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— io6 — Wenn jemand eine Pflanzung in Surinam anlegt, so reinigt er zuerst den Boden» durch das Umhauen der grofsen Bäume, welche dann zu Brettern zersägt werden. Zu dieser kostspieligen Arbeit mufs er eine Anzahl tüchtiger Holzschneider zusammenbringen; hiezu kann er keine Weiber gebrauchen, die erst :dann nothwendig werden, wenn das Land völlig zum Anbau vorbereitet ist. Ich kenne Bauholzpflanzungen, auf denen mehr als vierzig Neger sind, und nur drei Negerinnen. Wenn daher die Pflanzer keinen neuen Zuwachs aus Afrika erhalten können, so müssen sie aufhören noch mehr Land urbar zu machen, da es ihnen hiebei nicht möglich ist, auf die Vermehrung der Negerkinder zu sehen. In einem meiner vorigen Briefe *) bemerkte ich, dafs viele Pflanzer die Creolen- Neger den afrikanischen vorziehen, weil sie mehr an ihren Herren hängen und durch frühere Uebung und Anschauung das Verfahren beim Landbau besser kennen lernen. Darum geben die Eigenthümer, den Negern welche Kinder haben, Belohnungen zur Er munterung. Doch haben sie bis jetzt noch nicht die Freude; die Geburten in dem Ver hältnisse vervielfältigt zu sehen, wie man es von der Menge der Neger erwarten könnte. Die Einwohner von Surinam schreiben die sparsame Vermehrung der Neger in den Colonien ihrer Neigung zu Ausschweifungen, und dem daraus entstehenden Gebrauche der Vielweiberei zu. Viele Europäer werden glauben, dafs dieses Verderbnifs aus dem Drückenden ihrer Lage herrührt, und dafs die Last Kinder unter diesen Umständen zu ernähren, ihnen Abneigung vor einer gesetzmäfsigen Ehe einflöfst. Dagegen sollte man aber bedenken, dafs, nach den Erzählungen der Reisenden in verschiedenen Theilen von Afrika, dieselbe Sittenverderbtheit unter den Negerstämmen in ihrem Vaterlande herrscht; woraus man denn natürlich schließen kann , dafs sie in Afrika in einer eben so harten Sklaverei leben als in den Colonien, oder dafs sie von Natur zu dieser Lebensart ge neigt sind. Alle, welche Gelegenheit gehabt, Beobachtungen über den Charakter und die Auffüh rung der Neger anzustellen, kommen darin überein, dafs sie meistens eine grofse Lebhaf tigkeit besitzen, welche in Verbindung mit bedeutender Leibesstärke, sie oft zu den hef tigsten Ausbrüchen treibt, da sie durch keine Gewalt der Bildung oder religiöser Mei nungen zurückgehalten werden. ') Zehnter Brief.