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ßk. >ss dl Auer Tageblatt »mb «uzngers für da» Erzgebirge. Eonuebend, den 6. L«h««b« 1918 -e » u Man Part»«« «. wollte mir diesmal Z«it lasten zu prüfen, ehe ich «i nen ent- scheidenden Schritt tat. Die Erinnerung an das Kisten ' war noch allzu frisch in meiner Seele. Aber wie ich auch spähte und forschte, ich fand nicht», da» meinen Glauben an Helene hätte erschüttern können. Und so stand es denn end lich in mir fest, dah der Abend meine» abermaligen Geburts tages der Abend unsere« Verlöbnisse» sein sollt«. Mit den beiden Ringen in der Tasche machte ich mich auf den Weg zu der wackeren Registratorckwitwe, bei der Helene wohnte, und die mich freundlich aufgefordert hatte, den Abend mit ihr und ihrem jungen Schützling zu verbringen. Nehmen Sie die kleine Gabe gütig auf, mein Freund, sagte Helene, ich habe diel«, viele Nächte daran gestickt und erst gestern bin ich damit fertig geworden. Jeder Stich aber war ein freundlicher Gedanke. Natürlich war es mein Kisten, das sie mir überreichte. Und merkwürdigerweise enepfand ich die» anscheinend Wunderbare kaum noch al» eine Ueber- raschung. Ich drehte da» llnglücksding schweigend um und tippte mit der Fingerspitze auf den "wohlbekannten Flecken. Da lächelte Fräulein Helene unschuldig, und ohne alle Ver legenheit sagte sie: Ja — ich mutz damit der Lampe zu nahe gekommen sein, als mir bei der Arbeit die Augen vor Mü digkeit zckfallen wollten. Aber sehen Sie nur genau«'» hin, mein Freund — er sieht aus wie ein Herz. Ist da» nicht ein merkwürdiger Zufall? Sehr merkwürdig, erwiderte ich, nur für mich nicht gerade mehr neu. Denn diesen herzför- migen Flecken hatte das Kisten schon, al» ich es vor drei Jah ren kaufte, also lange vor der Zeit, wo Eie e» von dem Ba ron Bostewitz zum Geschenk erhielten. Fräulein Helen« hatte einen kleinen Weinkrampf, dessen Ende ich nicht mehr ab- gewartet hab«. Da» Kisten aber nahm ich mit und schleu dert« r» auf drm Heimwege von d«r »rück« in d«n Flutz. Wrnn ich nun künftighin mutt«rse«l«nall«tn in meinen vier Wänden sitz«, w«rds ich wenigst««» sicher sein, dah keine schön« Hand es mir -um dritten Mal verehren wird. aff» Im Reichstag, und macht« den anwesen« n persönlich Mitteilung von der getrof« l. Er unterhielt stch u. a. mit dem Volk», und dem Z«ntrvmsführ«r Spahn. verwegenen Hoffnungen Flügel lieh. Unglücklicherweise mutzte ich gleich darauf zur Kräftigung meiner etwas an gegriffenen Gesundheit verreisen, und al» ich nach sechs Wochen zurltckkehrte, galt «iner meiner ersten Besuche dem Baron Dostewitz, von dem ich wusste, datz er ebenfalls zu Frau Gertie» Bekannten gehört hatte. Denn ich brannte vor Verlangen, zu erfahren, wie sie während meine» Fern seins von mir gesprochen hatte. Aber ich sah mich nach meinem Eintreten in das Rauchzimmer de» Baron» veran lasst, auf diese Frage zu verzichten. Mein erster Blick war nämlich auf ein farbenprangende», mollig schwellende» Kis sen gefallen, da» zwischen einem halben Dutze.w anderer auf dem Diwan de» Baron» herumlag. Statt von Frau Gertie zu sprechen, fragte ich nur: Was für ein reizende» «Kisten Sie da haben — gewiss ein Geschenk von schöner Hand? Ja, lachte er, aber nur noch «ine süsse Erinnerung. Denn ich habe schon seit vierzehn Tagen mit der Spenderin gebrochen, lleb- rlgen» Nvarte ich nur auf eine Gelegenheit, um das Ding auf gute Art wieder los zu werden. Gs ist ja von erschüt ternder Geschmacklosigkeit. Aber irgend «ine Freundin kann man schließlich immer noch damit erfreuen. Also wieder ein in nicht» zerflossener Hoffnungstraum I Ich legt«, bildlich gesprochen, Frau Gertie zu den Uebrigen und tat einen Schwi r. mich ni« mehr durch Schönheit, Klugheit und Li«, benswkrdigkelt blenden zu lasten. Nur noch die unschuldig rein« Seele, Lauterkeit und Wahrhaftigkeit sollt«« mir fort an ein Weib begehrenswert machen. Monate vergingen, ohne datz ich einer Verkörperung meine» neu«n Ideal» begegnet wär«. Dann aber trat sie eine» Tage» ganz unerwartet in mein Leben. Gin Platzregen, von dem ste schirmlo» über rascht worden war, hatte unsere Bekanntschaft vermittelt. Sie war ein einfache» Schreibmaschinensräulein und nur mässig hübsch. Aber ste war die Unerfahrenheit und Unschuld in Person, den Jahren nach schon «in gereifte» Mädchen, ab«r «in Kind an Reinheit und Aufrichtigkeit. Wir traten in «in freundschaftliche» verhältnt», da» durch gegenseitig« Achtung vor jeder unlauteren Beimischung bewahrt blieb. Denn ich Von Staät unä Lanä. * Gedenkt»«« amü.Dezember: 1884Adolfo. Lützow. FMfcharenWhrer, f Berlin. — Am 7. Dezember: 18SS Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahn (Nürnberg— Vrth). sozialen Partei anzuschlietzsn, -«endet« er seinen Vortrag. In ein« Aussprache wurde nicht «ingetreten, weil stch nie mand zu Wort« meldet». «r EparßekdeeansgaDlunt- Morgen, am Sonntag«, »erden die Sparverein» in unserer Stadt, und zwar der Zeller Sparverein über 48000 K und der Neue Sparverein für Aue und Umg. über S3000 Spargelder zur Auszahlung bringen. Seit seinem elfjährigen Bestehen hat der Neue Sparverein bereit» über ein« Million Mark Spargelder «»»gezahlt, er zählt gegenwärtig 1800 Mitglieder. * Apologetische» Bsetvag in deer Methiodistionlapekke. wir machen hiermit auf «inen Vortrag aufmerksam, den Herr Prediger Ke IP au» Dresden, «in beliebter Volk». redner, über da» Themar Warum kann der modern ge bildete Mensch nicht mehr an Gott glauben? heute abend in der Methodistenkapell«, Bi-marcksttatze 12, halten ivtrd. Ein Gang dahin wird sich sicher lohnen. Monatsversaimnlung de» Allgemeinen Turnverein» (D. T.). Gestern abend nach der Turnstunde hielt der AN. gemeine Turnverein (D. T.) in seinem Vereinslokale, dem Bürgergarten, eine Monatsversammlung ab. Nach Bekannt gabe der in der letzten Turnratssttzung aufgenommenen Mit. glieder beschloß man, Montag den 8. Januar 1014 im Saale des Bürgergartens das übliche Weihnachtsvergnügen abzu- halten. Sodann nahm man von einer Einladung der Riege Frisch°auf zu einem am 28. Dezember stattfindenden Weih« nachisvergnügen Kenntnis. Aus der Mitte der Versamm- lung wurde der Wunsch laut, datz stch alle Wintersport treibenden Mitglieder zusammenschlietzen möchten, um «ven- tuell eine Skiabteilungdes Vereins zu gründen. Wei- ter wurden noch einige Eingänge und Mitteilungen den Anwesenden zur Kenntnis gegeben. " Etm leichter Automobilunfall — leicht insofern, als Personen dabet glücklicherweise nicht verletzt worden sind — trug sich heut« mittag gegen 12 Uhr vor dem Bechergute zu. Ein mit zwei Personen besetzte» Auto wollte dort einem Geschirr ausweichcn. Vermutlich infolge der Glätte kam es dabei aus der Fahrtrichtung und fuhr gegen eine Mauer und darauf in den Graben. E» wurde dabei beschädigt. Lössnitz, 6. Dezember. L Pfrdfinderbewegung. Au» allen Schichten der hie sigen Einwohnerschaft haben stch junge Leute zu einer Pfad- findergruppe Lößnitz zusammengefunden. Q Eeflügelausstellung. Der hiesige Geflügetzüchterver- ein veranstaltet kommenden Sonntag und Montag im Reichshof seine 43. Geflügelausstellung. Da der Katalog rund 280 Ausstellungsnummern aufweist, dürft« stch ein Be such der Ausstellung für jedermann lohnen. Zschorlau, 8. Dezember. «W- verfocht, Brandstiftung. Am Donnerstag gegen Mitternacht geriet ein auf dem Hofe des Herrn Gutsbesitzer» H. Georgi aufgeschichteter Kartosfelkrauthausen auf noch unaufgeklärte Weise in Brand. Einig« Gäste, die sich noch in dem gegenüberliegenden Gasthof zum Lamm aufhielten, bemerkten das Feuer und unterdrückten es. Wär« der Brandherd nicht sofort entdeckt worden, so hätte bet dem herrschenden Winde ein größeres .Schadenfeuer entstehen können. Es ist dies im Lause dieser Woche schon der - wei 1 e Fall von versuchter Brandstiftung. Hoffentlich gelingt es recht bald, den oder die Täter zu ermitteln, damit ihnen das Handwerk gelegt werden kann. Bockau, 6. Dezember. ID Sparverein. Der hiestge Sparverein, dem nunmehr Über 300 Mitglieder angehören, erfreut stch stetiger guter Entwicklung. Am morgigen Sonntag von mittag 12 Uhr an werden im Gasthof zur Linde die im abgelaufenen Ge schäftsjahre «ingesammelten Sparbeträge in Höhe von nahezu 13 VOV Mark ausgezahlt, gegen 1000 Mark sind be- reit» im Laufe des Jahre» zurückgezahlt worden. Lutter, 8. Dezember. Im letzten Vortragsabend in der Schule sprach Herr Reichert über seine Erinnerungen an Konstantinopel. Im Anschluss daran rezitierte Herr Lehrer Sachse das Schillersche Gedicht: die Kraniche de» Jbikus. Im zweiten Teil boten Herr Lehrer Schramm und da» Quartett Weih nachtslieder. Den nächsten Vortrag hält Herr Förster Wer ner über Naturschutz. Bet der Viehzählung wurden hier 118 Pferd«, 387 Rinder, 188 Schweine, 2 Schafe und 88 Ziegen festgestellt. Die Zahl der Pferde hat gegen da» Vorjahr um 8, di« der Rinder um S abgenommrn, dagegen die Zahl der Schwein« um 20, die der Ziegen um 2 zugenommen. Schwarzenberg. 8. Dezember. » Beurlaubung. Herr Bezirk«rzt Dr. Tietz« in Schwarzenberg ist vom 21. Dezember 1918 bi» zum 7. Ja nuar 1914 beurlau-t. Mit seiner Stellvertretung ist der Bezirksarzt Herr Dr. K lotz in Zwickau beauftragt worden. Letzte Telegramme unä Hernsprechmeläungen. Die Nachrichten »»« Zaj-een. * Berlin, 8. Dezember. Ueber di» gestrig« Unter handlungen de» Unterstaatssekretär» wah «schaffe mit verschiedecken Führern de« bürgerlWtn Partiten und der Rechten (Stehe auch Hauptblatt. D. R.) verlauten folgend« Einzrlhri enr An diesen Unterredungen erzählt der Unter- staatosekretä«, dass der Reichskanzler,an beiden Lagen der Interpellation wegen der Vorgänge tn Aabern stark indispo niert gewesen sei. Auf diese» schlechte körperliche Befinden de» Kanzler» sei «» auch zurückzuführen gewesen, dass er nur andeutungsweise von solchen Dingen gesprochen hat, dke er sonst deutliche« gesagt haben Mrd«. S» habe er ,.». unter- lasten mitzuteilen, dass berät:» awr rtwa acht Lagen der Kaiser zwei Schreiben an den Reichrkrnzler und an den General ».Deimling gerichtet Hach», kn denen beiden tibrretnstiimmend der Monarch sich iiuhrvte, dass di« M t l t - tärbehördenfich durchau» ImRahmenderSejetz« zu halten und im Kontakt ntitden AivilbehSrden Han- deln müssen. An dem Schreiben an General Deimling sei diesem lausdrvcklich befohlen worden, chnen General von kon- zijliantem wrsen zu, Untersuchung nach Aabern zu schicken, dessen Aqsgab« e» sei, die Verbindung «mit der bürgerllchrn Gewalt wieder herzustellei»- Der Unt«rstsaast»s«kretär Wahn schaffe teilte mit, dass binnen kurzem «ine offiziöse Ver öffentlichung folgen werde, die distse Angaben bestätigen wird. Er stellt« gleichzeitig in Aussicht, datz Oberst R « « t. ter und Leutnant Aorstner bckld erfahren würden, ob sie nur v«rfetzt oder den schwächten Abschied ««halten «erden. * Zaber«, 6. Dezember. Der Ausmairsch de» 99. Inf,anteri e-Regiment»««,Zabern wird heute früh 7 Uhr erfolgen, und zwar Mrd da» 1. Bat aillon nach Bitsch und da» L. Bataillon nach Hagenau kommen, während da» bfi^er in Pfalzburg dWoAert« 8. Bataillon de» Regiment» dort verbleibt. Verurteilung zwei« Giftmörder. * Strassburg, 8. Dezember. Da» Schwurgericht de» Unterelsatz verurteilte gestern abend kurz nach 10 Uhr nach dreitägiger Verhandlung die Ehefrau Wendel und ihren Liebhaber-Wirt- au» Hagenau wegen Gift- morde», begangen an dem Ehemann der Wendel, zum Tode und lOjährtger Zuchthausstrafe. Die Angeklagten nahmen da» Urteil ruhig auf. Renbbldung de» Kabinett« durch Dupui. * Pari», ».Dezember. PoissreavS empfing gestern Dupui zu längerer Konferenz. Dupuf Versprach dem Prä sidenten jedoch nur bi» heche Mittag sich brfilnitkv zu entschei. den, ob er bi« Neubildung de» Kabissett» annehmeu wird oder nicht. Albanisch« Grenzfestlegung. * Rom, 8. Dezember. S» idftätijzt stch, datz Italien und Oesterreich die englischen Vorschläge übe, di« alba nisch, Grenzfestlegung angenommen hab« unter de, vorauasetzung, dah Griechenland di- von ihm zu räumenden Distrikt« noch vor dem 81. Dezember frei gibt./ Äirchennachrichlen. Bockau. Vormittag» um 9 Uhr: Predigtgottesdienst (Röm. 18, 4—13). Nachmittag» um 1 Uhr: Kindergottes dienst. Um 2 Uhr: Trauungen. Um 3 Uhr: Kirchentaufen. Um 8 Uhr: Männerver«in. — Donnerstag, abends um 8 Uhr: Dritter Adventsgottesdienst. Lauter. Vormittag» um W Uhr Deichte und Feier de« heiligen Abendmahls: Pfarrer Dr. Kretzschmar. Um 9 Uhr: Hauptgottesdienst mit Predigt über Röm. 15, 4—13: Pfar- Aue, 6. Dezember. »U durch «N K-rr,ip°»d«uu^ch«n NnnNIch pW, tß - «ich i« «»N»«, — »ur »U Qurllnt-nz-b« « Zwischen Totenfest und Weihnachten die Pier Adventsonntage I Voller Nachklang der Trauer und volle Vorahnung von Licht und Freud« I Wie «ine Stufenleiter führen sie empor aus der Tiefe des Schmerzes zu einer Höhe de» Glückltchseins. Ein Gemisch von Stimmungen, wie da» Wetter draussen: Bald stürmt es, bald leuchtet freundlicher Sonnenschein und dann flockt still und langsam schon der erste Schnee dazwischen. Vorgefühl des Winters! Wie die ersten weissen Haar« ernste Boten des Altern». Aber auch durch den grauen Kopf gehen Sonnenstrahlen: jreundltche Er innerungen an selige Kinderlust. Gerade jetzt zu Weih nachten. Lachen in Wehmut getaucht, wie Wolken von der Sonn« vergoldet. So gehen die Adventsonnrage vom Toten fest zum heiligen Abend. Von einem Gipfel des Menschen leben» zum andern. Denn da» sind unsere Lebrnsgipfel, die Tage de» großen Erleben», sei es in Leid, sei es in Freud: di« Tage, tn denen unser Innerste» aufgerührt wird, unser Heiligste» zu tönen wagt. Und Zwischen diesen Gipfeln liegen die Tage der Wanderung, voller Nachklänge und voller Vorahnungen, voller Hoffnungen und voller wehmüti ger Erinnerungen. Wandern wir nicht zu schnell! Denn diese Wanderung ist unser Leben. Der rechte Wanderer wandert nicht nur, um irgend ein Ziel zu erreichen. Ihm ist die Wanderung selbst schon wichtig. Gewiß auch da» jeder Höhepunkt, di« Rast! Aber auch schon die Wanderung selbst, ihre Rückblicke, ihre Vorblicke. Hasten wir nicht nur von Gipfel zu Gipfel. Unser Leben ist zu kurz und zu schade dazu. Lasten wir dieser Zwischenzeit zwischen den großen Tagen ihren eigenen Wert, diesen Adventsonntazen zwischen dem Totenfest und dem heiligen Abend, zwischen dem Tage der Gräber und dem Tage des Ktnderjubels. Schließlich, was ist auch iZtel in unserem Leben? Alle» ist Ziel und Alles ist doch auch wieder Anfang. Und wir wünschen uns weiter und wir müssen weiter, bi»? — Ja, bis zu einem letzten Totenfest! — Und dann zu einem letzten Weihnachten? Die Weisen schweigen. Aber in der Tiefe des Gemüt» leuchtet «» wie ein rätselvolle» Licht au» weiter, weiter Ewigkeit. And e» ist uns, al» müßte «» «ine Brücke und ein Wandern geben auch zu diesem Lichte hin. Zwischen Totenfest und Weihnachten. » * D-eukschsoBater Vortrag. Im Auftrage de» Landes- verbände» Königreich Sachsen d«r Deutschsozialen Partei hatte deren Sekretär, Herr Rieschke aus Leipzig, für gestern abend eine Versammlung nach dem Saale de» Hotel» Blauer Engel einberufen, die ziemlich gut besucht war. Herr Rieschke eröffnete die Versammlung, begrüßte di« Erschiene- nen und hielt sodann einen Vortrag tn der Dauer von 1U Stunden über di« Warenhäuser. Eingangs seiner Aus- führungen wandte er stch scharf gegen die seit 1869 bestehende Gewerbefretheit und im weiteren Verlaufe seiner Darlegun gen entrollte er das bekannte deutschsoziale Programm gegen die Warenhäuser und gegen das Großkapital. Seine Worte gipfelten, nachdem er dafür eingetreten war, Weihnacht», einkäufe nur in christlichen Geschäften zu decken, in den bekannten deutschsozialen Forderungen seit nunmehr 20 Jah ren: Einführung einer Warenhausumsatzsteuer von 10 Pro- zent an gestaffelt, Erlaß baupolizeilicher Vorschriften zur Erschwerung de» Baue» von Warenhäusern, Beschränkung der Gewerbefreiheit und Einführung des allgemeinen Be fähigungsnachweise». Außerdem empfahl er Selbsthilfe der verschiedensten Art. Mit der Aufforderung, sich där Deutsch schrill« TLne. in denen sie heroorstioß: Wart, du Lausbub^ ich will dich lehr«n, hinter dem Rücken «ine» Gastes Gri massen zu schneiden! Wie hätte ich dagestanden, wenn es ihm gerad« in dem Augenblick eingefallen wäre, sich umzu- drehen? Ein seltsame», klatschendes Geräusch folgte tn zwei maliger rascher Wiederholung, dann heulte ein« Knaben stimme: Aber man mutz doch lachen, wenn man Tuch so schwindeln hört. Al» wenn ich nicht recht gut wüßte, das! du da» dämlich« Kissen nicht von deinem Taschengeld gekauft -ast. Mama hat «» doch auf dem Fest de» Vereins Caritas in der Tombola gewonnen. Der Verein Caritas — das war derselbe, »u dessen Vorstandsdamen meine gute Tante Lud- Milla gehörte. Halte den Mund, du unverschämter Bengel! hörte ich es noch hinter mir von holden Schwesternlippen er klingen: dann war ich wieder im Salon. Mit dem heuch lerischen Anschein erneuter Bewunderung nahm ich mein Kissen noch einmal in die Hand, aber nur, um es umzuwen- den. Und richtig, da war der kleine herzförmige Flecken, der mir vor einem Jahre fünfzehn Mark erspart hatte. Muß ich htnzufügen, dah ich mich weder an diesem noch an einem späteren Abend erklärte? Fräulein Hermine bedeutete eben nur noch eine weiter« Nummer in der langen Liste meiner Enttäuschung»; und eine gnädige Fügung verhalf mir dazu, den Kummer schn«ll«r zu überwinden, al» e» in manchem früheren Fall geschehen war. Denn kurz darauf machte ich die Bekanntschaft der «nt- zückendsten jungen Witwe, die jemals da» Herz eines zu reiferen Jahren gelangten Junggesellen in Flammen gesetzt hat. Nach vierzehn Lagen brannte ich lichterloh, und Frau Gertie» Verhalten liess mich mit einig«! Sicherheit anneh. men, dass meine Gefühle nicht unerwidert blieben. Im Mär- batte st« Geburtstag, und al» «» sich darum handelte, ein passende» Geschenk für st« zu wählen, erinnerte ich mich de« ominösen Kissen», da» ich bi» dahin sorgfältig tn einer Kommodenfchubl«« »«rwahrt hatte. Mit einem prächtigen Rosenstrauss sandte ich e» meiner heiss verrhrten Herzen», dam« zu. und ihr Dank war von «iner Wärme, die meinen I