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— ———— 1SVS Beilage zum Auer Tageblatt. 28 Dezember 298 IM eii» Oe- ir«e. Ilssg 7>«an pnui. so uerel- t rum ertsl. sssior- Seine ernste Spff. killet, erl. npfehle !OPfg. übcheo, ffiibc- chirneo stink kröne», raubt» ue. ti ckas clsrnuk Vie Menschen verratenKhre Absichten nie leichte nnd stäcki-r, als weim sie sie verfehlen. Bekanntlich ist Frau v. Schönebeck in Anschluß an den Allen- stetner Mordprozeh längere Zeit wegen ihres Geisteszustandes interniert gew.sen. * TL. Pu.rnukratin» ist auch in Bainrn an der Herrschaft. Ein Herr er dielt eine Geldanweisung zugestellt, die auf dir Summ« von vier deutschen Retchspfennigen lautete. Sic war von der K. B. Steuer- und Gemeindeeinnehmerei in Ensheim (Pfalz), wo der beglückte Empfänger früher seinen Wohnsiq hatte, als Steuerrückvergütung überwiesen worden. D« ab r der Geldbriefträger 5 Pf. Bestellgeld zu erhalten hatte, so muhte der neue Neuwieder nack einen Pfennig herou «zah len und auch der i«.arische Staat hat Kosten Dafür ist n..n aber auch alles in schönster bureaukrattfcher Ordnung. " Eia pidantischer Selbstmörder. In Ragyszehen (Her manndors) beging der 24jährige Prtvatbeamte Rudolf K. ptzius einen Selbstmord mit peinlichster Genauigkeit und Pedanterie. Er band sich «inen Sack voll schwerer Steine auf den Rücken, trank Gift, schoh sich eine Kugel in den Mund und sprang gleich daraus von de, Brück« in den Flug. Trotzdem wurde er lebend aus dem Wasser geigen, und erst päih ^stünbige» Leiden fand er de« gesuchten Tbd. . * Der Pein.) al» BarietHitnger. Der vor einigen Jahren wiederholt genannte Prinz Robert von B'roglie, der vor einigen Jahren die Gattin eine» reichen Nordamerikaners aus Paris entführte, sich sodann mit ihr vermählte, mit ibr Amerika durchzog, um st« später in Paris wieder zu verlassen und sich von ihr scheiden zu lassen, ist neuerdings in einem Singspieltheater in Nizza als Variet^sänger entdeckt worden. Er tritt unter dem Namen Stellio gemeinsam mit einer Sängerin auf, die den schönen Namen Melodia führt. Es heiht, dah der Prinz sich mit der Melodia heimlich vermählt habe. Das wäre nun schon die dritte Heirat dieses kaum 27 jährigen Prinzen. * Geheimer Veterinärrat — «in preußischer Geheimrat mehr! Es ist da» Stecken unserer Zeit, so schreibt di« N. G. C.. her Tierheilkundige einen ebenbürtigen Rang und Platz unter den übrigen Wissenschaften einzuräumen. Hiermit hängt die bevor stehende Einführung eines Titels zusammen, durch den die schon rocht stattliche Zahl der preußischen Geheimratstitel um einen neuen vermehrt werden wird. Königliche Tierärzte, die auf eine langjährige und verdienstvolle Tätigkeit zurückfchen können, sol len zu deren Anerkennung, den Charakter als Geheime Veterinär räte erhalten. — Die Auszeichnung ist denen, welchen sie zuge dacht wird, gewiß von Herzen zu gönnen — aber es wäre ganz intrestant, einmal eine kleine Statistik über sämtliche Geheimrats titel zusammenzustellen, die im Deutschen Reiche unserer Tage dem strebsamen Staatsbürger winken. Die Liste würde nicht kurz werden! * Eine schön- Wrihnachtsfitte herrscht im alten Soest, dessen Petrikirche Westfalens ältestes christliches Gotteshaus ist. Am heiligen Abend wird dort nämlich auf dem Rundgano des Petrikirchturmes seit alter Zeit das Christkind in den Schlaf ge-j wiegt. Die Feier beginnt, wie Niedersachsen erzühlt, um sieben Uhr. Ein Knabnschar singt nach schönr alter Weise in alle vier Winde das Gloria und fügt jedesmal einige Weihnachtslieder hinzu. Dabei heben und senken die Singknaben im Liedtakt far bige Lämpchen. Auf dem Kirchplatze aber und in den angren zenden Straßen gehen die Soester auf und ab und lauschen den feierlichen Klängen, die aus der nachtdunklen Höhe herunter dringen. Die Sitte stammt noch aus katholischer Zeit, aber sie wird heute gleicherweise geübt, wo die Petrikirche lange evan gelisch geworden ist. S:lbftmord einer italienischrn Gräfin. Aus Rom wird tele graphiert: In ihrer Villa in der Via Nommendana beging vor gestern die schöne Gräfin ElenoreMazzerella Selbstmord, deren Name in den letzten Jahren wiederholt in aller Munde war. Die von ihrem Gatten getrennt lebende schöne Sizilianerin hatte ein Liebesverhältnis mit d«m berühmten Opernsänger Schiavazza, einem verheiraeten Manne. Mit diesem durchzog die Gräfin bis vor wenigen Monaten Italien. Vor einiger Zeit verliebt- sich der junge Tenor in eine Soubrette. Da er nicht wieder von dieser lassen wollte, griff die Gräfin zum Revolver. Sie hinterlaßt drei Töchter, die ebenso schön find wie sie. * Gebildet« Di-be. In der oberitaltcnischen Stadt Larpe- sino raubten Diebe die Villa des Industriellen Cattaneo aus Mai land aus. Sie trugen aus der Küche dap Silbergeschirr, aus dem Salon alle Wertgegenstände fort, nur einen großen Glas schrank mit wertvollen Altertümern und Mineralien ließen sic unberührt. An die Glastür klebten sie einen Zettel mit der In schrift an: Unberührt aus Achtung vor der Wissenschaft! gemietet. Gestern zog dessen Onkel nebst Diener zu ihm. Mitternacht erfolgte in oer Wohnung eine furchtbare plosion. Alle Räume und die Ncbenwohnuog wurden stört. Die Polizei emdeckie die schrecklich verstümmelte des Onkels und fand den schwerverwundeten Diener, kreffensky wurde auf der Straße arretiert. Er versucht« auf seine Verfolger zu schießen, der Revolver konnte ihm aber entrissen werden. Woskressensky wurde der politischen Polizei vorgeführt. Der Getütete ist der bOjährige Chef der Peters burger politischen Polizei, Oberst Karpow. Diesen Posten bekleidete er erst seit einem Jahre. * Die verhaftete« Modehändlerinnen. Aus Neuyork meldet ein Telegramm: Die amerikanischen Bundesbehörden haben IS Ndodehändlerinnen wegen Einschmuggelung von zoll pflichtigen Waren verhaftet. Die den Fiskus entzogenen Sum men betragen 20 Millionen Mark. Die Waren wurden zum größten Teil auf den Dampfern der Red Star- und der American Linie befördert. - Große» Juwelendiebstahl in Neuyork. Aus Neuyork wird gemeldet: Der Gattin des Bankiers William Jenkins stick» aus ihrer in der Fünften Avenue Lelegenen Wohnung Juwelen im Betrage von 1200Ü0VMark gestohlen worden. Als Frau Jenkins heimkehrte, fand sie alle Schrankfächer und Kästen er brochen. Ihr gesamter Schmuck war verschwunden. * Nachklänge zum Kwilecki-Prozeß. Aus Posen wird gemel det, Graf Mieczislaus Kwilecki fühlte sich schon, ehe er dem Prozesse der Frau Meyer als Nebenkläger beitrat, veranlaßt, die Mittel zu einer gutenErziehungdes Knaben zur Ver fügung zu stellen. Er verpflichtete sich, bis zu dessen vollendetem 18. Lebensjahre eine Jahresrente von 1500 Mark zu zahlen und bis zum vollendeten 25. Lebensjahre eine Rente von 1800 Mark. * D«r Zar auf Posten. Vom Zaren, der kürzlich in der Uni form eines einfachen Soldaten unerkannt spazieren ging, um dop Soldatenleben Lesser kennen zu lernen, wird aus Livadta eine neue Geschichte berichtet, die ihn in einer ähnlichen Rolle zeigt. Der Zar ging in Begleitung eines Adjutanten in den Gärten umher, als er plötzlich einen Posten bemerkte, der einen Blutsturz hatte. Der Mann versuchte vergebens, den ober sten Kriegsherrn zu grüßen. Sofort sandte der Zar seinen Ad jutanten zu dem Soldaten, er solle seinen Posten verlassen und sich zu einem Arzt begeben; aber der Mann weigerte sich und erklärte, er wäre durch seinen Eid gebunden, eher zu sterben als seinen Posten zu verlassen, bevor die -Ablösung käme. Da trat Neues aus aller Wett. Zum Lod« de» Großfürsten Michael Nikolajewitsch von Rußland. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlicht eine kaiser liche Kabinetbsorder, die aus Anlaß des Ablebens des Groß fürsten Michael Nikolajewitsch von Rußland bestimmt, daß die Offiziere des Husarenregiments von Schill (1. Schles.) Nr. 4, dessen Chef der Verstorbene war, und das 1. Gardefeldartilleri:- »egiment, ü. la suite dessen der Großfürst stand, auf 8 Tage Trauer anlegen. Außerdem haben Abordnungen der bei- htzen Regimenter, bestehend je aus dem Regimentskommandeur, i Rittmeister Eezw. Hauptmann, 1 Oberleutnant, 1 Leutnant ünd 1 Wachtmeister an den Beisetzungsfeierlichkeiten teilzuneh men. - Wiederverheiratung der Frau Schönebeck. Die Gattin des Majors von Schönebeck, der, wie erinnerlich, von dem in zwischen durch Selbstmord geendeten Hauptmann von Göben erschossen wurde, soll die Absicht haben, sich im Januar mit eit nein Berliner Schriftsteller wieder zu verheiraten. Aber er wehrte jetzt entschieden, fast zürnend ab. „Rein. Da gibt » nichts mehr zu überlegen. Je eher, desto besser! Wer wagt, gewinnt. In ein paar Tagen bin ich wie der zurück, und dann sind Not und Sorge für immer vorbei. Es bleibt dabet: morgen reise ich." Sie wagte keine» Widerspruch mehr und ging seufzend daran, seinen Koffer zu packen. Bäla aber lieh sein Reitpferd satteln und ritt noch einmal auf die Felder und Wiesen hinaus. Schwere Seufzer entrangen sich seiner Brust, während er sein Vorhaben bedachte. Würde es ihm gelingen? Würde es zum Guten ausschlagen? Er ritt durch Fell» und Wald und umkreiste die Grenzen sei nes Besitztums. Es schien ihm schwer zu werden, sich von der frischen, in frohem Sprießen begriffenen Natur zu trennen. Eine unwiderstehliche Traun befiel ihn, während er die letzten Blicke auf den grünenden Fluren verweilen ließ. Wer wetß, ob er je zurückkchrte, ob er alle» das je wtedersah?! Die Dämmerung senkte sich schon herab, als er sich endlich los riß und in scharfem Trabe dem Hofe zuritt. Unterwegs gelang es ihm, ruhiger und gefaßter zu werden. Was er beschlossen hatte, mußte vollbracht werden. Sein und Edith» Glück war wohl eine» letzten Wagnisse« wett. Ein Wagnis war es freilich, und er mußte auf ein Mißlingen gefaßt sein. Darum schloß er sich, al» er zu Hause ang«kommen war, in sein Zimmer. Ruhelos nachdenklich, grübelnd schritt er auf Und ab, bi» er einen Ent schluß gefaßt hatte. Und nun setzte er sich an sein«, Schreibtisch und begann emsig zu schreiben. Bogen auf Bogen füllt« er. E» war seine Lebensgeschicht«, zu der er sich entschlossen halt«, und die für Edith bestiinmt war, für den Fall, daß sein Unter nehmen fehlschsug. sAls er fertig war and die engefchrietenen Pützen kvvertitrt und das Kuvert mit feinem Siegel geschlossen hatte, rief er fett ne« Diener. Karl Linke eilte mit dem Diensteifer, der ihn besonders sei nem Herrn gegenüber beseelte, ins Zimmer. In dem gut und sauber gekleideten jungen Mann mit dem frischen, rotbäckigen Gesicht und den zufriedenen, lebensfrohen Mienen würde nie mand den ehemaligen, verkümmerten, elenden Landstreicher wie dererkannt haben. „Ich reise morgen früh auf mehrere Tage fort," redete ihn Bäla an, „und habe einen Auftrag für Sie, dessen gewissenhafte Erfüllung mir sehr am Herzen liegt. Werde ich mich auf Sie verlassen können, Linke?" Der Diener hob seinen Blick voll Eifer und Stolz. Man fah ihm die Genugtuung an, mit der ihn das Vertrauen seine» Herrn» erfüllte. „Sie können unbedingt auf mich rechnen, Herr Baron." Bäla von Mmassy nickte. ' ,Schön! Nun passen Sie also auf! Hier dieser Brief Ist für meine Frau bestimmt, für den Fall, daß ich nicht zurück kehre —" Der Diener fuhr unwillkürlich, erschrocken zurück. Augen hefteten sich fragend, angstvoll auf das blaffe, Erficht des ihm Gegenllberstähenden. „Herr Baron!" rief er entsetzt. Der Gutsherr lächelte. .nj» c-'.i ch- - L . „Ich meine natürlich," verbessert« er sich, ,F»enn ich nicht zur rechten Zeit zurückkehre. Ich reife in geschäftlichen Ange« legenhetten in» Ausland. Meine Absicht ist, eine Weile fort» zublriben. Bin ich bis dahin nicht zurück und gebe ich Ihne« nicht direkt Nachricht, so „Go ülbergebe ich der Baronin den Brief." »- N ä ,-Ganz recht. St« versprechen : ntir; daß Ete selbst, koMNtch was wolle, auf keinen Fall da» Stegeft eickrechen.* » - ,Da<s schwäre ich Ihnen, Herr Baron." » „Ste gettben mir-fekntr, daß Ste- den «rief sorgsam au», beuxchren, und vast Sie ihn in kein« andere« HäNd« lege« Metz^ * Zum Warenhausbrand in Sonde«. Bet de« Waren« Hausbrände haben, nach bieheriger Feststellung, neu« Per sonen denTod gcfunden. Drei Opfer des Brandes liege» im Klai.k i.haus.' schwer verwunvrt darnieder. Ungefähr 26 Person«» habe« kickt re Verletzungen davongetra^rn. * Dämon Alkohol. Der Feuerwerksergant Bergau oo« Slogauer Attilleridepot kam in angetrunkene« Zustand« in da» Lokal de» Kasthofbefitzer» August Knoefel, um weiter zu trinke«. Ai« Knoef. l sich wctgerte, dem Angetrunkenen etwa» zu v rabfolgen, fing Bergan Streit an, in dessen Verläufe er sein Seiten g e rn ehr zor und damit dem Knv-ici zwei Stiche verficht«. Bcioe S..chk tta'en da» H i, und K v t i, ein allgemein belfibtmh hochgeachteter Mann im All.r »en Zahlen war sofort tot. Bergau wurde verhaftet. * Dampfer Salati» gestrandet. Der der Ko»mo«linte ge hörige Frachtdampfer SalatiS von Panama unterwegs, ist gestern früh bei Dungeneß bei starkem Südwind und hoher See gestrandtt. Bon Dover und Rotterdam sind Schleppdampfer zur Hilfeleistung abgegangen. Wie die Kosmoslinie mitteilt, hat der Frachtdampfer keine Passagiere an Bord. — Der Flensburger Dampfer Kanal ist gestern nachmittag vor der Einfahrt zum Aresund umgeschlage« und gesunken. Ueber den Verbleib der acht Köpfe zählenden Besatzung ist nicht» bekannt. * Ermordung de» koreanischen Premierminister» Pi. Premierminister W wurde während einer Ausfahrt in rin-m kleinen japanischen Wagen in Söul von einem zwanzigjährige« Koreaner durch Dolchstiche in den Unterleib und die Lungen tödlich verletzt. Der Premierminister wurde ins Hospital gebracht. Sein Wagenführer warde gleichfalls durch Dolchstiche verletzt und starb alsbald darauf. Der Täter wurde verhaftet, Man nimmt an, daß er ein Mitglied einer geheimen politischen Gesell schaft ist. ? vombenattentat gegen de« Chef der Petersburger Kri minalpolizei. In der Ästrachanstratze m P.tersburg hatte in einem neuen vierstöckigen Hause uniängst ein junger Mann, der sich Edelmann Woskressensky nannte, eine kleine Wohnung - -- -- -- NaH Ex- zer- Leich« Wo»- Lin Doppelleben. Roman von -. Scharfenort. (26. Fortsetzung.) n-chdr-ck ,Habe ich Unsinn geschwatzt? Ja, e» kommt manchmal über mich. Das machen die eurigen Sorgen. Aber ich will mich endlich einmal freimachen für immer — ja! Es gilt unfer Glück, und dafür will ich wagen, noch einmal wagen, oder — zugrunde gehen." Er sah wieder ganz ernst aus; seine Mienen beherrschte ein Zug verzweifelter, eiserner Entschlossenheit. „Du willst es noch einmal Lei deinem Onkel versuchen?" fragt« sie. ,La, ich will. Morgen reis« ich." „Schon morgen?" „Ja! Wozu zögern! Es muß ja doch sein. Ich weiß kein anderes Mittel." Ihr wurde mit einemmal so beklommen. Es war eine so wette Reise, und wer weiß, oh e» gelang, ob er nicht mutlos, erfolglos zurückkehrte? Und was dann? Jetzt bangte ihr plötzlich vor der Entscheidung, und nach Fraueoatt fing st« an, zu -ögcrn und schwankend zu werden. „Willst du es dir nicht doch noch überlegen," bat sie, um einen Aufschub zu erlangen. Die velsetzuu- «önig Leopolds II. Entgegen de» ursprünglichen Wunsche de« König», der eine »tnsuche Bestattung bestimmt hatte, ist seine Beisetzung doch in tstroas größerem Umfange, unter der Teilnahme der Verriet.r Kromdr Fürstlichkeiten, am gestrigen Mittwoch erfolgtFolgcndes Aelegramm berichtet über die Beisetzung: Gestern fand die Beisetzung des Königs unter großer Be teiligung de» Publikums, auch aus dem Lande statt. Kurz nach S Uhr versammelten sich im Stadtschloß die Vertreter der ausländischen Monarchen, Minister, Abgeordnete, Senatoren und andere hohe Würdenträger. Gleich nach der Ankunft de» Prinzen Albert um 10 Uhr sprach Kardinal-Erzbischof Mercier von Mechelen das Gebet, worauf der Sarg in den von acht PferdOi gezogenen Leichenwagen gefetzt wurde. Hier auf setzte sich der Zug nach der Kirche Sie Gudule in Bewegung, an der Spitze Deputationen der belgischen Regimenter und der vürgergarde. Hinter der Leiche schritt Prinz Albert, ihm folgten die auswärtigen Fürstlichkeiten, unter ihnen Prinz Heinrich von Preußen, Prinz Rupprecht von Bayern, s Prt«z Johann Georg von Sachsen, Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein, der Kronprinz von Rumä nien, Prinz Heinrich der Niederlande und der Herzog von , Tonnaught. Nach einem Trauergottcsdienst in der Kirche Ste Gudule bewegte sich der Trauerzug nach der Schlosskirche von Lacken. Gegen 2 Uhr nachmittags traf der Trauerzug bet der ein. Dekan Tooreman, der inzwischen di« Prini ^zMNnnl Luise, Stefanie, Klementine, Albert uick» die Gräfin von Flandern empfangen hatte, geleitete die sterbliche Hülle des Königs nach dem Katafalk. Der Kardinal-Erzbischof von Mechel«, umgeben von allen belgischen Bischöfen und gefolgt von allen Fürstlichkeiten, geleitete den Sarg in die kleine Kapelle, wo die Leiche des Königs am heutigen Donnerstag zwischen den Sarkophagen seiner verstorbenen Gemahlin und feines verstorbenen Sohnes betgesetzt werden wird. Au» der belgische« Kammer. Die belgische Kammer ist gestern nachmittag zusammengetre ten, um die Adresse festzustellen, die heute dem Prinzen Al bert überreicht werden soll. Vandervelde (Sozialist) verlangte, dass die Angelegenheit in öffentlicher Sitzung verhandelt «erde, was der Präsident als gegen das Reglement verstoßend bezeichnete. Die Sozialisten verließen darauf die Sitzung. So dann begann die geheime Beratung, in der schließlich der von der Kommission vorgeschlagene Text der Adresse angenommen wurde. Der Streit um den Nachlaß König Leopold». Bei dem Generaldirektor der Bank Soci6t6 g6närale, Bayens, find die Gründer der von König Leopold errichteten Gesellschaft, die bekanntlich Amtliche Dkobilien und Immobilien de» Königs enthält, zusammengekommen. Die juristische Exiftenzmöglichkeit der Gesellschaft wird von den Advokaten der Prinzessin Luise bestritten. Es wird versichert, daß die Gründer der Gesellschaft selbst das Unhaltbare ihrer Gründung einsehen und daß zur Auf lösung der Gesellschaft geschritten wird. Die Advokaten der Prin zessin Luise haben außer auf das mit verschwenderischem Luxus ausgestattete Schloß Balincourt bei Paris und auf die Villa Vanderborght in Lacken auch auf die Besitzungen des Königs im Süden Frankreichs die gerichtlichen Siegel anlegen lassen. Die Schulden der Prinzessin Luise belaufen sich auf 5 Mil lionen. Ein Pariser Schneider erhält allein 700 0va Francs.