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Welt hinausgewiesen, auf seiner Wanderung in Klingsors Zaubergarten gerät und Kundry an ihm ihre Verführungskünste versucht, wird er in ihrem Kusse »durch Mitleid wissend«, glaubt er, die Wunde des Amfortas selbst brennen zu fühlen. Kundry, von ihm zurückgestoßen, verwünscht ihn zur »Irre«; der heilige Speer, den Klingsor gegen ihn schleudert, verbleibt in seiner Hand. Nach langer, leidensvoller Irrfahrt kehrt Parsifal in das Gralsgebiet zu rück; mit dem Speer die Wunde schließend, »heilt, entsündigt und sühnt« er Amfortas und rettet so den Gral aus schuldbefleckten Händen: »Erlösung dem Erlöser!« Vorspiel. »Liebe — Glaube — Hoffen?« Erstes Thema: »Liebe«. »Nehmet hin meinen Leib, nehmet hin mein Blut, um unsrer Liebe Willen!« (Verschwebend von Engelstimmen wiederholt.) »Nehmet hin mein Blut, nehmet hin meinen Leib, auf daß ihr meiner gedenkt!« (Wiederum verschwebend wiederholt.) Zweites Thema: »Glaube«. »Verheißung der Erlösung durch den Glauben. Fest und markig erklärt sich der Glaube, gesteigert, willig selbst im Leiden. — Der erneueten Verheißung antwortet der Glauben, aus zartesten Höhen, wie auf dem Gefieder der weißen Taube, sich herabschwingend, immer breiter und voller die menschlichen Herzen einnehmend, die Welt, die ganze Natur mit mächtigster Kraft erfüllend, dann wieder nach dem Himmelsäther wie sanft beruhigt auf blickend. Da noch einmal aus Schauern der Einsamkeit erbebt die Klage des liebenden Mitleides: das Bangen, der heilige Angstschweiß des Olberges, das göttliche Schmerzensleiden des Golgatha — der Leib erbleicht, das Blut entfließt und glüht nun mit himmlischer Segens glut im Kelche auf, über alles, was lebt und leidet, die Gnadenwonne der Erlösung durch die Liebe ausgießend. Auf ihn, der furchtbare Sündenreue im Herzen, in den göttlich strafenden Anblick des Grales sich versenken mußte, auf Amfortas, den sündigen Hüter des Heiligtumes sind wir vorbereitet: wird seinem nagenden Seelenleiden Erlösung werden? Noch einmal vernehmen wir die Verheißung und — hoffen!«*) Verwandlungsmusik (i. Akt). Allmählich, während Gurnemanz und Parsifal zu schreiten scheinen, verwandelt sich die Bühne in unmerklicher Weise: es verschwindet so der Wald; in Felsenwänden öffnet sich ein Tor, dann wieder werden die beiden in aufsteigenden gemauerten Gängen sichtbar, welche sie zu durchschreiten scheinen. — Lang gehaltene Posaunentöne schwellen sanft an: näherkommendes Glockengeläute. — Endlich sind sie in einem mächtigen Saale angekommen, welcher nach oben in eine hochgewölbte Kuppel, durch die einzig das Licht hereindringt, sich verliert. — Von der Höhe über der Kuppel her vernimmt man wachsendes Geläute. Abendmahls-Szene. Auf beiden Seiten des Hintergrundes werden zwei große Türen geöffnet. In feierlichem Zuge schreiten die Ritter des Grales herein und reihen sich nach und nach an zwei überdeckten Speisetafeln. Die Gralsritter. Zum letzten Liebesmahle gerüstet Tag für Tag, gleich ob zum letzten Male es heut’ ihn letzen mag, wer guter Tat sich freu’t, ihm sei das Mahl erneu’t: der Labung darf er nah’n, die hehrste Gab’ empfah’n. Von Knappen und dienenden Brüdern wird auf einer Tragsänfte Amfortas hereingetragen: vor ihm schreiten Knaben, welche einen mit *) Programmatische Erläuterung des Vorspiels, von Richard Wagner für eine Vorführung vor König Ludwig II. in München >882 entworfen. Abdruck mit Genehmigung der Verleger, Breitkopf & Härtel und C. F. W. Siegels Musikalien handlung (R. Linnemann) in Leipzig.