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ZWEITER TEIL Balladen mit Klavierbegleitung von Carl Loewe (1796 —1869), vor getragen von Herrn Kammersänger Bender a) Die Lauer Von dem Gartenaltan keucht zum Schlosseheran derWojwode vollWut und voll Schrecken, Reißt die Vorhänge fort von dem Ruheort seines Weibs; leer liegen die Decken! Auf den Boden er starrt, in den greisigen Bart seine Hände, die bebenden, packen; Wild hebt er den Blick, wirft die Ärmel zurück, rufet Naum, den treuen Kosaken. „Ha! elender Wicht, warum waren mir nicht heute Nacht in dem Garten die Hunde? Die Jantscharke nimm dir und reiche auch mir die gezogene Büchse zur Stunde.“ Als vollbracht dies Geheiß, schlichen beide sich leis’ zum Altan an der Mauer Rande. An dem traulichen Ort, was leuchtete dort? ein Weib ist’s im weißen Gewände. Eine Hand läßt vom Haar ihrer Augen Paar, läßt die Brust von Linnen umschließen. Mit der anderen Hand hält sie von sich gewandt einen Jüngling zu ihren Füßen. Und umfangend ihre Knie beschwöret er sie: „Hab’ ich alles denn, alles verloren? Hat den Händedruck auch und der Seufzer Hauch der Wojwod sich zu eigen erkoren? Ich, der ich manch’ Jahr treu eigen dir war, soll dich meiden und sehen dich nimmer? Du liebtest ihn nicht, doch das Gold hat Gewicht, du verkauftest ihm alles auf immer! Ich eilte zu dir, von dem treuen Tier durch Sturm und Wetter getragen, Um mit Seufzer und Kuß dir zum Abschiedsgruß gute Nacht auf immer zu sagen!“ Sie widersteht, wie er klagend auch fleht, daß sie seines Leid’s sich erbarme, Bis die Kraft ihr entschwand in der wehrenden Hand, und sie hinsank in seine Arme! Vom Gesträuche versteckt, auf den Boden gestreckt der Wojwode und der Diener liegen, Ziehn die Ladung hervor, und lassen ins Rohr vom Ladstock getrieben sie fliegen. „Herr“, flüstert essacht, michhemmteineMacht: ich kann aufdas Mädchen nicht schießen. Als den Hahn ich zog, mich ein Schauer durchflog, und zur Pfanne sah Tränen ich fließen“. „Still, Heidekensohn! lehre weinen dich schon! nimm hier LissaerPulver zum Zünden! Mache schnell den Stein mit dem Nagel rein und ihr Ziel laß die Kugel finden! Höher! rechts! halt still! ich selber erst will den Bräutigam strecken tu Boden.“ Der Kosak legt an, zielet fest, spannt den Hahn, und trifft ins Herz den Wojwoden! A. Miekiewicz b) Herr Oluf Herr Oluf reitet spät und weit, Zu bieten auf seine Hochzeitsleut’. Da tanzten die Elfen auf grünem Strand, Erlkönigs Tochter reicht ihm die Hand: „Willkommen, Herr Oluf, komm, tanze mit mir, Zwei goldene Sporen schenke ich dir.“ „Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Denn morgen ist mein Hochzeitstag“. „Tritt näher, Herr Oluf, komm, tanze mit mir, Ein Hemd von Seide schenke ich dir. Ein Hemd von Seide, so weiß und fein, Meine Mutter bleicht’s im Mondenschein.“ „Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Denn morgen ist mein Hochzeitstag.“ „Tritt näher, Herr Oluf, komm, tanze mit mir, Einen Haufen Goldes schenke ich dir.“ ,Einen Haufen Goldes nähme ich wohl, Doch tanzen ich nicht darf noch soll.“ „Und willst du, Herr Oluf, nicht tanzen mit mir? Soll Seuch' und Krankheit folgen dir!“ Sie tät ihm geben einen Schlag aufs Herz, Sein Lebtag fühlt’ er nicht solchen Schmerz. Drauf tät sie ihn heben auf sein Pferd: „Reit’ hin zu deinem Fräulein wert!“ Und als er kam vor Hauses Tür, Seine Mutter zitternd stand dafür: „Sag’ an, mein Sohn, nun sag’ mir gleich, Wovon bist du so blaß und bleich?“ „Und sollt’ ich nicht sein blaß und bleich? Ich kam in Erlenkönigs Reich.“ „Sag’ an, mein Sohn, so lieb und traut, Was soll ich sagen deiner Braut?“ „Sagt’ ihr, ich ritt in den Wald zur Stund’, Zu proben allda mein Roß und Hund.“ Früh morgens, als der Tag kaum war, Da kam die Braut mit der Hochzeitsschar. Sie schenkten Met, sie schenkten Wein: „Wo ist Herr Oluf, der Bräut’gam mein?“ „Herr Oluf ritt in den Wald zur Stund’, Zu proben allda sein Roß und Hund.“ Die Braut hob auf den Scharlach rot, Da lag Herr Oluf und war tot. Herder