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ten darstellt, sind, ebenso wie in dieser, die entscheidenden Handlungsszenen der Oper musikalisch nachgedichtet. Es handelt sich also nicht um eine „Einleitung“ zur Oper, sondern um das Drama selbst, das hier in konzentrierter symphonischer Form gestaltet ist. Darin lag für die damalige Zeit das Neue. Die Leonoren-Ouver- türen sprengten nach Ausdehnung und Inhalt alle Tradition und hatten daher keinen Erfolg, so daß sich Beethoven bei Umarbeitung der Oper zur Komposition einer neuen Ouvertüre, der „Fidelio“-Ouvertüre, entschloß. IV. Symphonie Zwischen den beiden großen symphonischen Werken, der „Eroica“ und der fünften Symphonie, hat die vierte stets eine gewisse Zurücksetzung erfahren. Dies erklär^ sich wohl daraus, daß auf dieses Werk die Abstempelung Beethovens zum „T“ tanen“ nicht passen will und daß sich hier, eben gegenüber der dritten und fünften Symphonie, keine Anhaltspunkte ideologischer Natur finden. Es handelt sich bei dieser B-dur-Symphonie um ein Werk absoluter Musik, nicht um die Gestaltung eines geistigen oder seelischen Problems; sie kennt in ihrer heiteren, beschaulichen Grundhaltung keine großen Spannungen und Konflikte, keine leidenschaftlichen, dramatischen Ausbrüche. Wenn so auch die geistige Haltung des Werkes eine leichtere, problemlosere ist, so werden die tonkünstlerischen Probleme mit der selben Konsequenz, demselben Ernst und derselben Meisterschaft gelöst wie in den anderen Werken, so daß es ganz verfehlt wäre, von einem „Ausruhen“ nach der „Eroica“ sprechen zu wollen. Hinzuweisen ist gleich in dem einleitenden Adagio auf die Auflösung des düsteren Dunkels in die wahrhafte Heiterkeit des ersten Satzes, die nicht unvermittelt an bricht, sondern sich organisch aus der Einleitung entwickelt. Das punktierte Motiv, mit dem der zweite Satz beginnt, bleibt als rhythmisches Element in diesem be stehen. Über ihm erhebt sich eine Melodie, die an Weite des Atems und Wärme des Ausdrucks ihresgleichen kaum hat. Das Scherzo setzt mit einem rhythmisch außerordentlich eigenwilligen Thema ein; der Trioteil, ein zarter Gesang der Bläser^ erscheint zweimal. Der letzte Satz gehört zu den heitersten und gelöstesten, die Beethoven geschrieben hat. Das leichtflüssige erste Thema ist bestimmend für ihn. Am Schluß erscheint es in vergrößerten Notenwerten, in einzelne Abschnitte zer legt und verschiedenen Instrumenten zugeteilt. Diese plötzliche Hemmung des Flusses wirkt besonders heiter dadurch, daß das Thema dann in der Original gestalt fortgeführt und die Symphonie mit zwei kurzen Orchesterschlägen abge schlossen wird. E. C. Druck: Brandstetter, Leipzig M 401