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Nocturne Süß duftende Lindenblüte In quellender Juninacht. Eine Wonne aus meinem Gemüte Ist mir in Sinnen erwacht. Als klänge vor meinen Ohren Leise das Lied vom Glück, Als töne die lange verloren, Die Jugend leise zurück. Hartleben III. HUGO WOLF Das verlassene Mägdlein Früh, wenn die Hähne krähn, Eh die Sternlein schwinden, Muß ich am Herde stehn, Muß Feuer zünden. Plötzlich da kommt es mir, Treuloser Knabe, Daß ich die Nacht Von dir geträumet habe. Schön ist der Flamme Schein, Es springen die Funken; Ich schaue so darein, In Leid versunken. Träne auf Träne Dann stürzet hernieder; So kommt der Tag heran - O, ging er wieder! Mörike Elfenlied Bei Nacht im Dorf der Wächter rief: Elfe! Ein ganz kleines Elfchen im Walde schlief - Wohl um die Elfe! — Und meint, es rief ihm aus dem Tal Bei seinem Namen die Nachtigall, Oder Silpelit hätt ihm gerufen. Reibt sich der Elf die Augen aus, Begibt sich vor sein Schneckenhaus Und ist als wie ein trunken Mann, Sein Schläflein war nicht voll getan, Elfe, gelt, du hast g und humpelt also tippe tapp Durchs Haselholz ins Tal hinab, Schlupft an der Mauer hin so dicht, Da sitzt der Glühwurm Licht an Licht. »Was sind das helle Fensterlein? Da drin wird eine Hochzeit sein: Die Kleinen sitzen beim Mahle, Und treiben’s in dem Saale. Da guck ich wohl ein wenig ’nein!« Pfui, stößt den Kopf an harten Stein! ig? Gukuk! Mörike Lebe wohl »Leb wohl« - Du fühlest nicht, Was es heißt, dies Wort der Schmerzen; Mit getrostem Angesicht Sagtest du’s und leichtem Herzen. Lebe wohl! Ach tausendmal Hab ich mir es vorgesprochen, Und in nimmersatter Qual Mir das Herz damit gebrochen! Mörike Storchenbotschaft Des Schäfers sein Haus und das steht auf zwei Rad, Steht hoch auf der Heiden, so früh, wie spat; Und wenn nur ein mancher so’n Nachtquartier hätt! Ein Schäfer tauscht nicht mit dem König sein Bett. Und käm ihm zur Nacht auch was Seltsames vor, Er betet sein Sprüchel und legt sich aufs Ohr; Ein Geistlein, ein Hexlein, so luftige Wicht, Sie klopfen ihm wohl, doch er antwortet nicht. Einmal doch, da ward es ihm wirklich zu bunt: Es knobert am Laden, es winselt der Hund; Nun ziehet der Schäfer den Riegel - ei schau! Da stehen zwei Störche, der Mann und die Frau. Das Pärchen, es machet ein schön Kompliment, Es möchte gern reden, ach, wenn es nur könnt! Was will mir das Ziefer ? - ist so was erhört ? Doch ist mir wohl fröhliche Botschaft beschert. Ihr seid wohl dahinten zu Hause am Rhein ? Ihr habt wohl mein Mädel gebissen ins Bein ? Nun weinet das Kind und die Mutter noch mehr, Sie wünschet den Herzallerliebsten sich her ? Und wünschet daneben die Taufe bestellt: Ein Lämmlein, ein Würstlein, ein Beutelein Geld ? So sagt nur, ich käm in zwei Tag oder drei, Und grüßt mir mein Bübel und rührt ihm den Brei! Doch halt, warum stellt ihr zu Zweien euch ein ? Es werden doch, hoff ich, nicht Zwillinge sein? Da klappern die Störche im lustigen Ton, Sie nicken und knixen und fliegen davon. Mörike