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Auttüjlü -Itltllllg Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle« Klöfterlem, Nieder« u. Oberpfannenstiel, Lauter, BEu und die umliegenden Ortschaften. Erschein: - Mittwoch», Freitag» u. Sonntag». rlbonneme«t»pr«i» incl. der 3 werihvollen Beilagen vierleljährlich mit Bringerlohn 1 Mki SV Pf. durch die Post 1 M. 28 Pf. Mit 3 issustrirten Beiblättern: Aeutsches AamitienStatt, Hule Heister, Aeitspiegel. Beraniwortlicher Redakteur: Emit Hegemeister it» Lu« (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: An«, Marktstraße. Inserat«! di« «inspaltige Corpuszeile IV Pf., Petttsatz wird nach Petitzeilen, Nonpareill« satz nach dieser berechnet. Bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und LandbriestrLger nehmen Bestellungen an. No- 138. Mittwoch, den 22. November 1893. 6- Jahrgang: Zum Bußtage. 22. November. Zum erstenMale feiern wir den Bußtag an einen Mitt woch und welche» auch die Veranlassung zur Verlegung desselben gewesen sei, so bedeutet sie doch einen Fortschritt, denn der Anlaß ist dadurch gegeben, in ganz Deutschland einen einheitlichen Bußtag einzusühren und wieder einen Theil deutscher Kleinstaaterei dem GarauS zu machen. Zn Preußen bestand nur ein Bußtag, aber in Süddeutsch« land, Thüringen und auch in den norddeutschen Herzogthü- mern deren zwei, ja sogar drei. Früher war die» ander». Al» feststehende Bußtage kannte die Kirche Anfangs nur die Advent«, und die öf- lerliche Fastenzeit; hierzu kamen bi- vier Quatemberfast tage, welche unter diesem Namen ober al» vierteljährliche Bußtage auch in die evangelische Kirchensitte übergingen. Jetzt sind die Bußtage in den deutschen Ländern längst überall reducirt worden und e» gehörte längst zu den frommen Wünschen der evangelischen Kirche, daß auch in der Feiet der Bußtage eine allgemeine Uebereinstimmung hergestellt «erden möge. Der Bußtag soll al» Abwehr gegen allerlei Ungemach, gegen Seuchen, Feuer- und WasserSnoth, gegen schlechte Ernten, gegen schwer« KriegSnolh dienen, dazu wurden an diesem Tage die Mitglieder der Kirchengemeinden von dem Seelsorger auf ihre sittlichen Gebrechen aufmerksam gemacht und auf die Nothwendigkeit der Besserung. In schweren Kriegszeiten, bei anhaltender Dürre oder Weis- serSnoth setzte man extra einen Bußtag ein, um Gott an zuflehen, dem Nebel zu steuern, Spiel und Tanz mußte an solchen Lagen verstummen, sie waren nur dem Gebet gewidmet. In Preußen entstand der Bußtag nach einer Anekdote aus folgende Weise „Friedrich der Große strich die drit ten Feiertage und die Geistlichkeit beschwerte sich bei ihm deshalb mit der Motivirung, daß nun zu wenig Feier tage in der evangelischen Kirche seien. Friedrich soll da raus lächelnd geantwortet haben: „Ich verordne hiermit den Bußtag, wenn Ihr an dem Einen betet, so wird Euch Gott die andern schenken!«' Alexander, ehemals Fürst von Bul garien, ist gestorben. Dem tapseren Manne, dem einst die Teil- nähme von ganz Europa, mit Au-nahme der Mo»kowiter i gehörte, ist-kein günstiges Geschick vergönnt aewesrn, und auch die Jahre der Ruhe im Privatleben waren ihm knapp bemessen. Alexander Battenberg war aus der morgana tischen Ehe de» Prinzen Karl von Hessen geboren, de» nahen Verwandten der Mutter des heutigen russischen Kaisers. Zn Rußland trat er zeitweise in die Garbe ein, diente dann in Potsdam, und al- die Bulgaren zur Wahl eine» Fürsten schreiten sollten, wurde er auf Rußland- Einfluß gewählt, da» an ihm ein blinde» Werkzeug zu haben glaubte. Fürst Alexander hat viele Demütigun gen durch die russischen Minister in Sofia ausgestanden, bi» ihm un» den Bulgaren die Geduld riß. Er befreite Bulgarien von Rußland, erfüllte die auf die Erwerbung von Ostrumelien gerichteten grüß bulgarischen Träume und brachte dadurch Rußland vollends um die spärlichen Früchte, die ihm aus der blutigen Saat de» Türkenkrie- geS erwachsen waren. Glühender Haß feiten» der Russen lohnte dem Battenberger. Zudem «ar der Zar dem Bat- tenberger noch persönlich Feind, man sagt, weil letzterer in jungen Zähren dem russischen Thronfolger einmal eine Ohrfeige gegeben habe. Historisch ist die Neigung zwi schen der Prinzessin Viktoria von Preußen, heute mit ei nem Prinzen von Lippe vermählt, und dem Battenberger. Die Politik durchkreuzte sie. Die RuhmcSperiode Alexan der» Battenbergs war sein Feldzug gegen Serbien, der den Bulgaren Steg aus Sieg brachte. Dann ereilte ihn da» Verhängnis. Mit russischem Gelbe waren die Ver schwörer bezahlt, die.ein halbes Jahr später chn gefangen nahmen und auf der Donau nach Rußland brachten. Der Battenberger mußte durch Rußland nach Galizien reisen, wo ihn die Meldung von der Gegenrevolution zu seinen Gunsten erreichte. Allein nur zum Abschied kehrte er nach Sofia zurück, und noch heute sind die Gründe seiner Abdankung, die manchem rätselhaft erschien; nicht ausgektärt. Unter Kaiser Friedrich war nochmal» von sei ner Verbindung mit der Prinzessin Viktoria die R^de, al lein Fürst Bismarck trat von neuem dazwischen. Alexan der Battenberg zog sich nun ganz in» Privatleben zurück er he>ratete eine Sängerin, nahm den Namen eines Gra fen Hartenau an und wurde vom Kaiser Franz Joseph »um östretchischeu Infanterie-Oberst in Graz ernannt. Er «ar ein tapferer, allseitig beliebter, hochgeschätzter Mann, dem die Ehre über alle- ging. Da» wirb man ihm auch in Bulgarien, wo man für ihn durchs Feuer ging, nicht vergessen. Er ist ein Opfer seine» Geschick- geworden. Da» Leiden de« Grafen Hartenau, eine Blinddarment- > zündung, rührte au« dem serbisch-bulgarischeu Kriege her und bereitete dem Patienten unsägliche Schmerzen. Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin, den 20. Nüvembrr.i — Der Kaiser wohnte am Donnerstag Mittag im<" Berliner Lustgarten zu Pferd« der Vereidigung der Rekruten' bei, ritt sodann mitten aus den Platz und sprach: „Ihr habt soeben vor Gotte» Antlitz mir Treu« ge schworen und seid hierdurch in demselben Augenblick «eiste - Soldaten und meine Kameraden geworden. Ihr h«dt die Ehre, zu meiner Äarve zu gehören, und in und um meinen Wohnort, meine Hauptstadt zu stehe». Ihr seid berufen, mich in erster Linie vor vem äußeren und inne ren Feind zu schützen: seid treu und vergeßt nicht, daß Euer Ehre die meinige ist." „Ich gebraucht christ liche Soldaten, die ihr Vaterunser beten. Der SStdat soll nicht seinen Willen Haden, ivndern ihr habt alle ei nen Willen und daS ist mein Will«; eS giebt nur- «in Gesetz und da« ist mein Gesetz." Man übersehe nicht, baß diese Worte eben an Golda» ten gerichtet sind, die bekanntlich ihren Vorgesetzten blind zu gehorchen haben. — Dr. Han« Blum bringt rin Buch zur Veröffent lichung über die Vorgeschichte zum Dreibund. Neu darin ist nur, baß Kaiser Alexander II. von Rußland einen Brief an den Kaiser Wilhelm I. geschrieben, worin er die unbedingte Unterhühung der russischen Orientpolitik durch Deutschland verlangte, fall» zwischen beiden Völker» der Friede weiter bestehen solle. Al« Fürst Bi-mtrck da» Schreiben gesehen, soll er geäußert haben, wenn da» »ine offizielle Note wäre, müßte Deutschland mvbilmachen. Die Folge war dann das Büudni» mit Oestreich, zu dem der alle Kaiser nur sehr schwer zu bewegen war. — DaS Präsidium des Reichstages blttbt da» alt«: Levetzow, Bürllin und Buol. Die nächste Sitzung findet erst am Donnerstag statt. — Die konftrvaliven Reichstags-Abgeordneten Frhr. ». Hammerstein, Frhr. v. Manteuffel und v. Polenz Haden den von 25 Konservativen unterschriebenen Antrag ge stellt: „Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten R« gierungen zu ersuchen, dem Reichstage «neu Gesetzeutwurf- vorzulegen, nach welchem Israeliten, die nicht Reich-an- sNachdruck verboten. KeuMeton. Die Gouvernante. Roman von Rudolf Scipio. Fortsetzung. Während Felde» in der Familie seine» Brodherrn der Gegenstand de» Gespräch» und lebhafter Neugier «ar, saß er, ohne eine Ahnung davon zu haben, welchen Werth man seiner Person beilegte, in einem Gasthaus« bei sei nem Mittag-mahle. Sein Blick streifte die lange Reihe der Tischgenossen, ohne daß die Hoffnung, einen Bekannten darunter zu finden, sich erfüllt hätte. Dafür blieb sein Auge an einem jetzt eintretenden, ihm zwar völlig frem- Monne haften, der jedoch sogleich seine Ausmerksamkeit er regte. Derselbe mochte etwa dreißig Jahr« zählen und zeich nete sich unter den meist alltäglichen und konventionellen Gestalte« und Gesichtern der übrigen Anwesenden durch «ine gewiffe Urwüchsigkeit, sowohl in seinem Beneh men, al» in seiner ganzen Erscheinung au». Tein hüb sche», offene- von einem starken, blonden Vollbarte umrahm te» Gesicht, au« welche« zwei Helle, gutmüthig blickende Lugen hrrvorleuchteten, trug den Au-druck der Biederkeit und der frohen Laune. Da» frische Aussehen de» Manne» und sein« kräftige, stämmige Gestalt hatten «inen Land- ,wtrt in ihm vtrmuthen lassen können, wenn nicht di« «ichnftit seine» Auftreten« bewiesen hätte, d»ß n e» ge ¬ wohnt sei, in guter Gesellschaft zu verkehren. , Felden fühlte sich, ohne den Mann zu kennen, zu ihm, hingezogen und war deshalb angenehm überrascht, als er sich, nachdem die Tischgäste ihre Plätze eingenommen hat ten, ihm schräg gegenüber sah. Im Laus« der von seinem Gegenüber mit einigien in seiner Nähe sitzenden Herren gesühcten Unterhaltung wur de er von diesen m't dem Titel „Doktor" angerebet, ohne daß Felden seinen Namen- erfahren hätte. Eine Zeit lang folgte Felden der Unterhaltung seiner Nachbarn, bi» ein an einer anderen Stelle de- Tische» ge führtes Gespräch seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Man besprach hier einige in jüugster Zeit vorgekom mene „Gründungen", wobei unter anderen Namen auch der de» Aommerzienrath» Wehrhahn in einer für diesen wenig schmeichelhaften Weis« genannt wurde, indem man ihn ge- rädezu al- «inen Gründer der allerschlimmsteu Sorte be zeichnete. Felden, der sich in der Einsamkeit seine« Waldschloffe» «enig um da», wa» inzden industriellen Kreisen der Haupt stadt vorging, gekümmert hatte nnd dem deihalb bisher nicht- derartiges über seinen jetzigen Chef bekannt gewe sen «ar, macht« sich im Stillen beim Anhöre. dieser Mit- «Heilungen, die von keiner Seite auch nur den mindesten Widerspruch erfuhr, tebhaftr Borwürfe darüber, datz er sich nicht vor seiner Bewerbung erkundigt hatte. Di« Sache war jedoch nun einmal geschehen und nicht ohne einen hinreichenden Grund wieder rückgängig zu machen. Er ließ dte Hoffnung noch nicht ganz fahren, daß man den, I Kommerztenrath dessen Rel »thum und schnelle» Emporkom ma j, »itüeicht bei Manchem rin gewiffe« Gefühl dr«s : Neides erregt haben mochte, doch zu strenge beurtheilt ha- I be und er beschloß, bevor er einen übereilten Schritt that, sich zunächst die Ueberzeugung zu verschaffen, ob die von dem Kommerztenrath behaupteten Ding« wirklich »ahr seien. Als er jetzt seine Aufmerksamkeit wieder seine« Nachbar zuwandte, bemerkte er, raß dort die Unterhaltung verstummt >> war. Der Mann, welcher ihn kurz vorher so lebhaft an gezogen hatte, erschien ihm jetzt völlig verändert. Sela Gesicht hatte einen finstern Au-druck angenommen und seine Augen schossen Blitze de- Zornes. Felden fühlte in Folge dieser Wahrnehmung seine an fänglich günstige Meinung über ihn schnell verschwinden, denn er mußte annehmen, daß seine Erregung mit dem- unweit von ihm geführten Gespräche in Zusammenhang' stehe und er sich durch dasselbe gleichfalls getroffen fühlte. Schon nach kurzer Zeit sah er ihn sich denn auch be reit- erheben und die Tafel verlassen. Für Felden gewann hierdurch da» zuvor Vernommen« eine erhöhte Bedeutung, denn da» auffallende BeaehnKa jene« Manne» war gleichsam eine Bestätigung der gegen die Gründer erhobenen Beschuldigungen. Er fühlte lebhaft, daß er hier auf einen Boden gerathen sei, auf den er nicht passe, und auf'« Neu« empfand er jetzt den Fluch der Armuth, die ihn verdammte, des Brod» erwerbe» wegen für jemanden zu arbeiten, dessen Hand lungsweise er verachten mußte. Noch jetzt würde er, ungeachtet seiner mißliche« Lage, gern " ,von der Verbindung mit dem Kommerztenrath zurückg«- treten sein, wenn er «inen au«reichendrn Grund hierfür s zu finden vermocht hätte; da aber di« Theilnahm« seine»