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ZWANZIGSTES GEWANDHAUS-KONZERT DONNERSTAG, DEN 23. MÄRZ 1922. Dirigent: Generalmusikdirektor Fritz Busch. ERSTER TEIL. Ouvertüre zu »Leonore« Nr. 2 (Op. 72) von Ludwig van Beethoven (1770 —1827). Sechs geistliche Gesänge für gemischten Chor nach Gedichten von Joseph von Eichendorff von Hugo Wolf (1860 —1903), vorgetragen vom Thomanerchor. a) Aufblick. Vergeht mir der Himmel Vor Staube schier, Herr, im Getümmel Zeig’ dein Panier! Wie schwank’ ich sündlich, Läßt du von mir: Unüberwindlich Bin ich mit dir! b) Einklang. Weil jetzo alles stille ist Und alle Menschen schlafen, Mein’ Seel’ das ew’ge Licht begrüßt. Ruht wie ein Schiff im Hafen. Der falsche Fleiß, die Eitelkeit, Was keinen mag erlaben, c ) Darin der Tag das Herz zerstreut, Liegt alles tief begraben. Ein andrer König, wunderreich, Mit königlichen Sinnen, Zieht herrlich ein im stillen Reich. Besteigt die ew’gen Zinnen. Resignation. Komm’, Trost der Welt, du stille Nacht, Wie steigst du von den Bergen sacht, Die Lüfte alle schlafen; Ein Schiffer nur noch, wandermüd’, Singt übers Meer sein Abendlied Zu Gottes Lob im Hafen. Die Jahre wie die Wolken gehn Und lassen mich hier einsam stehn. Die Welt hat mich vergessen, Da trat’st du wunderbar zu mir, Als ich beim Waldesrauschen hier Gedankenvoll gesessen. O Trost der Welt, du stille Nacht! Der Tag hat mich so müd’ gemacht, Das weite Meer schon dunkelt. Laß ausruhn mich von Lust und Not. Bis einst das ew’ge Morgenrot Den stillen Wald durchfunkelt. d) Letzte Bitte. Wie ein todeswunder Streiter, Der den Weg verloren hat, Schwank’ ich nun und kann nicht weiter, Von dem Leben sterbensmatt. Nacht schon decket alle Müden. Und so still ist’s um mich her, Herr, auch mir gib endlich Frieden, Denn ich wünsch’ und hoff’ nichts mehr