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SIEBZEHNTES GEWANDHAUS-KONZERT DONNERSTAG, DEN 2. MÄRZ 1922. Dirigent: Professor Siegmund von Hausegger [München], ERSTER TEIL. Eine Faust-Ouvertüre von Richard Wagner (1813 bis 1883). »Der Gott, der mir im Busen wohnt, Kann tief mein Innerstes erregen; Der über allen meinen Kräften thront, Er kann nach außen nichts bewegen; Und so ist mir das Dasein eine Last, Der Tod erwünscht, das Leben mir verhaßte Aufklänge. Symphonische Variationen über ein Kinder lied von Siegmund von Hausegger (geb. 1872). (Zum ersten Male.) Dem Werk liegt das bekannte Kinderlied zugrunde: »Schlaf’, Kindchen, schlaf’, der Vater hüt’t die Schaf’, die Mutter schüttelt’s Bäumelein, da fällt herab ein Träumelein. Schlaf’, Kindchen, schlaf’!< , Die alte Weise zaubert vor unsere Seele das Bild des schlummernden Kindes, das tausend Hoffnungen in uns aufblühen, aber auch tausend Töne stillen Glückes, geheimnisvollen Ahnens, tiefen Gedenkens aufklingen läßt. Wie ein Auftakt sind sie zu jenem kühnen Liede des Lebens, das einst die Brust des zukunftfrohen Jünglings, des tatenstarken Mannes mit seinen mäch tigen Klängen brausend erfüllen wird. Das Thema wird teils variiert, teils aber dient es als Anregung zu freier Weiterbildung. Zwei Hauptteile stehen einander gegenüber: das T’hema mit acht Variationen als erster, der scherzoartige Schlußsatz als zweiter. Die Variationen schließen unmittelbar aneinander, durch kurze Überleitungs takte verbunden, schreiten in steter Entwicklung aus träumerischer Versunken heit zu immer fester umrissener, bedeutungsvollerer Gestaltung und finden ihren Schwerpunkt in der siebenten Variation, einem breit angelegten Adagio; die achte Variation dient der Entspannung und Überleitung zum Schlußsatz, der in scharf rhythmischer Ausprägung dahin stürmt, um in dem kodalen Abschluß zur zarten Anfangstimmung des Werkes zurückzukehren.