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ZWEITES GEWANDHAUS-KONZERT DONNERSTAG, DEN 19. OKTOBER 1922. Dirigent: Wilhelm Furtwängler. ERSTER TEIL. Le Poeme de l’Extase für großes Orchester (Op. 54) von Alexander Scriabine (1872 —1915). [Zum ersten Male.] Fünf Kindertotenlieder mit Orchesterbegleitung von Gustav Mahler (1860—1911), vorgetragen von Frau Kammersängerin Lula Mysz- Gmeiner [Berlin]. Nun will die Sonn’ so hell aufgehn, Als sei kein Unglück die Nacht geschehn. Das Unglück geschah nur mir allein, Die Sonne, sie scheinet allgemein. Du mußt die Nacht nicht in dir ver schränken, Mußt sie ins ewige Licht versenken, Ein Lämplein verlosch in meinem Zelt, Heil sei dem Freudenlicht der Welt! Nun seh’ ich wohl, warum so dunkle Flammen Ihr sprühtet mir in manchem Augenblicke, O Augen, gleichsam, um voll in einem Blicke Zu drängen eure ganze Macht zusammen. Doch ahnt’ ich nicht, weil Nebel mich um schwammen, Gewoben vom verblendeten Geschicke, Daß sich der Strahl bereits zur Heimkehr schicke, Dorthin, von wannen alle Strahlen stammen. Ihr wollet mir mit eurem Leuchten sagen: Wir möchten nah dir bleiben gerne, Doch ist uns das vom Schicksal abgeschlagen. Sieh uns nur an, denn bald sind wir dir ferne. Was dir nur Augen sind in diesen Tagen: In künft’gen Nächten sind es dir nur Sterne! Wenn dein Mütterlein Tritt zur Tür herein, Und den Kopf ich drehe, Ihr entgegensehe, Fällt auf ihr Gesicht Erst der Blick mir nicht, Sondern auf die Stelle Näher nach der Schwelle, Dort, wo würde dein Lieb Gesichtchen sein, Wenn du freudenhelle Trätest mit herein, Wie sonst, mein Töchterlein, Wenn dein Mütterlein Tritt zur Tür herein Mit der Kerze Schimmer, Ist es mir, als immer Kämst du mit herein, Huschtest hinterdrein Als wie sonst ins Zimmer. O du, der Vaterszelle, Ach, zu schnelle Erloschner Freudenschein!