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Em sonniger Frühlingstag geht zu Ende, fast wolkenlos ist der Himmel, der im Westen noch einmal im letzten Schein der unter gehenden Sonne aufglüht, während im Osten bereits dieblauen Schatten der Nacht die Abenddämmerung besiegen. Gleich einem Schleier liegt dünner Nebel über den Bodensenken der Wiesen. Infolge der starken Ausstrahlung der Bodenwärme, die durch keine Wolkendecke gehemmt wird, tritt bald merkliche Abkühlung ein. Die Abende im Spätfrühling sind sogar manchmal recht empfindlich kalt. Die Heerscharen der Insekten, die sich tagsüber im wärmenden Sonnenschein getummelt haben, suchen nach einem Unterschlupf für die Nacht. Sie finden ihn in Astwinkeln, in den Spalten und Ritzen der Baumrinden, unter Steinen und Blät tern, unter dem Bodcnlaub und vor allem in den Sturzglocken blumen, die von Fliegen, Bienen, Hummeln und allerhand Käfern als Herberge bevorzugt werden. Alle hängenden und nickenden Blüten sind als Unterschlupf geeignet. Durch die Atmung der Pflanze wird Wärme erzeugt, und besonders die Blüten zeichnen sich durch eine erhöhte Atmung aus, so daß es innerhalb der Blüten während der Nacht etwas wärmer ist. Es läßt sich gut aushalten in dem Nachtasyl, denn außer dem schützenden Obdach gewährt der Blumenwirt seinen Gästen noch Speise und Trank. Wenn dann der Gast am kommenden Morgen, sobald die Sonne wieder ihre wärmenden Strahlen aussendet, noch ein Päckchen Pollen mitnimmt, so ist das dem Wirt Bezahlung genug. Einige Pflanzen haben nun ganz sinn reiche Einrichtungen getroffen, die dafür sorgen sollen, daß das Insekt nicht eher die Blüte verläßt, als bis cs seine Schuldig keit getan hat. Eine der interessantesten Pflanzen ist hierin der Aronstab (Xi-Uin mseulstuni) aus der gleichnamigen Familie der Bra esen, der Ende April oder Anfang Mai seinen großen Blüten stand öffnet. Wir finden den Aronstab meist in Gesellschaft mit dem Bärenlauch an feuchten schattigen Stellen des Laubwaldes, besonders häufig in den Auwäldern der Rheinebene und auch Mitteldeutschlands. In manchen Gegenden tritt er in Mengen auf, in Norddeutschland ist er allerdings selten, und östlich der Elbe fehlt er mit wenigen Ausnahmen ganz. Die auffallenden, pfeilförmigen, dunkelgrünen Laubblätter, die meist schwärzlich gefleckt sind, entwickeln sich schon im März und sind im Walde nicht zu übersehen. Sie sind in der Knospe ein gerollt, von einigen zylindrischen weißen scheidigen Nieder blättern umhüllt, und entsprießen zu zwei bis drei einem kurzen, knollig verdickten Wurzelstock (Rhizom). Aus ihrer Mitte er hebt sich der kolbenförmige Blütenstand, der von einem blaß grünen, auf der Innenseite weißlich- oder rötlichgrünen, tüten ähnlichen Blatt in seiner ganzen Länge eingehüllt wird, die Blütenschcide oder Spatha genannt. Die Blütenscheide, die als Schuhorgan für den jungen Blütenstand dient, bildet am Grunde des Stengels einen bauchigen Kessel. Oberhalb der taillenhaften Einschnürung klafft die Blütenscheide weit aus einander, sobald die Blüte ihre höchste Entwicklung erreicht. Aus der Scheide ragt dann der dunkelviolette Blütenkolben hervor, der einen üblen Aasgeruch ausströmt. So beleidigend dieser Dust auf unsere Nase wirkt, einzelnen Käfern, Fliegen und besonders den Schmetterlingsmücken (Ls/cllöttL pttsll-e- notäes) ist er außerordentlich angenehm. In ganzen Massen schwärmen sie heran, stürzen sich auf den stinkenden Kolben und wandern an ihm abwärts in die Blütcnscheide hinein, angezogen von der Wärme, die aus dem bauchigen Kessel aufsteigt. Bis zu 4000 Mücken hat man in einem einzigen Aronstab gezählt. Es sind ganz beträchtliche Temperaturen, die in der tonnen förmigen Gaststube entwickelt werden. Wenn man ein kleines Fieberthermometer in die Blütenscheide hineinsteckt, kann man die „Zimmerwärme" direkt ablesen. Man hat beobachtet, daß zur Zeit der höchsten Blütenentfaltung die Wärme im Innern des Kessels rund 15 Grad höher ist als die Außentemperatur. Bei einer Lustwärme von 6-10 Grad Eelsius ergibt das die sehr behagliche Temperatur von 20 Grad Celsius und mehr. Für die Heizung wird der gesamte Stärkevorrat, den die Pflanze vor dem Blühen in den Geweben des Kolbens aufgespeichert hat, zu Kohlensäure und Wasser verbrannt. Wir haben eine Aronblüte der Länge nach ausgeschnitten, um die Innenausstattung der Würmehalle kennenzulernen. Inner halb der Blütenscheide verjüngt sich der violette Kolben zu einem schlanken gelblichen Stengel, an dem dreierlei Blütengebilde sitzen. Gegenüber der Einschnürung der Blütenscheide trägt er einen Kranz von langen, starren, weißlichen Borsten, die nichts weiter als verkümmerte Blüten sind und den Eingang in den Kessel reusenartig versperren. Etwas darunter befinden sich die männlichen Blüten, deren rote Staubbeutel noch geschloffen sind, und am Grunde sitzen dichtgedrängt die weiblichen Blüten, die nur aus einem Fruchtknoten mit kurzer Narbe bestehen. Das Ganze, das die Scheide umhüllt, ist also gar keine Einzel blüte, sondern ein ährenartiger Blütenstand. Die kleinen Mücken, die an dem Kolben hinabgeklettert sind, zwängen sich zwischen den starren Reusen hindurch, um in das warme Innere zu gelangen. Andere Insekten schlittern auch un freiwillig hinein, wenn sie die Blütenscheide anfliegen. Da diese Fanrr'Zr'e.- ^/-aceen. L/i/lereir.- Lluie ^ar