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Maria Theresia, Kaiserin von Oesterreich (1717—1780) Nach einer Miniatur von Heinrich Friedrich Füger der Staatsleitung nicht Anteil nehmen ließ. Nur die Finanz verwaltung überließ sie ihm, wofür er auch viel Geschick zeigte, da er eine kaufmännische Veranlagung besaß. Er be teiligte sich mit seinem Privatvermögen heimlich an Handels gesellschaften, pachtete mit dem Kaufmann Schimmelmann die sächsischen Zölle und steuerte der Verschwendung am Hofe. 1745 wurde er in Frankfurt zum Deutschen Kaiser gekrönt, währenddes sich seine Gemahlin versteckt hielt, um ihm allein die Huldigungen zukommen zu lassen. Sie hatte von ihrem Vater, mit dem das Haus Habsburg im Mannes stamm erlosch, das deutsche Kaisertum nicht direkt erben können, mit Erfolg hatte es ihr der bayerische Kurfürst Karl Albrecht streitig gemacht, der 1742 mit Hilfe Frankreichs zum Deutschen Kaiser gewählt war. Er verbündete sich mit Frankreich, Spanien, Sachsen und dem jungen Preußenkönig Friedrich II. gegen Maria Theresia, verlor aber nach anfäng lichen Erfolgen alles, auch sein Stammland, und starb 1745, worauf Maria Theresia und ihrem Gemahl die Kaiserkrone zufiel. Die Kaiserin hatte in ihrer Bedrängnis die Ungarn, deren Königin sie seit einigen Monaten war, zu Hilfe gerufen. Aber trotz großer Anstrengungen verlor sie an Preußen große Teile Schlesiens. Maria Theresia, die ihr Land Österreich 41 Jahre und als Deutsche Kaiserin 35 Jahre regiert hatte, war eine markante Persönlichkeit von klugem und ent schlossenem Wesen, dabei eine schöne und sittenstrenge Frau, die ihrem Gemahl eine zahllose Nachkommenschaft schenkte; als er gestorben war, wollte sie in ein Kloster gehen. An ständige Gesinnung und Großmut zeichneten sie aus; sie warnte einmal während eines Feldzuges ihren Gegner Friedrich von Preußen vor Anschlägen gegen seine Person. Unterstützt von tüchtigen Staatsmännern, wie dem Grafen Kaunitz, war sie den Diplomatien auswärtiger Mächte durchaus gewachsen. Im Innern führte sie zwar ein absolutistisches Regiment, be mühte sich aber redlich und unermüdlich, ihr Land aus den Verheerungen durch frühere Kriege und aus dem Elend einer jahrhundertlangen Mißwirtschaft herauszuführen, wobei kaum ein Gebiet staatlichen, wirtschaftlichen und geistigen Lebens vernachlässigt wurde. Mit ihrem Sohn Joseph II. (1741—1790) wurde der habs burgische Mannesstamm wieder neu begründet, aber dieser unglückliche Monarch, dessen Tragödie es war, stets Großes zu wollen, ohne es durchsetzen können, verlor nach drei jähriger Ehe seine erste Frau und seine beiden Töchter in jugendlichem Alter, nach zweijähriger Ehe seine zweite Frau, die kinderlos starb. Seitdem blieb er unvermählt. Er war 1765 Deutscher Kaiser ge worden und wurde von sei ner Mutter als Mitregent in Österreich eingesetzt. Er schaffte allen spanischenHof- prunk und die Leibeigen schaft ab, gab allen Religi onen, auch der jüdischen, gleiche Duldung, der Presse eine bis dahin unerhörte Freiheit, besteuerte den noch steuerfreien Adel, hob eine große Zahl von Klöstern Christoph Willibald Ritter von Gluck aus, wovon ihn der Papst durch einen Besuch in Wien vergeblich abzubringen suchte. Aber die Art, wie er die neuen Segnungen durch Befehle und mit Militärgewalt durchführte, und die Art, wie sie von seinen Organen ausgeführt wurden, erregte viel böses Blut, so daß er manche seiner überstürzten Re ¬ formen selbst wieder zurücknehmen mußte. Er bewunderte den Preußenkönig Friedrich, mit dem er eine Verständigung erstrebte, der aber im bayerischen Erbfolgekrieg und später Josephs Absicht auf Bayern durchkreuzte. Die Ungarn und Niederländer erhoben sich gegen seine Neuerungen, be sonders gegen seinen Versuch, sein großes von so ver schiedenartigen Völkern bewohntes Land auch sprachlich unter einen Hut zu bringen. Er hatte halb Europa besucht, meist inkognito unter dem Namen eines Grafen Falkenstein, hatte durch seine Leutseligkeit in Paris alle Herzen für sich gewonnen, hatte Rousseau aufgesucht und war von den Be strebungen der Aufklärer aufrichtig durchdrungen. Allenthalben regte sich Bildung und Streben in den deutschen Ländern. Einer der wirksamsten Wegbereiter der Welt geltung deutscher Musik war der Opernkomponist Chri stoph Willibald Ritter von Gluck (1714—1787). EinfachstenVerhältnissen entstammend— seinVater war Förster im Oberpfälzischen — erhielt er seine erste musikalische Aus bildung in einer böhmischen Jesuitenschule, schlug sich in Prag schlecht und recht als Chorsänger und Tanzgeiger durch, um schließlich nach langen Lern- und Wanderjahren, die ihn Joseph II., Deutscher Kaiser (1741—1790) Nach einer Miniatur von Heinrich Friedrich Füger, um 1776