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»Willst, feiner Knabe, du mit mir geh’n? Meine Töchter sollen dich warten schön; Meine Töchter führen den nächtlichen Reih’n Und wiegen und tanzen und singen dich ein.« — Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort Erlkönigs Töchter am düstern Ort? — Mein Sohn, mein Sohn, ich seh’ es genau: Es scheinen die alten Weiden so grau. — »Ich liebe dich, mich reizt deine schöne Gestalt; Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.« — Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an! Erlkönig hat mir ein Leids getan! — Dem Vater grauset’s, er reitet geschwind, Er hält in Armen das ächzende Kind, Erreicht den Hof mit Müh’ und Not; In seinen Armen das Kind war tot. Goethe. c) Die Allmacht. (Instrumentiert von Felix Mottl.) Groß ist Jehova, der Herr! Denn Himmel und Erde verkünden seine Macht. Du hörst sie im brausenden Sturm, In des Waldstroms laut aufrauschendem Ruf. Groß ist Jehova, der Herr! Groß ist seine Macht! Du hörst sie in des grünenden Waldes Gesäusel, Siehst sie in wogender Saaten Gold, In lieblicher Blumen glühendem Schmelz, Im Glanz des stemebesäeten Himmels! Furchtbar tönt sie im Donnergeroll, Und flammt in des Blitzes schnell hinzuckendem Flug. Doch kündet das pochende Herz dir fühlbarer noch Jehovas Macht, Des ewigen Gottes, blickst du flehend empor Und hoffst auf Huld und Erbarmen. Groß ist Jehova, der Herr! L. Pyrker. Zum Gedächtnis Otto Schelpers. Vorspiel zum 3. Akt aus den »Meistersingern von Nürnberg« von R. Wagner.*) Siegmunds Liebeslied aus der »Walküre« von R. Wagner. Winterstürme wichen auf lauen Lüften dem Wonnemond, lind und lieblich, in mildem Lichte Wunder webend leuchtet der Lenz; er sich wiegt; *) »Mit der dritten Strophe des Schusterliedes ist im zweiten Akte bereits das erste Motiv der Saiteninstrumente vernommen worden; dort drückte es die bittere Klage des resignierten Mannes aus, welcher der Welt ein heiteres und energisches Antlitz zeigt; .... jetzt (im Vorspiele des III. Aktes) wird dieses Motiv allein gespielt und entwickelt, um in die Resignation zu ersterben: aber zugleich und wie aus der Feme, lassen die Homer den feierlichen Gesang ertönen, mit welchem Hans Sachs Luther und die Reformation begrüßt und welcher dem Dichter eine unvergleichliche Popularität erworben hat; nach den ersten Strophen nehmen die Saiteninstrumente, sehr zart und in sehr ver zögerter Bewegung, einzelne Züge des wahren Schustergesanges wieder auf, wie wenn der Mann den Blick von der Handwerksarbeit ab, nach oben wendete, und sich in zart anmutige Träumereien ver löre ; da setzen die Hörner in gesteigerter Klangfülle den Hymnus des Meisters fort, mit welchem Hans Sachs bei seinem Eintritt in das Fest durch das ganze Nürnberger Volk in einem donnernd einstim migen Ausbrache begrüßt wird. Nun tritt das erste Motiv der Saiteninstrumente, mit dem mächtigen Ausdrucke der Erschütterung einer tief ergriffenen Seele wieder ein; beruhigt und beschwichtigt er reicht es die äußerste Heiterkeit einer milden und seligen Resignation.« R. Wagner, »Entwürfe, Gedanken, Fragmente«.