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ser Held aufs neue eingeschlafen, aber neue Träume folterten ihn. Lorchen lag tobt vor ihm, er wußte nicht, ob sic ertrunken, ober durch die Schimmel ums Le ben gekommen, genug sie lag rodt da. Die Mutter unsere Helden erschien ebenfalls in diesem Traum, sie war erzürnt und nicht geneigt ihren Sohn freund lich zu trösten, sondern mit gerechtem Unwillen warf sic ihm alles vorgefallene Un glück über seinen Kopf. Schrecklich rächte sich der Ungehorsam gegen die mütterli chen Ermahnungen, und verkündigte noch weit traurigere Folgen. Unser Held erwachte, und mil.ihm seine ganzen Leiben, unruhig hatte cr sich niedergelegr, aber weit unzüfriedncr war er beim Aufsteher»; er eilte, die Stabt zu verlassen, ohne ei- g nl'iM zu wissen, wohin. Die Erscheinung feiner Mutter hatte ihn vollends äus ser Fassung gebracht, er getrauetc sich nicht nach Hause zu gehcn^ und so ward nun aus unserm verliebten Ritter, ein irrender Reisender. So unbesonnen, als er ge liebt hatte, eben so unvorsichtig wollte er seinem Schicksal entlaufen; das war nun aber in doppelter Hinsicht sehr unrecht, denn erstlich ward dadurch die verunglückte Liebschaft nicht verbessert, sondern zweitens seine tage weit schlimmer, indem we der Geld noch ein nützlicher Zweck zu solcher Reise vorhanden war. Aber wir cS in dec Welt gehet, man darf nur einmal aus dem gewöhnlichen Gleise heraus seyn, so wird cs allemal schwer, die vorige Ordnung wieder herzustellcn. Es würde zu umständlich seyn, alles ausführlich zu erzählen, wie unser Held seinen Weg ver folgte, nur so viel ist zu merken, daß cr nach einigrn Tagen fast ohne Geld in Breslau anlangte. Er war unterweges in einem Wirthshause mit zwei reisenden Tischler. Gesellen bekannt geworden, gegen diese klagte cr seine Noth; der eine war aus Stettin und nicht ganz unerfahren. Ia, sagte dieser, meinem Camera- -cn hier geht es beinahe auch so, wir haben in Potsdam zusammen gearbeitet, und hatteu eine gute Werkstatt, aber die Bekanntschaft mit einem Mädchen ist Ursache, daß wir wcgreisten; ich, meines Thcils, weiß gewiß, daß ich in Breslau wieder Ar beit erhalte, und es wirb gut seyn, wenn mein Camerad auch welche bekommt, wenkscr mir nachher folgt, so soll cr künftig wohl klüger werden. Ich habe ei» Reisebuch — fuhr der Tischler fort, und zog das Buch aus der Tasche — es heißt: der rechtschaffene Profcssionist, man kann es bei allen Buchbindern be, kommen; daß ist ein Büchel, worin über das richtige Verhalten eine« jungen Menschen die besten Erfahrungen niedcrgesckrieben sind, wer sich darnach richtet, der kommt gewiß durch, da steht auch deutlich, in dem cilften Briefe, über den Umgang mit Mädchen, daß dieser für den unerfahrnen Jüngling ausserordentlich gefährlich sey, und selbst der durch richtige und gute Grundsätze gebildete Jüng ling habe alle seine Vernunft zu Rathe zu nehmen, wenn er nicht zum Narre» werden will. Ich habe meinem Cameraden diese Stelle schon längst gewiesen, aber er glaubte mir and dem Buche nicht, bis er nun dürch die Erfahrung mit Scva- bcn klug wird, nun spricht er auch: das Reifcbuch hat recht! «brr leider zu spät. Unter so mancherlei Gesprächen kamen endlich alle drei in Breslau an. Der Stet-