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Worden sey, und mancher ihrer Bekannten ihr zugeredet habe, das Geld als ein Geschenk des Zufalls zu benutzen; wie aber ihr Gewissen das nicht zugelassen, und sie vielmehr nach wie vor den Beutel sorgfältig ausbewahrt habe, in der Erwar tung, daß sich der Eigenthümer doch wohl noch einmal finden könne — In den Fremde» gicngen Hie größten Bewegungen vor, in keinem aber mehr, als in dem phlegmatischen Holländer. Ein plötzlicher Anstoß von Dankbarkeit bemächtigte sich seiner; er grif in den Beutel, nahm einen Rubel heraus, und legte ihn, mit einer zierlichen Danksagung für gehabte Bemühung, der Wirthin hin. Die Eng länder sahen ihm stumm zu „Wie! Bruder? rief endlich der eine, du wolltest den Beutel da behalten? Nein, der gehört warlich der Frau!" der Holländer er blaßte und suchte Schutz in den vielfältigen Betheucrungen der Alten, daß sie gar nichts verlange, daß sie nichts als ihre Schuldigkeit gcthan habe, und daß dec Mann auch seinen Rubel zurück nehmen müsse. Nach langen Debatten ließ sich der Holländer zu 50 Rubeln willig finden: die Britten aber bestanden auf ivo und Liese Zumuthung schien ihm so unbillig, daß er erklärte, eher wolle er sich dem gan zen Gewichte ihrer Fäuste Preis geben, als so viel von seinem Eigenihume missen. Halt, Kinder ! rief endlich der Engländer seinen Landsleuten zu: ein Vorschlag zur Güte! der Beutel, der ist nicht unser, aber wir sind Britten, und die Frau hat bei Gott! brav gehandelt und muß belohnt werden. Hurtig die Hände in die Ta schen! wir werfen die 100 Rubel zusammen. — Gesagt, gethan! der Holländer, durch diesen Schlag vollends ganz betroffen, hatte noch nicht Zeit gehabt, sich zu fassen, als schon die ivo Rubel auf dem Tische lagen. Da siegte endlich National stolz über die Knauserei. Der Holländer drang jetzt in die Britten, ihr Geld zu- rückzunehmen, und trennte sich mit stoischer Gelassenheit von seinen geliebten roo Rubeln. .f ' . C 0 l d i tz. Als im May r8ar die fünfte Abtheilung der russischen Kriegsgefangenen auf ihren Rückmarsch aus Frankreich, zu Colditz in Sachsen übernachtete, ließ einer derselben einige nothwcndige Stücke von seiner wenigen Haabe, beim frühen Ab marsch aus Vergessenheit bei seinen Wirthelcuten zurück, welche dieses nicht eher gewahr wurden, bis viclle chc die Abtheilung schon in ihre neuen Quartiere zurück war. Diese Wirthsleute sind arm und haben eine Menge Kinder, aber ehrlich und gutherzig. Sie gerirthen beim Anblick dieser Sachen in eine ängstliche Verle genheit, die immer höher stieg, jemchr sie darüber nachdachten. Sie sahen, wie unentbehrlich dem armen Soldaten diese Sachen bei seinem ungeheuren Marsche noch skyn würden, und fürchteten, cs möchte ein falscher Verdacht, sie entwendet zü haben, auf einen seiner Cameraden fallen, und ihm, bei der so strengen Manns zucht der Ruffen, die größten Miöhandlungen zuzichen. Sie faßten also den Ent-