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Herzen entsprießen muß, wenn sie glücklich sein soll, begründet und gebaut worden. Im Gegen- lhcil, die beiden Gatten verstanden einander nicht; das einfache Landmädchen konnte dem Fluge deS erwachenden Geist.s nicht folgen und der junge, poetisch glühende Mann, konnte und mochte sich nicht in den S:aub des gewöhnlichen Menschen volkes ziehen und binden lassen. — Auf diesem Wege konnte ihm in seinem Leben wahres Glück nie erblühen. Er mußte euren Scbritt thun, einen Schritt zu einem anderen, nach Höhc- rrm strebenden Leben. Uni's Jahr 1569 entstanden in der Gegend um Sirat-'ord die ersten Schau- spiclerlruppen, die Grafen Leicester> Warwick und Worcester unterhielten solche Trupprn, die auch zuweilen in Stratford spielten. Auch Shakespeare besuchte die Vorstellungen, und sie machten, als Nachahmungen des wirkli chen Lebens, einen magischen, anzieher den Eindruck ans ihn, so groß, raß nach und nach der Ge danke in ihm zum festen Vorsatz ward, Stratford und sein frecd- und freudenloses Haus zu verlassen und sich hinaus in die Kreut der großen Well zu begeben. Als Stern leuchtete ihm das Wirken und Schaffen auf und für die Buhne. Im Jahre 1586 entfernte er sich plötzlich au? Stratford und zog nach London. — lieber sein erstes Leben in London liegt wieder-, um ein verhüllender Schleier; die Sage läßt ihn die niedrigsten Dienste verricht.», so soll er an fänglich den Theaterbesuchern d e Pferde gehalten, als Gehülse des Souffleurs das Zeichen zum Her austreten in die Scene gegeben haben u. a. m. Er muß aber sehr bald Loch in bessere Verhältnisse gekommen sein, denn schon nach 3 Jahren, 1589, tritt er als Mitbesitzer des von Green geleiteten Black-Friars-Thecucrs und später des Globc-Thea- terS auf. Um diese Zeit beginnt sein dichterisches Schaffen, welches seinen Namen bald zu einein in ganz England bekannten und ihn wlbst zum Lieb ling des gapzen Volkes, von der Königin hinab bis zu den nicdccn Schichten, macht,. Uebcrall wurden seine Theaterstücke gespielt und steis mit Jubel ausgenommen. Hatte doch die unnachahmliche Figur Falstaffs die Königin Elisabeth so ergötzt, Laß sie den Dichter bäten ließ, di.selbe nicht schon zur Ruhe gehen zu lassen, sondern sie auf der Bühne nochmals in's Leben zu erwecken und so entstanden „die lustigen Weiber von Windsor." — An Glück und Freude scheint indessen doch sein Leben niemals, selbst in dieser Zeit seiner Wohl habenheit, sehr reich gewesen zu sein. Wie die Frauenliebc schon den Jüngling, zeitweilig zwar sehr beglückend, Loch viele Schmerzen bereitet hatte, so scheint sie auch dem Manne im reiferen Alter noch viel Herzeleid und bitteres Ungemach bereitet zu haben. Wer freilich jene Maiys und Rosalindcn waren, man har zwar viel und seltsam darüber gefabelt, das hat man nie bestimmen können. Aus seinen Sonetten ist der große Dichter noch am ehesten zu enträtbsiln, denn in ihnen tritt er uns, wie Bodenstedt r.cht bezeichnend sagt: „menschlich nahe im W.chfel trüber und heiterer Stimmungen, in Leidenschaften, Schwächen und Irrungen." In einzelnen seiner Sonetten, von Lenen die meisten für d.n Giafen Southampton, der erha ben über alle Vorurtheile und Engherzigkeiten mit dem von vielen verachteten Komödiant Shakespeare den freundschaftlichsten Umgang pflegte, beweint er eine schwere Schuld, klagt über schwer zu zäh mende Leidenschaften, fühlt sich in Gram und Kummer und tiefster Schwermuth, grübelt melan cholisch über die Nichtigkeit der irdischen Dinge, wird wild ergriffen von Gedanken an Vergänglich kot und Verwesung, peinigt sich oft bis zur Selbst verachtung über die Makel seines verrufenen Standes. In anderen Gedichten spricht sich der glühendste Durst nach Fortdauer, Ruhm und Unsteibtichkeit aus, hier und da auch ein fast patriarchalischer Familiensinn. Tiefer Schmerz mag sein väterli ches Herz zerrissen haben, als sein einziger Sohn Ham- nei im 12. Jahre starb. — Durchaus nicht auf An dere stolz hcrabblickend, blieb er immerdar bemü- thig und bescheiden, dabei war er im geselligen Verkehr ein wahres Muster von Licbenswüidigke't, voll treffenden, scharfen, aber nie beleidigenden W tzes, daher auch sein Umgang gesucht wurde, nicht blov von seinen Sland.sgenoffen, sondern auch von Hochgestellten und Edellcuten. So hatte er denn 28 Jahre getrennt von den Seinen verlebt, nur sehr selten hatten ihn Weib und Kinder b.sucht; 37 dramatüchc We ke, die noch heute nach 300 Jahren als Muster gelten und deren Ruhm wohl noch länger dauern wird, waren im Laufe dieser Zeit entstanden, — gar manches Herrliche konnte man noch hoffen, da plötzlich, ergriffen von einem tiefen Heimweh nach jenem trauten Erdenflecke, wo einst seine Wiege stand, angeekelt von der glänzenden und hinter Glanz und Pracht, Täuschung und Echmerz ver bergenden Welt, gerührt von der ausdauernden Treue seines Weibes, an der er nun vielleicht noch gut machen konnte, was der Jüngling einst ver schuldet , zog er sich von London und aller Thä-