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gewaltigen Jndicnfahrern durch. An einer bestimm ten Stelle legen qualmausbauchend, zischend und weithin Wellen werfend die Räder« und Schrauben dampfer an. Ihre Schlote bilden eine eigen!hümlichc Reihe schwarzer Säulen, von den dunkeln Niesen an, welche aus Newyork, London, Hüll, Amster dam und Havre kommen, bis zu den kleinen, bis weilen winzigen, meist bunt «»gestrichenen Elbfahrcrn und Schleppdampfern herab. Draußen in der freien Elbe, die hier reichlich fünfmal so breit als bei Dresden ist, durchziehen Ever mit ihrem dunkclroth gefirnißten Segel die Flnlhen. Jeden Morgen laufen ganze Geschwader dieser von den großen volkreichen Elbinseln und vom hannoverschen Ufer herüber kommenden Fahr zeuge in den Binnenhafen ein, um die Stadt mit Gemüsen, Früchten, Fischen und besonders mit Milch zu versorgen. Unter ihnen machen sich besonders die schlanken, hochgeschnäbeltcn Blankenescr bemerk lich, die wegen ihrer Segclfertizkeit berühnit sind. Wir lassen uns wieder ans Ufer.rudern und mischen uns in das Gedränge, welches am Bohl werk herrscht. Dw mannigfaltigsten Laute schlagen an unser Ohr, hier ertönt rauher, stoßweiser Ge sang, der das Aufwinden schwerer Lasten begleitet. Da heben Matrosen mit einem halb plattdeutschen, halb englischen Liede, von dem wir nur die Worte: „Hurrah, mx tzo^s!" verstehen, den Anker, eines zum Absezeln bereiten Schiffes. Dort zanken sich eine Gruppe Amerikaner mit einem Haufen Fran zosen, und e'nem „606 stamm ^vur dloostx exes!" folgt ein schnarrendes .^oustro"! Da wieder singt ein ilnicnischcr Sch-ffskoch vor seiner Kombüse eine weiche Canzcne seiner südlichen Heimath, dort endlich klappert eine dänische Matroscnzungc ihre übel klingende Sprache; häufig begegnen uns wieder Mulatten und Neger, silberne Rmge an den Ohren und Fingern, rolhe Hemden an und Glanzmützen oder zerknülle Panamahütc auf, und wir de- ken von neuem an die Baumwolle vom mexikanischen Golf und an den Reis vom Ganges und Indus. Am Heitersten ist der Anblick des Hafens am Sonntag bei schönem Wetter, wenn alle Schiffe ihre Flaggen und Wimpel aufgezogen haben. Da und dort wehen Hamburgs zinncngekrönte weiße Thürmc im rothen Felde, dort wieder flattert Großbritanniens scharlachroihe Flagge mit dem blau und weißen Andreaskreuz. Hier die dreifarbige Flagge bezeichnet einen Franzosen, da die andere einen Russen. Dort die gelbe Flagge mit dem rochen Rand wehte einst über den Silbcrflottcn Spaniens und über seiner Armada, mit der sein Ruhm im deutschen Meere versank. Hier der Sternenbanner Nordamerikas, da die gelbe Flagge mit dem blauen Kreuz, das Panier der schwedischen Marine, da Preußens schwarzer Adler auf weißer Flagge, dort der Danebrog, das weiße Kreuz in rochcm Feld, nicht blos die Flagge dänischer, sondern auch mit des durchlauchtigen deutschen Bundes Hille wiederum die Flagge schles wig-holsteinischer Schiffe. Der Karneval in Mainz. (Mit Abbildung.) Wenn cS bei uns in Sachsen auch recht heitere Leute gicbt: die allgemeine Lustigkeit und Lebhaf tigkeit des Volkes, wie sie. in Süddeutschland und am Rhein sich bei den mannigfachsten Gelegenheiten öffentlich zeigt, fehlt uns. Wir halten im Karne val wohl auch Maskenbälle. Es finden sich da auch Masken, die mit ihrem Witz und ihrer Lust die andere Gesellschaft hinreißen; aber diese Mas kenbälle sind keine öffentlichen Volksfeste, sondern thcnre Vergnüge» für Einzelne. Das Volk, das nicht in den Ballsaal kann, hat nicht einmal das Zusehen und durch das Zusehen Thcil an der Lust zvd Freude. Anders ain Rhein. Da wird der Karneval wie in Italien zum großen Theil auf öffentlicher Straße abzchalten. Wenigstens am Schluffe des Karnevals wird ein öffentlicher Masken aufzug veranstaltet, der, eben weil er ein öffent licher, auf Straßen und Plätzen ist, auch dem Acrmsten Gelegenheit gicbt, zu schauen, zu lachen. zu jubeln. Diese öffentlichen Maskenaufzüge ent wickeln gewöhnlich viel Witz und Laune. Die Modethorhcilcn, die gesellschaftlichen wie die poli tischen, werden da recht ungenirt gegeißelt. Die Polizei rcspeklirt die Maskenfreiheit und — lacht mit. In Mainz besteht eine Gesellschaft „Na ri tz al la," die alljährlich LicKarnevalsfeier in die Hand nimmt, einen öffentlichen Maskcnaufzng veranstaltet und schon vorher durch Berachungen, Aussätze in öffentlichen Blättern, wie durch Plakate daö Volk dar auf vorbereitet und das Verständniß der Masken scherze auch den ferner Sichenden ermöglicht. Sehen wir uns den dortigen Maskenaufzug vom letztver- gangcnen Karneval einmal an! „Die Zeit istkrank!" Dies war dicGrnnd- idec der diesmaligen Faltnachtsdarstellung. Jene zu heilen, hatte Prinz Karneval in närrischer Huld beschlossen und zu diesem Zwecke seine Residenz