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mit England und Frankreich ein Bündniß, vermöge dessen Sardinien t 5,000 M. zum Kriege gegen Rußland ia die Krim sckickke. Dort nahmen die sardin. Truppen mit Auszeichnung Theil an der langwierigen und gefahrvollen Belagerung von Sebastcpcl, lernten den Krieg gründlich kennen und bildeten nachher de« krieg«, erfahrnen Kern für die reergamsirte sardinische Armee. Lei der pariser Konferenz im Frühjahr l856, die den Frieden mit Rußland berietb und feststellte, und an der die Bevollmächtigten aller Großmächte Theil nahmen, sicherte sich Cavour se nen Platz trotz den Protestationen Oesterreichs. Hier war eS, wo er zuerst die Ansprüche Italiens geltend machte und die Aufmerksamkeit der Mächte auf dessen Lage lenkte. Zwar errang er scheinbar keinen Erfolg bei der Konferenz. Allein der von ibm ausgestoßenr „Schmerzensschrei Italiens^ tönte fort und fort, bis er zum Bündniß mit Frankreim und im Frühjahr 1859 zum Kriege mit Oesterreich, zur Eroberung der Lombardei und Annexion der italienischen Her zogtümer, Lostana, Parma, Modena und eines Theils des Kirchenstaates, — aber auch zur Abtre tung Savoyens und Nizzas an Frankreich führte. Da nabm Garibaldi — der Hel» Italien«, wie Cavour der Staatsmann — die Sache der weiten, Einigung seines Vaterlandes in die Hand, eroberte mit einer Handvoll Tavferer Sizi'ien und Neapel, und legt« Alles dem Könige Victor Emanuel zu Füßen, ohne irgend einen Vvrtheil für sich selbst. Ein sardinisches Heer setzte die Eroberungen fort, die Garibaldi so kübn und glücklich begonnen. Und heute ist nur noch die Stadl Rom mit ih en näch sten Umgebungen unter dem gefährlichen Schutze Frankreich« im Besitze der päpstlichen Regierung, wie Venetien mit dein vielbesprochenen „Festunqsv-erreck" im Besitze Oesterreichs. Der Zusammentritt des italienischen Parlaments, das voll.nd.ke Königreich Italien waren die Ziele, di« Cavour sich gesetzt barte, als sein Varerland lief gedemürhigt war. Er l alle eben diese Ziele erreicht, als »ach einer Krankheit von wenigen Lauen der Tod den groben ikalierischin Staatsmann am 6. Juni 186t adrief. Baron Bettino Nicasoli, Minister des Königreichs Italien. (Mit Abbildung.) Der Tod Cavour'« hat das neu erstandene Königreich Italien seines größten Staatsmannes be raubt. Mancher zwar von den irm überlebenden Männern bat sich große Verdienste um sein Vater land erworben; viele besitzen die ausge»e»chi>eksten Eigenschaften des Herzens Und des Geistes: keiner aber kann sich als Politiker mil Cavour messe»:; wenige nur kommen als Staatsmänner ibm nabe. E>ner dieser Wenigen ist Bekimo Ricasolr. Und dieser ist von Viktor Emanuel mir der schweren Aufgabe betraut worden, das Werk Cavour's fonzusetzen. Die Familie Ricasoli ist longobardiscken Ur sprunges und heißt eigentlich Firidrlfi. Ein Zweig dieser FaM lie nahm 'M l4. Jahrhundert« den Na men Ricasoli an von einem gleichnamigen Schlosse. Es wird behauptet, in der Familie fei eine de. sondere Karakte-Härte, ein geschichtlicher Eigensinn erblich und auch das Ecktbeil des jetzigen Ministers geworden. Als er 7 Jakre all war, legte ibm sein Lehrer für irgend ein Vergeben di« seltsame Strafe auf, sich mit dem Kopfe zur Eide zu beugen und mit der Zunge das Zeichen des Kreuzes auf dem Pflaster zu beschreiben. Der kleine Betlino weigerte sich dessen hartnäckig- und als der Lekrer daraus bestand, erklärte er: „Das paßt sich für Be st en. Ich tbue es nickt!" Und er tbat es nickt. Von Stund' an konnte d-ese Strafe in der Erz-chungs- anstatt der sreves iZuorsnliiis nicht mehr verhängt werden. Bettino Ricasoli keiratbete jung und lebte als estriger Landwind auf seinem Gute Broiio gl'ck- lick. bi« der Tod ibm seine (H. tk-n raubte die ihm eine e.nzige Lockte- hinreiließ. Von da an lebte er selten noch auf semem Gute. Er zog nach Florenz, wo er in innigen Verkehr mil den ve-da'-men Pa trioten aus Neapel trat: mit General Pepe, Mit dem Gesckichrschiebcr Celleta, mttPgLrio. Doch 'inierschied er sich damals noch von diesen insofern, als er, cm Gegner von Volksbewegungen, das Heil deS Ganzen nur von oben erwartete. In diesem Sinne verfaßte er eine Denkschrift an den Großher- zog von Toskana über die Mängel seines Regierungs systems und über die Mittel, ihnen abzuhelfen. Oie Erfolglosigkeit dieses Schrittes scheint ibm das' Un haltbare ferner Ansichten augenscheinlich gemacht z.l haben. Daraus auch ist eS erklärlich, daß «r zu der durch Pius IX. selbst unm'ttesdar nach dessen Er wählung zum Papste anaeregten freieren Bewegung kein Zutrauen fassen konnte. Er schrieb damals: „Der Klerus ist im Allgemeinen weder gelehrt, noch wahrhaft moralisch und obendrein zu zahlreich. Er