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der Milita'irgewall hatte die Bürger erbittert. Der Abend brachte sehr ernste Collistonen, vorzüglich am Schießplatz. Der General v. Psuel redete die tu- mulluicende Menge wiederholt an, worauf ein wildes Toben und Drängen erfolgte. Hierauf wurde Be fehl zu einem scharfen Einhauen gegeben und auch vom Volke auf'« Militair geschossen. Ein wahres Gemetzel entspann sich, so daß auf beiden Seiten Tobte und Verwundete sich vorfanden. Auf einzel nen Punkten waren Barricaden errichtet und man plünderte di« Waffenläden. Es waren vorzüglich die Ereignisse in Wien, die sich hier überall unter.den größer» Volkshaufen verbreiteten und eine bedeutende mißliche Stimmung hervorrieftn. Die Stadtverordneten hielten eine öffentliche Sitzung, in welcher die B'ldung von sogenannten Schutzcommissionen verhandelt wurde. Die Schutz» commissionen, die unbewaffnet sind, sollten auf fried lichem Wege die Gemülher beschwichtigen; doch versprach man sich von ihnen nicht die gehoffte Wirkung; deshalb wurde in einer Bürgerversamm lung die Organisirung einer Bürgergarde berathen, welches Vorhaben bei der Behörde den gewünschten Anklang nicht sand. Die Studentenschaft wollte sich zu einem bewaffneten akademischen Corps form!- ren, zu welchem Awecke auch von Halle einige Hundert Studenten ankamen. Man begegnete viel-n Leuten, welche die Hüte mit schwarz, rvth. goldenen Cccarden geziert hatten. Die in den letzten Tagen vorgefallenen Unruhen und ihre Folgen sollten durch eine gemischte Commission, bestehend aus Militair- und Civilrichtern, abgcurtheilt werden. Den 18. Mittags 3 Uhr. Das Volk war fürchterlich erbittert- Auf dem Schießplätze wurde scharf eingehauen. Die Minister v. Thiele, Eichhorn, v. Savigny sind abgetreten; v. Auerswald, Becke rath und Camphausen sind Minister geworden. In der Königs- und Jägerstraße wurden Barricaden errichtet, hinter welchen das Volk aus- erbittertste kämpfte. Nachmittags 4 Uhr gingen die neufschateller Truppen zum Volke über. Es wird mörderisch fort- gekämpft. Von den Dächern herab wurden Steine geschleudert, siedendes Pech und Del gegossen. Eine Caserne war im Besitze des Volkes, welches verlang te, daß das Militair die Waffen streckte. Es wurde «in Patent wegen beschleunigter Einberufung des vereinigten Landtages veröffentlicht, in welchem der König seine W llensmeinung prokla miere, welche wesentlich verändert von seinen früheren berüchtigten Ansichten war. Die Ereignisse in Wien und die Unruhen in de-- eigenen Stadl zwangen ihn, ,',sich imponiren zu lassen" und Concessionen zu machen. S^e halfen nichts mehr; es war zu spät. Es erschien ein Preßgesetz, aber mit so harten Bestimmungen, daß die Berliner dies Geschenk nicht annehmen konnten, da es sogar noch härter als die frühere Censur war. Das Volk schien gleichwohl beruhigt zu sein; jedoch beim Auseinandergehen traf dar Volk mit dem Militär zusammen, zwei Gewehre gingen los,- und das Volk glaubte sich verlachen. Der Stra ßenkampf entbrannte- von Neuem. In d.n nach dem Schlosse ausmündenden Straßen wurden Bar rikaden errichtet; die Artillerie begann zu feuern, und es dauerte ein gräßlicher Kampf bis zum Morgen fort. Ein Wagen verwundeter Soldaten nach dem andern kam nach der Charite. Den 19. hatten die Unruhen am Morgen ihr Ende erreicht. Früh 7 Uhr wurde folgende Ansprache an die Einwohner gerichtet: An meine lieben Berliner! Durch mein Einberu- fungspatent vom heutigen Tage habt ihr das Pfand der treuen Gesinnung eures Königs zu euch und dem gcsamm- ten Vaterlandc empfangen. Noch war der Jubel, mit dem unzählige treue Herzen mich begrüßt hatten, nicht verhallt, so mischte ein Haufen Ruhestörer freche Forde rungen ein und vergrößerte sich in-dem Maße, als die Wohlgesinnten sich entfernten. Da ihr arges Vordringen bis in's Portal des Schlosses mit Recht arge Absichten befürchten ließ und Beleidigungen meiner tapfer» und treuen Soldaten auSgestoßen wurden, mußte der Platz durch Cavalerie iw Schritt und mit eingestcekter Waffe gesäubert werden, und zwei Gewehre der Infanterie ent luden sich von selbst, Gott Lob! ohne irgend Jeman den zu treffen. Eine Rotte von Bösewichtern, meist aus Fremden bestehend, die sich seit einer Woche, obgleich ausgesucht, doch zu verbergen gewußt hakten, haben diesen Umstand im Sinne ihrer argen Pläne durch augenschein liche Lüge verdreht und die erhitzten Gemüther von vielen meiner treuen und lieben Berliner mikRachegedanken um vermeintlich geflossenes Blut! erfüllt, und find so zu den Urhebern des Blutvergießens geworden. Meine Truppen, eure Brüder und Landsleute, haben erst dann von der Waffe Gebrauch gemacht, als sie durch viele Schüsse aus der KönlgSstrafie dazu gezwungen wurden. DaS siegreiche Vordringen der Truppen war die Falze davon. An euch, Einwohner meiner geliebten Vaterstadt, ist cs jetzt, größer»; Unheile vorzubeugen. Erkennt, euer König und treuester Freund beschwört euch darum bei Allem, was euch heilig ist, den Jrrthum. Kehrt zum Frieden zurück, räumt die Barricaden, die noch stehen, hinweg, und ent sendet au mich Männer, voll des echten alten Berliner