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Seitdem sind die Russen auf denselben Wegen, auf denen fie vor einem Jahre kampflustig und übermüthig vorschritten, ganz klcinmüthig und still über den Pruth zurückgegongen. Hinter diesem Rückzüge steckt ein Gcheimniß, aber ein offen kundiges. Oesterreich hat den Russen gesagt: Fort mit Euch aus den Donaufürstenthümern, und geht Ihr nicht willig, so brauch' ich Gewalt. Da nun an der Grenze Z00/)00 Oesterreicher stehen, die den Russen in jedem Augenblicke in den Rücken fallen konnten, so yat Paskewitsch den österreichischen Marschbefehl befolgt. Was wird nun weiter? Nächstes Jahr, lieber Leser, werden wir es wissen. Was haben denn aber Frankreich und England, die mit Rußland doch auch im Kriege sind, gethan? Zuerst—, das Beste muß man immer zuerst nennen — haben sie ihren Verbündeten, den Sultan, bestimmt, den Christen seiner Län der die vollen Bürgerrechte zu geben. Dann haben sie den Russen das schwarze Meer versperrt. Von der französisch englischen Flotte unterstützt, haben die Türken sich mit großer Sicherheit bewegen können, während die Russen, denen die außerordentlich wirksame Hülfe ihrer Flotte von 1829 fehlte, wie an einem Arme gelähmt waren. Das Alles will aber noch nichts sagen gegen den Schaden, den die Engländer und Franzosen in Asien zugesügt haben. Alle die Fort schritte, welche die Russen seit fünfzig Jahren gegen die Lscherkeffen erfochten haben, sind mit einem Schlage ver nichtet. Sie selbst haben die schönen Festungen an der Küste in Brand gesteckt, und die GebirgSvölker bl fitzen nun die freie Schifffahrt, die sie so lange erstrebt haben. Will der Kaiser seinen Heeren in Transkaukasien Mannschaften, Kriegs bedürfnisse und Geld schicken, so muß er den Weg entweder mitten durch das wilde Gebirge oder über das kaspische Meer nehmen, was beides Zeitverlust und noch mehr Kosten verursacht. Das haben die Engländer und Franzosen im schwarzen Meer gethan, von ihren Thaten auf der Ostsee schweigt die Geschichte. Ein paar russische Schiffe mit Talg oder Hans kapern, bis auf Kanonenschußweite an Kronstadt heranfahren, dann aber schleunigst umkehcen, hier und da an den Küsten landen und den armen Finnen ihre Vorräthe «n Holz und Theer verbrennen, das sind keine Heldenthaten. Da geht es in einem andern Lande munterer her, ich meine in: Spanien. Die wie vielte Revolution die Spanier seit 1820 eben jetzt fertig gebracht haben, will ich nicht verrathen. Eigent lich ist es jenseits der Pyrenäen seit 1809 immer kunter bunt hergegangen, und von Ruhe und Ordnung hat sich nie viel spüren lassen. Es ist ein merkwürdiges Ding. Wir in Deutschland haben von unsern beiden Revolutionen, die doch zu Grunde gegangen sind, Vorthelle gehabt, und den Spaniern haben ihre Revolutionen, die fast ohne Aus nahme geglückt sind, Schaden gebracht. Das kommt daher, weil unsere Regierungen, obgleich ihnen das Revolutions machen nicht gefällt, gedacht haben, wo ein Rauch aufsteige, da müsse ein Feuer sein, und weil sie die Mißbräuche, durch welche die Unzufriedenheit größtenthcils hervorgerufen wor den war, abgcstellt haben, wogegen die Spanier nach jeder Revolution nichts gethan haben, als diesen oder jenen Satz der Verfassung ändern, die "Besiegten aus allen Aemtern vertreiben und sich selbst behaglich einrichten. Viel liegt auch an den Rcgenren, die bei uns die besten Absichten ha ben, und in. Spanien — na: von gekrönten Häuptern soll man Nichts lieblos reden, aber wenn einmal die Königin Christine von Spanien stirbt, dann wird es ihrem Hofpre diger blutsauer werden, an - ihrem Sarge eine Leichenpredigt zu halten, in der viel Lob vorkommen darf. Vor etwa hundert Jahren saß auf dem spanischen Thron eine Königin, Elisabeth Faranda hieß sie, die um ihren Kindern Land und Leute zu verschaffen, nichts als Unfrieden stiftete. Das ist die würdige Vorgängerin der jetzigen Köni gin-Mutter. Land und Leute will diese nicht, weil sie von beidem Nichts bekommt, aber sie will Geld, viel Geld, weil sic der Kinder viele hat. Sie hat Millionen zusammen gebracht und hat noch immer nicht genug. Mr geldfreund liche Königinnen hat eine Verfassung mit ihren verantwort lichen Ministern und neugierigen Abgeordneten etwas Un bequemes. 1848 kam ein Schreck in die alternde Dame; den überwand sie mid dachte seitdem nur an einen Staats streich. Sie hatte schon manches', was ihr im Wege stand, weggeräumt, manches vorbereitet, und die Spanier blieben noch immer still. Aber traue Einer den Don's, von denen man, wenn sie unter den Mantel fahren, nie weiß: greifen sie nach dem Geldbeutel, oder greifen sie nach dem Dolche! Bisher hatten sie auf Christinens Geheiß immer den Geld beutel gezogen, und plötzlich zogen sie den Dolch. Einer der besten Generale, O'Donnel, fing an, und sein Beispiel war ansteckend, wie das Gähnen in einer Berliner Thecgesellschaft. Zuletzt zogen Soldaten und Bürger nach Sogrono, wo der Siegesherzvg Espartero wohnte, und stellten ihn an die Spitze des Aufstandes, damit er das Land rette. Wie Chri stine das hörte, daß ihr alter Feind, der erst sie und den dann sie aus Spanien gebracht hatte, das Heft in den Hän den habe, verschwand sie in den Kellern ihres Schlosses und ließ ihrer Tochter, der armen Königin Isabella, freies Spiel. Isabella machte mit dem Siegesherzvg Frieden, und nun werden wir sehen. Das läßt sich von Espartero sagen, daß er genau weiß, was Spanien Noth thut. Als er Regent des Landes war, ordnete er die Finanzen, verminderte die Kosten des Heers um die Hälfte, schuf eine gute Gerichts verfassung, machte die Gemeinden selbstständig, sorgte für Handel und Gewerbe, baute Wege, paßte den diebischen Beamten auf die Finger, hielt überall auf Ordnung und — wurde aus dem Lande gejagt. Japan. Das vorige Jahr zeigte der Kalendcrmann, wie die Chinesen sich unter einander Köpfe und Zöpfe abschneiden. Heuer müssen wir noch ein Stück weiter auf der Landkarte rücken und den Herren Japanesen einen Besuch abstatten. Nachdem China sich dem Handel geöffnet hatte, war voraus- zusehen, daß Japan seine Thore" auch nicht mehr lange ver schlossen halten könne. Jetzt stehen sie offen, und zwar haben die Nordamerikaner aufgeschlossen. Merke sich der geehrte Leser, daß nunmehr das letzte Land, welches sich für sich hielt, in den Weltverkehr gezogen worden ist. Wie lange ist es her, als die ganzen mohamedanischen Länder am Mittelmeer, als das ganze spanische Südamerika, als China und Hinlerindie» Schloß und Riegel vor ihren Verkehr leg ten, und jetzt bildet der Welthandel eine Kette, die um den ganzen Erdball läuft. Das hat der lange Friede bewirkt,