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»» Politische Weltschau. Der Kaiser hielt im Beisein einiger fürst- lichrn Jagdgäste, unter ihnen die Prinzen Hein rich von Preußen, Ludwig von Baiern und Albert von Sachsen-Altenburg, am Freitag und Sonnabend größere Hosjagden in den Letzlinger Forsten (Hannover) ab. Die neue Reichstagssession hat zunächst nur die bei Beginn jeder Tagung üblichen geschäftsmäßigen Sitzungen gebracht. Die erste .derselben, die am Donnerstag nach dem Eröff- nungSalte stattgefundene, war rein formellen Charakters und galt lediglich der Feststellung der Beschlußfähigkeit des Hauses. In der Sitz ung vom Freitag wurde die Wahl der BureauS vorgenommen; auf Vorschlag des Abgeordneten Grafen Hompesch erfolgte die Wiederwahl des bisherigen Präsidiums durch Zuruf, es sind demnach die Herren von Levetzow (kons.) als Präsident, Freiherr von Buol (Centrum) als erster Vizepräsident und vr. von Bürklin (nat.- lib.) als zweiter Vizepräsident bestätigt. Ebenso wurden die sämmtlichen Schriftführer der vorigen Session durch Zuruf wiedergewählt. Zu Quästoren berief der Präsident die Abgeordneten vr. Bötticher und Rintelen. Nachdem die Anträge auf einst weilige Einstellung der gegen verschiedene Mit glieder des Hauses schwebenden Strafverfahren debatteloS gutgeheißen worden waren, entspann sich über den Vorschlag des Präsidenten, die nächste Sitzung auf Montag, den 20. d. M., anzuberaumen und an genanntem Tage mit der Berathung der neuen Handelsverträge zu be ginnen, eine angeregte Geschäftsordnungsdebatte. Dieselbe endete damit, daß das HauS an Stelle des Vorschlages des Präsidenten einen Antrag des Abgeordneten Bachem annahm, wonach die nächste Sitzung am kommenden Donnerstag statt findet, mit der ersten Lesung der gedachten Ver träge als Tagesordnung. Dem Reichstage ist bereits ein ganzes Bündelvon Initiativanträgen auSdemHause unterbreitet worden, im Ganzen ca. 30. Unter ihnen befinden sich der vom Centrum schon wiederholt eingebrachte Antrag auf Aufhebung des sogenannten Jesuitengesetzes, sowie die gleich falls vom Centrum gestellten Anträge auf Revi sion der Gewerbeordnung, Errichtung von Arbeiterkammern und Ermittelung der Wirkungen der elsstündigen Arbeitszeit bei Frauen, ferner Anträge der Konservativen, betr. das Verbot der Einwanderung über die Reichsgrenzen für nicht reichsangehörige Israeliten und betr. die Revision des Alters- und JnvaliditätSgesetzeS behufs Ab stellung der beim Markensystem hervorgetretenen Mißstände, und weiter Anträge der Elsaß-Loth ringer, welche sich auf Einführung des Rcichs- 'preßgesetzes in Elsaß-Lothringen und Uebertrag- ung der bislang dem Reichskanzler zustehenden Befugnisse für die Reichslande auf den Statt halter beziehen. Die Erwartung, daß der Reichstag bei seinem Zusammentritte auch die Steuervorlagen vorfinden würde, hat sich nicht bestätigt; die ge nannten Vorlagen konnten dem Parlamente zu diesem Zeitpunkte einfach deshalb noch nicht zu gehen, weil sie noch den Plenarverhandlungen seitens des Bundesrathes unterlagen, sie werden aber wohl dem Reichstage bis zur nächsten Sitzung zugehen. UebrigenS bricht die „Nordd. Allg. Ztg." in einem hochoffiziösen Artikel noch mals energisch eine Lanze für die schwebenden Reichssteuerprojekte. Besonders bemüht sich das genannte Blatt hierbei, den Borwürfe», daß diese Projekte nicht im Einklänge mit den seinerzeit erfolgten Ausführungen des Reichskanzlers über die bezüglichen Pläne der verbündeten Regierungen stünden. Speziell erinnert die „Nordd. Allg. Ztg." an folgende Auslassungen des Kanzlers: „Wir haben drei Grundsätze hingestellt: Einmal wollen wir versuchen, die Börsensteuer, an der auch allerlei Bemängelungen gemacht waren, anders und ergiebiger zu gestalten. Dann wollen wir versuchen, die Steuern, deren wir bedürfen, auf die leistungsfähigsten Schultern zu legen, die schwächeren Kräfte, Hu schonen und endlich, wollen' wir, angesichts der schwierigen Lage, in der sich die Landwirthschaft befindet, das landwirthschastliche Gewerbe von neuen Steuern freilassen." Der Zollbeirath wird dieser Tage in Berlin abermals zusammentreten, um sich weiter über die beiderseitigen Forderungen und Zuge ständnisse in den deutsch-russischen Handelsver- ^rägsunterhändlunge^^^^ü^ern^Uebe^de^ Stand der letzteren lausen noch immer sehr widersprechende Gerüchte um, so daß allen Mit theilungen in Betreff Vieser Verhandlungen gegen über große Vorsicht geboten ist. .Die Etatstärke des deutschen Heeres für das Jahr 1894/95 ist auf 22,534 Offiziere, 77,883 Unteroffiziere, 479,229 Gemeine, 2069 Militärärzte, 1102 Zahlmeister u. s. w., 578 Roßärzte, 1060 Büchsenmacher und Waffen meister, 93 Sattler und 96,844 Dienstpferde festgesetzt. Aus Graz, der freundlichen Hauptstadt der Steiermark, kommt die Kunde von dem daselbst erfolgten Ableben des österreichischen Infanterie- Obersten Grafen Hartenau oder Prinzen Alexander von Battenberg, des ehemaligen Bulgarenfürsten; derselbe ist den Folgen einer heftigen Blinddarmentzündung nach nur kurzem Krankenlager erlegen. Eine eigenthümlicheLebenS- lausbahn ist mit dem Hinscheiden Alexanders von Battenberg zum Abschlüsse gelangt, eine Persön lichkeit hat mit ihm geendet, die einst die Augen von ganz Europa auf sich zog und berufen zu sein schien, eine besondere Rolle in der europä ischen Politik zu spielen. Alexander Prinz von Battenberg wurde am 5. April 1857 als zweiter Sohn des Prinzen Alexander von Hessen-Darm stadt und der Prinzessin Josefine von Battenberg in Darmstadt geboren und trat zuerst in das hessische Dragoner-Regiment Nr. 24 als Lieute nant ein. 1877 machte er dann im Haupt quartiere des Großfürsten Nikolaus den russisch türkischen Krieg mit und nach dessen Beendigung trat er in das preußische Elite-Regiment der GardeS du Corps ein. Am 29. April 1879 wurde der bisherige preußische Gardelieutenant von der bulgarischen Nationalversammlung zu Tirnowa einstimmig zum Oberhaupte des neu geschaffenen FürstenthumS Bulgarien gewählt und als solches von den Berliner Tractmächten bestätigt. Am 8. Juli 1879 hielt der neue Fürst seinen feierlichen Einzug in die alte Krönungs stadt der früheren Herrscher Bulgariens, seine Residenz jedoch schlug er in Sofia auf. Fast von Anfang seiner Regierung an mußte Alexander mit russischen Jntriguen in seinem Lande kämpfen, da er sich als bloßes Werkzeug Rußlands nicht gebrauchen lassen wollte; eine Zeit lang sah er sich sogar zur Duldung einer Art russischen Nebenregierung unter dem berüchtigten General Kaulbars genöthigt. Im September 1885 über nahm er die Herrschaft über Ostrumelien und errang er dann in dem sich hieraus entwickelnden serbisch-bulgarischen Kriege die glänzenden Siege über die Serben bei Pirot und Slivnitza, bis der österreichische Einspruch der Siegeölaufbahn des Bulgarenfürsten ein Ziel setzte. Im August 1886 wurde Alexander von in russischem Solde stehenden Verschwörern hinterlistig in Sofia ge fangen genommen und fortgeschleppt; zwar rief ihn sein Volk zurück, doch verzichtete er am 7. September des nämlichen Jahres auf den bul garischen Thron und trat zunächst inS Privat leben zurück. 1889 vermählte er sich mit der Sängerin Johanna Loisinger, nachdem da- Pro jekt einer Verbindung des ehemaligen Bulgaren fürsten mit der Prinzeisin Viktoria von Preußen an dem energischen Widerspruche Bismarcks gescheitert war. 1890 trat er in die österreichische Armee ein, indem er zugleich den Namen eines Grasen Hartenau annahm. Im 37. Lebensjahre ist nun mehr Alexander von Battenberg dahingeschieden, seinen Namen aber wird die Nachwelt gewiß immer in Ehren halten. Der Besuch des Grafen Kalnoky am ita lienischen Hofe in Monza bildet noch immer Gegenstand lebhafter Erörterungen in der poli tischen Tagespresse Europas. Ueber den eigent lichen Zweck dieser ziemlich überraschend erfolgten Reise sind sehr verschiedene Muthmaßungen laut geworden. U. A. wüßte der als offiziös geltende „Popolo Romano" zu melden, die Audienz des genannten maßgebenden österreichischen Staats mannes beim König Humbert habe mit dem Plane eines Besuches des präsumtiven öster- rüchlschen Thronfolgers, deS Erzherzogs Franz Ferdinand, in Rom zusammengehangen. In einer römischen Korrespondenz her Wiener „Pol. Korresp." wird indessen diese Kombination ent schieden znrückgewiesen, wie ebenso alle sonstigen, Folgerungen, die an die Wonzaer Reist' des Grafen Kalnoky geknüpft worden sind, und ver sichert, dieselbe bedeute lediglich einen Act der — Der sächsische Erzähler. Sette ». ' Herzlichen MW den Gemeinden Goldbach, Kleindrebnitz, der Stadt Bischofswerda, den Gemeinden Großdrebnitz, Harthau, BelmSdorf, GeißmannSdorf, Bühlau und- Frankenthal, welche bei dem am 18. d. M. ausgrbrochcnen Feuer uns so schnelle Hilfe leisteten. Möge Gott einen Jeden der Gemeinden vor solchem> UnglückSsall bewahren. W e i ck e r S d o r f. Vor ^öfilchkc!t^^ebenfä^^ät^nän^?a?er*!^dem' Vorgänge mit einer erneuten Bekundung des intimen Verhältnisses zwischen Oesterreich-Ungarn > und Italien zu thun. Der große Streik der englischen Berg leute kann,durch die Vermittelung der Regierung als einstweilen beendigt betrachtet werden. Jn> der im Londoner Auswärtigen Amte unter Vor sitz des Ministers Lord Roseberry stattgesundenen Konferenz der Vertreter der Grubenbesitzer und der Bergleute wurde ein Abkommen dahin erzielt,, daß die Bergleute die Arbeit am Montag wieder ausnehmen und bis Februar zu den alten Löhnen fortsetzen sollten. Im Februar wird dann ein VersöhnungSrath zur Beilegung der speziellem Streitfragen gebildet werden. Die Mahdi st en regen sich wieder einmal. OSman ASrak griff mit 300 Mann Derwischen die egyptischen Vorposten an den Murat-- Brunnen südlich von Wady-Halfa an. Die An greifer wurden nach 24stündigem erbitterten Kampfe zurückgeschlagen, sie verloren 29 Tobte,, die Egypter hatten 13 Tobte, unter ihnen den Vorposten-Kommandeur Saleh Bey. Die Nachricht von der Unterwerfung zahl reicher Dahomeyer unter die Herrschaft Frank reichs wird durch eine Depesche des Generals Dodds bestätigt. König Dahomey ist mit dem Rest seiner Krieger entflohen und wird von einer leichten französischen Kolonne verfolgt. Bei der Rekrutenvereidigung am Donners tag hielt der Kaiser in Berlin zum Schluß folgende Ansprache: „Ihr habt soeben vor Gottes Antlitz Mir Treue geschworen und seid hierdurch in demselben Augenblick Meine Soldaten und Meine Kameraden geworden. Ihr habt die Ehre, zu Meiner Garde zu gehören und in und um Meinen Wohnort, Meine Hauptstadt zu stehen. Ihr seid berufen, Mich in erster Linie vor dem äußeren und inneren Feinde zu schützen: Seid treu und vergeßt nicht, daß Eure Ehre die Meinige ist. Ich brauche christ liche Soldaten, die ihr Vaterunser beten. Der Soldat soll nicht seinen Willen haben, sondern Ihr sollt Alle einen Willen haben, und das ist Mein Wille. ES giebt nur ein Gesetz, und das ist Mein Gesetz. Nun geht hin und thut Euren Dienst und seid gehorsam Euren Vorge setzten!" Berlin, 18. Novbr. Ein Berichterstatter meldet, der Tabaksteuergesetzentwurs der BundeS- rathsauSschüsse sei vollständig umgearbeitet worden. Die Zollsätze bleiben dieselben. Der BundeSrath werde ermächtigt, Brasilkarotten für Herstellung von Schnupftabak unter Kontrole mit 180 Mk. pro 100 Kilogramm zuzulassen. Rohtabakzoll kann 9 Monate gestundet werden. Für im In lands ganz oder theilweise ans ausländischem Tabak hergestellte Ganz- oder Halb-Fabrikate ist der entrichtete Zoll zurückzuzahlrn. Die Steuer sätze bleiben ebenfalls dieselben. Die Kontrol- bestimmungen werden anders formulirt. Para graph 72 besagt: Fabrikate, welche am Tage des Inkrafttretens außerhalb der BetrirbSräume sich befinden, unterliegen der Nachsteuer, gleichviel ob der Inhaber Handels- oder Gewerbtreibender ist oder nicht. Die Nachsteuer beträgt für Cigarren 9, Cigaretten 3,50 Mk. pro Tausend, Kautabak 88, Schnupftabak 24, Rauchtabak 46 Mk. pro 100 Kilogramm. Berlin, 20. November. Der BundeSrath genehmigte die Gesetzentwürfe, betreffend die Tabaksteuer und die Reichsstempelabgaben gemäß den Anträgen der Ausschüsse. Berlin, 18. November. AuS Aeußerungen hervorragender Parlamentarier läßt sich schließen, daß die Handelsverträge, auch der russische, durchgehen, die Steuerprojekte dagegen voraus sichtlich fallen werden. Der Reichstag war am Donnerstag beschluß fähig, was nicht immer bei der Eröffnung der Session der Fall war. Hoffentlich bstivt es auch im weiteren Verlauf so. Die chronische Beschluß unfähigkeit, die der Reichstag in früheren Ses sionen quswieS, hat seinem, Ansehen und einer erspscstßlichstt)Vtzhäifi>lbftg der Geschäfte außer- ^Nach^rrben erschienenen Fraktionsliste hrS, ReichSfflge - Men.die Deutschkonservativen ,M di<Vejch-Msti 2Ü, ine qnfistmitijche deutsche Resorwparte, 13,,voSMntrum 100, die Polen- frgktion 19, die nationallibrrale Fraktion 52, die freisinnige Vereinigung 13, die deutsche freisinnige