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Deutsches 3t eich. Bischofswerda, 30. März. DaS Gedacht' niß an den Erlösertod des Weltheilandcs vereinigt morgen die gesammte Christenheit znr erhabendsten Feier. Von der düsteren Majestät, die von Golgatha ansgcht, bleibt kein fühlendes Herz unberührt. Der Charsreitag gemahnt hcner kräf tiger als je zur Einkehr in uns selbst. Grosze erschütternde Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Eine unheilvolle Umwälzung bedroht nicht bloS die erworbene Kultur der Menschheit, sondern greift auch mit roher Hand in die reli giösen Ueberzeugungen der Menschenbrust. Sic möchte dem Armen und Elenden auch den letzten Trost rauben, den Glauben an ein besseres Jen seits. Diese grundstürzende Bewegung hat jedoch, gleich dem Geiste, der stets das Böic will und stets daS Gute schafft, die segensreiche Folge gehabt, das; Alle, die an eine fortschreitende Läu terung der Menschheit glauben, sich ihrer gemein samen Waffen bewußt werden und durch weise Reformen, die freilich nicht immer aus dankbaren Boden fallen, sondern zum Theil die Begehrlichkeit nur steigern, daü Werk einer tausendjährigen Kultur vor einer Zertrümmerung retten wollen. Mit einer Energie und Konsegncnz ohne gleichen, durchdrungen von der welthistorischen Bedeutung seiner Mission als sozialer Reformator, wandelt unser junger Kaiser seine leuchtenden Bahnen, die ihren versöhnenden Schimmer hoffentlich auf die ganze gesittete Welt ausstrahlcn werden. Selbst die Franzosen beugen sich vor dem über wältigenden Eindrücke der kaiserlichen Humanitäts bestrebungen, in der ganzen Welt lauscht man gespannt auf die Flügclschlägc des jungen Kaiser paars, dessen Blick zur Sonne gerichtet ist Gegenüber solchen großartigen Bestrebungen ver schwinden andere Wünsche und Hoffnungen fast in ein Nichts. Dennoch liegt es nahe, auf einen Uebclstand in der bürgerlichen Zeitrechnung von Neuem aufmerksam zu machen, nämlich auf das Fallen des Osterfestes. Bei den freundlichen Beziehungen, die jetzt zwischen unserm Kaiser und dem Papste herrschen, könnte vielleicht ein Uebercinkommen «»gestrebt werden. Ostern fällt Heuer so, wie cS immer fallen müßte, nämlich ans den ersten Sonntag im April. Diese Fest legung ist seinerzeit bereits von dem französischen Astronomen Arago und dem deutschen Chronolog Jdcler vorgcschlagen worden. Die Berechnung des Fallens des Osterfestes stammt vom Konzil von Nicaea her, das anno 32b abgchalten wurde. Die ersten judenchristlichen Gemeinden begingen mit dem von ihnen beibehaltencn Passahmahl auch daS Gedächtnis; an daS letzte Mahl Christi und gedachten an dem darausfolgenden dritten Tage der Auferstehung Jesu. Die römischen Christen gemeinden aber beginnen die Auferstehung des Herrn an einem Sonntage, dem sie zur Erinnerung an das Leiden und den Tod Christi einen vor- für 2. Klasse von 450 Mk. auf 576 Mk. (uni- 28 Prozent) und für 3. Klasse von 216 Mk. auf 288 Mk. (um 33l/z Prozent) und der er mäßigte Satz für Gemeinden für künftige Ein lieferungen von 108 auf 144 Mk. gesteigert.. Der Verpfleabeitrag für Gefangene in den LandeSstrüfanstalten erhöht sich ebenfalls von 216 Mk. auf 288 Mk. — Die österreichischen 2-Gulden und Vi-Gulden- stücke gelten nur noch bis zum 31. Mai d. I., worauf wir Geschäftsleute rc. aufmerksam machen,, dg bei dem regen Verkehr der Grenzbewohner leicht Unannehmlichkeiten entstehen können. Nach- Ablauf dieser Frist werden dieselben nur noch bis 31. Juli bei den österreichischen k. k. Kassen um gewechselt und nach Ablauf dieser letzten Frist ist jede Verpflichtung zur Einlösung der betr. Münzen erloschen. Kamenz, 28. März. Den Bemühungen unserer städtischen Polizeioryane ist cs gelungen, eine Falschmünzerei zu ermitteln und den Ver fertiger von falschen preußischen Thalcrstücken, den vormaligen Maschinisten Otto Thiemer, geb. aus Lercha bei Meißen, gegenwärtig hier wohn haft, zu verhaften. Derselbe hat auch sein Ver brechen bereits ringcstanden. Schanda u, 29. März. Gestern Abend ent stand im benachbarten hochlicgcnden Rath mannsdors Feuer. Dort geriet!) gegen Uhr das Gehöft des Gutsbesitzers Hentschel in Brand. DaS Feuer auf diesen Heerd zu be schränken, gelang trotz aller Bemühungen nicht, sondern die Flammen ergriffen auch daS Uhle- mann'sche Gut, vernichteten ferner eine Scheune des Gutsbesitzers Porsche und das Wohnhaus des WirthschaftSbesitzers Hämisch. Trotzdem daß Windstille herrschte, konnte man erst gegen Mitternacht des Feuers Herr werden. Das Vieh soll gerettet sein, doch dürften viele Geräthschaf- ten, viel Hausrath rc. verbrannt sein. Die Ent stehungsursache dieses bedeutenden Schadenfeuers ist jetzt noch nicht bekannt. Blasewitz. Die Länge der neuen Brücke beträgt von Ankerkammer zu Aukerkammcr 266,8 Meter und die Spannweite, das ist von Pfeiler mittel zu Pfcilermittel, 146,8 Meter. Tie Brücke hat eine Breite von 11,4 Metern und weist ein Gewicht von 60,000 Zentnern auf. Dieses Gewicht betrifft lediglich die Eisenkon- struklion; Holzkonstrnktion, Asphalt rc. sind nicht mit eingerechnet. Dresden, 30. März. Dem „Dresdner Rennverein" scheint sein bisheriger Verbündeter., das herrliche Wetter, auch dieses Mal bei den großen Rennen am Ostermontag treu zu blcibcn. Aus der Bahn sind z. Z. eine große Anzahl Handwerker und Arbeiter thätig, nm den Winter schutz der Tribüne zu entfernen und Gebäuden und Anlagen ein srühlingSgcmäßeS Aussehen zu verleihen. Die durch HerauSlcgung der Pferde- Ausstellungen erforderlichen Aendcrungen werden zum Ostermontage vollendet sein, sodaß der Be schauer sich bereits ein Bild von der künftigen großartigen Gestaltung machen kann. Der Platz, wo die Pferdc-Ausstcllung ihr Viereck für 600- Pferde, bestehend aus Ausstellungs-Räumen, Ställen und Restaurants, anlegcn wird, ist völlig sreigcmacht und sollen die Baulichkeiten nach Ostern beginnen. Auch die Waage-, MitgliedS- nnd sonstigen Räume unter der Tribüne sind noch hübscher und vollendeter unter der kunst sinnigen Leitung dcS Herrn Kommerzienrat!) Hopffe ausgestattct worden. Namentlich die Mit- glicdSräume im Mittelbau und die Ankleidezimmer der mitrcitcnden Jockeys und Herren dürsten als mustergiltig hinzustellen sein. Für das Publikum der Tribüne und des 1. Platzes ist neben den CasäS und BierrestaurantS eine große Weinstube ein gerichtet, in welcher nur Weine der Kellerei des „Dresdner Klubs" zum Ausschank gelangen werden. Die Verpflegung übernimmt Herr Herold, der bekannte Vorsitzende des Vereins Dresdner Gastwirthe, der in der Lage sein wird, selbst höchsten Ansprüchen nachzukommcn. Coswig i. S. Die erste diesjährige Obst- bliithc im Freien ist am hiesigen Bahnhofs gebäude zu beobachten. Hier in geschützter Lage haben sich die Knospen eines Spalier-Aprikvsen- BaumcS zur Blüthe erschlossen. Wie auS Leipzig geschrieben wird, hat daS Reichsgericht das vom Schwurgericht zu Frei berg i. S. gegen den Fleischcrgesclleu Gehlert auö Oberkolmnitz im Februar d. I. gesällte TodeSurtheil aufgehoben und die Angelegenheit an das Schwurgericht Freiberg zurückverwiescn. Gehlert hatte, wie wir s. Z. berichteten, seinen eigenen Vater hinterrücks erschossen, und zwar aus dem Grunde, weil er früher in den Besitz, seines väterlichen ErbtheilS gelangen und dann: Herrscheramt bis zuletzt sauSgeübt und in den letzten Wochen war auf einen vielversprechenden Vorfrühling sogar ein ziemlich harter Nachwinter gefolgt, .der wohl vielfach Enttäuschung und Mißmuth hervorgerufen haben mag. Nun aber ist, da Ostern vor der Thür steht, die Macht des grimmen Winterkönigs doch endlich gebrochen, die Strahlen der FrühlingSsonnc zaubern täglich Myriaden neuer Knospen hervor und bald wird die Erde von Neuem in vollem Lenzesschmnck erprangen. In dieser beseligenden Gewißheit ver nehmen wir darum den hehren Klang der Osterglocken, er kündigt uns an, daß die Schrecken der langen, bangen WinterSnacht mit all' ihren Mühseligkeiten, Entbehrungen und Leiden nun vorüber sind und daß dafür die willkommene Frühlingszeit hoffnungsschimmernd und trost spendend anhebt! Erfreulicher Weise, können wir auch daS dies jährige Osterfest im Genüsse der Segnungen des Völkerfriedens und in dem Gefühle begehen, daß, so weit menschliche Voraussicht reicht, die Er haltung der Völkerruhe in unserm Welttheile auch für die nächste Zukunft gesichert erscheint. Nm so ernster sind aber die Ausblicke, die sich auf die innere politische Lage im dentschcn Vaterlande gerade zur jetzigen Osterzcit eröffnen. Ungewisser als je ist der AuSgang der großen Heeresfragc, welche nun schon seit so geraumer Zeit die Nation erregt, und doch muß sich in den kommenden Wochen das Schicksal der ge planten HeereSreform entscheiden, welche nach Ostern im Parlamente zur Schlußberathung ge langt. Folgenschwer ist die Entscheidung, um welche es sich hierbei handelt — möge sie nur zum Segen und Heile deS Vaterlandes, zum Wohle der gesammte» Nation auSschlagcn: DaS ist unser politischer Wunsch für das Fest! bereitenden Buß- nnd Fasttag vorhrrgehen ließen, zu welchem sie den Freitag auSersahen. Das Konzil von Nlcaea endigte den Streit zwischen den Juden- und Heidcnchristen, indem es sich für die römische Sitte entschied und eine ziemlich ver wickelte Berechnung deS Falls des Ostersonntags nach dem Vollmonde im März aufstellte. Diese gilt noch heute; jedoch gehört die Osterberechnung nicht zu den Glaubenssätzen irgend eines christlichen Bekenntnisses. Wohl aber hat kein Geringerer, als schon unser Martin Luther sich gegen das Schwankende dieses von ihm „Schankelsest" be nannten Osterdatnms ausgesprochen. Und zwar nicht in einer Jugendschrift, sondern in einer seiner reifsten Schriften auS dem Jahre 1539 „Von den Konzilien nnd Kirchen". Luther ver langte darin in seiner grobkörnigen derben Sprache eine Fixirung des Osterfestes durch Vereinbarung der Monarchen. Vielleicht gelangt unsere Zeit dazu, den Wunsch deS großen Reformators end lich zu erfüllen. Wir geben gern zu, daß eine Nebereinstimmung von Kirche und Schule in der Feier des Osterfestes nothwendig ist, aber wir folgern daraus für die Kirche die Pflicht, die Störungen der Schule und des gewerblichen Lebens nach Kräften zu vermeiden. Wenn aber ja die Kirche, hier also hauptsächlich die katholische, den hölzernen Osterartikel des Konzils von Nicaea, trotz mehr als 1500jähriger Dauer nicht aufgeben wollte, so sollte der Staat frischen Muths auch für sein geordnetes Schulwesen DaS thun, was er für seine Zinszahlungen und den Wohnungswechsel längst cingeführt hat: unabhängig von der kirch lichen Ordnung nach seinen Bedürfnissen zu ver fahren. Bischofswerda, 30. März. Der nächste Familicnabcnd des hiesigen Gebirgsvereins, bestehend in Theater und Concert, wird am Freitag, den 28. April, abgehalten werden. Der Abend verspricht namentlich in Bezug aus daS Theaterspiel ein sehr genußreicher zu werden, indem zur Aufführung gelangen werden: I.Papa hat's erlaubt, von Moser und L'Arrongc; 2. Gift, von JonaS. Dem Theater wird sich ein solenner Ball anschließen. — Vom 1. April ab werden die deutschen Reichspostanstalten gemäß allerhöchster Ver ordnung mit neuen Postflaggen ausgerüstet. Die neue Postflagge besteht auS drei Streifen in den Farben schwarz, weiß und roth; in dem weißen Streifen ist die Kaiserkrone mit dem Posthorn angebracht. — Die Po st sch al ter werden vom I. April an früh 7 Uhr geöffnet. — 29. März. In Gemäßheit des mit 1. April d. I. in Kraft tretenden, bereits mehrfach des Näheren erwähnten Gesetzes, betreffend die Einsührung einer einheitlichen Zeit bestimmung (nach der mitteleuropäischen Zeit), werden in der Nacht vom 31. März zum 1. April d. I. um 12 Uhr die in hiesiger Stadt befindlichen öffentlichen Uhren dementsprechend eingestellt werden nnd darf fortan nicht mehr wie bisher, was für die hiesigen Bewohner von besonderem Jnterrsse ist, die Rathhausthurmuhr der BahnhosSuhr um fünf Minuten Vorgehen, vielmehr müssen vom I. April ab alle öffent lichen Uhren dieselbe Zeit zeigen. — In Rücksicht darauf, daß ab 1. April mit Einführung der mitteleuropäischen Zeit in Sachsen, wie auch auf den norddeutschen Eisen bahnen die Verkehrszeiten sämmtlicher Züge sich ändern, hat auch der Herausgeber des Fritzsche'schen Kursbuches eine neue Auslage seines allgemein verbreiteten Buches erscheinen lassen. Es ist Jedermann zu empfehlen, sich für den geringen Preis von 40 Pfennigen das beliebte Kursbuch anzuschaffcn, um so mehr, als man mit einem alten KurSbuche bei Reisen recht in Verlegenheit kommen könnte. Das rechtzeitige Erscheinen der neuen, auch alle sonstigen Acnderungen enthalte nen Auslage ist um so mehr zu begrüßen, als das Osterfest in den Monat April fällt und an diesen Festtagen bei Halbwegs günstiger Witterung ein lebhafter Reiseverkehr sich entwickeln dürfte. Wie gewöhnlich ist das Werkcheu in allen Buch handlungen, an den Fahrkartcn-AuSgabestellcn rc. zu haben. — Hinsichtlich der Erhöhung der Ver pfleg bei träge, welche vom 1. April d. I. an bei sämmtlichcn Landes-Irren-, Verpfleg- und Erziehungsanstalten, sowie für Gefangene in den LandeSstrafanstalten in Kraft tritt, ist namentlich fttc Gemeinde- und Armenverbände beachtens wert!), daß cs für solche, die bisher gegen er mäßigte Verpflegbciträge unkergebracht sind, bis auf Weiteres bei den bewilligten Ermäßigungen bewendet. Was übrigens die Erhöhung der Sätze selbst anlangt, so wird z.B. der Verpfleg beitrag für 1. Klasse in Irrenanstalten von 756 Mk. auf 1170 Mk. (um rund 55 Prozent), ' hcirathen wollte.