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>1872 thümlich, sondern repräsentirt nur den Zustand nach Zertrümmerung eines Thrones auf dem Schlacht felde, Der Thron verschwand, eine Lücke klafft, und das heißt: Republik. ES ist einleuchtend und klar, daß eine solche Republik eben keine Republik ist. In ihrem Gefolge sehen wir Angst, Unordnung, Ungewißheit, drohendm Bürgerkrieg und neue Hand streiche. Wahrlich kein fremdes Volk, welches in ge regeltem Zustande lebt, wird auf eine solche Republik, die eigentlich nur ein Chaos bedeutet, mit Bewunderung oder mit Neid Hinsehen. Folglich gereicht sie der monarchischen Staatsform mehr zur Empfehlung, als zum Schaden; und es ist vernünftiger Weise kein Grund einzusehen, weshalb die drei Kaiser Europas sich mit deren Beseitigung befassen sollten. DaS können und werden sie ruhig den Franzosen selbst überlassen. Glaubhafter und der Weltlage entsprechender ist allerdings die Version, daß die drei Kaiser sich in dem Entschlüsse vereinigen dürsten, die - Erhaltung des europäischen Friedens unter ihre Ob hut zu nehmen. Nicht-minder irrthümlich ist die viel verbreitete Nachricht, als werde Franz Joseph die Kleinodien des ehemaligen römisch-deutscheu Reiches mit nach Berlin nehmen, um sie dem neuen deutschen Kaiser zur Benutzung zu übergeben. Bei derartigen Ge schenken pfldzt man doch wohl im Voraus sich zu versichern, ob der Empfänger sie anzunehmen geneigt ist oder nicht. Nun stellt aber die officiöse Provinzial- Corrcspontenz einen etwaigen Anspruch des Kaisers Wilhelm auf die alte Reichskrone mit ihren Insig nien entschieden in Abrede, indem sie schreibt: Diese !- flüchtet und befinden sich daselbst im Gewahrsam der kaiserlich-österreichischen Schatzkammer. Sie gehörten dem Reiche an, und für dasselbe fehlt es daher seit 1806, wo das römische Reich deutscher Nation zu bestehen aufhörte, an einem berechtigten Eigenthümer. Indessen befindet Oesterreich sich seit vielen Jahr zehnten im thatsächlichen Besitz dieser Gegenstände, auf welche Niemand, auch nicht das neue deutsche Reich, begründete Rechte geltend machen kann. Allen unklaren Auffassungen und Wünschen gegenüber, die auch neuerdings wieder laut geworden sind, hat Kaiser Wilhelm in achtungsvoller Mcksichtsnahme hvf die geMhüichen und rechtlichen Verhältnisse Politische Umschau. Me Monärchen-Zusammenkunft in Ber lin wird in Ermangelung thatsächlicher Begebenheiten auf eine fast unverschämte Weise auSgebeutet. Kein Unsinn ist groß oder klein genug, um nicht mit dieser Fürsten-Begegnung in Verbindung gebracht zu werden. Jetzt hört man oft sagen, die drei Kaiser kämen zusammen, um die französische Republik, an der sie Anstoß nehmen sollen, zu beseitigen. Es kommt eben auf einen Unsinn mehr oder weniger nicht an. Schon vor einer guten Reihe von Jahren meinte der Schriftsteller Börne: „Die deutschen Bundesfürsten hätten den vier freien Städten das Leben geschenkt, damit das deutsche Volk sich ge wöhnen solle, in der republikanischen Staatsform nicht länger ein Vorbild von Vollkommenheit und Freiheit zu verehren, sondern mit Geringschätzung auf sie zu blicken." Börne'S Urtheil über die vier freien Städte ist mehr bitter, als gerecht; thäte -aber Jemand heute den Ausspruch, daß die Art von Republik, welche in Frankreich besteht, das Ansehen dieser Staatsform und die Liebe zu ihr nichts weniger als erhöhe, so möchte er nicht Unrecht haben. Er freut sich doch die Republik des Herrn Thiers keines wegs einer schweizerischen oder amerikanischen Gediegen heit; ebenso wenig wird sie vom Volksgeiste getragen, sondern sie besteht nur, weil den Franzosen fviHer einmal der Thron abhanden gekommen ist. Eine Republik ohne Republikaner ist ein Unding, und die Franzosen sind so wenig Republikaner, die sich selbst zu regieren wiffen, daß sich ihnm regelmäßig ihre . , . , . Herrscher durch Handstreiche aufdringen und sie Kleinodien wurden im Jahre 1796 nach Wien ge selber nicht einmal die Fähigkeit besitzen, dieseHerrscher zu stürzen. Der erste Napoleon ist ihnen zwei Mal durch die verbündeten Mächte Europas genommen; Don seinem Neffen und Gambetta sind sie durch unsere Waffen befreit worden. Auch die Vertreibung Ludwig Philipp's ward durch einen Handstreich Weniger über Volk und Land verhängt — kurz, das fran zösische Volk hat im ganzen neunzehnten Jahrhundert seine Regierungen weder ein- noch abgesetzt, sie sind ihm durch Ueberrumpelung und ausländische Waffen gegeben und genommen worden. So führte denn auch die Gefangennahme Napoleon'- bei Sedan eine Republik herbei ; sie ist weder naturwüchsig noch volks- Siebenundzwanzigster Jahrgang. für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend. Amksblatt de» Königlichen Verichtoamle» und des Atadtrathe» zu Dischofswerda. Vies» Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwock»« und Sonnabend«, und koket einschließlich der Soaa- «bend« erscheinende» „belletristischen Beilage" vierteljShrlich l2'j, Rge. Inserate werden bi« Dienstag« »ad Freitag« früh 8 Uhr angenommen. Mittwoch, den 28. August.