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stetig gebessert und heute sind Wiener Blätter in der Lage, eine vollständige Versöhnung, ja mehr als Versöhnung, ein freundschaftliches Einvernehmen constatiren zu können. — Fürst Hohenlohe, welcher zu König Ludwig be rufen worden, um ein neues bairisches Ministerium zu bilden, soll den Auftrag abgelehnt haben, weil ihm die aufgestellte Bedingung nicht genehmigt wurde, den Landtag aufzulösen. Der Landtag, der jetzt nicht versammelt ist, dessen Mehrheit sich aber voriges Jahr im klerikalen Sinne gegen die Theil- nahme Baierns am letzten Kriege ausgesprochen hatte, würde bei einer Neuwahl jedenfalls ein anderes Gepräge tragen, ja es früge sich, ob nicht jetzt schon, auch ohne Neuwahl, die Stimmung eine andre gegen das Vorjahr geworden ist; den Versuch mit dem Landtag zu verhandeln, hätte Fürst Hohenlohe machen dürfen und gelang er nicht, so war dann zur Auf lösung noch immer Zeit. Bukarest, 28. Juli. Die Stellung des Fürsten ist neuerdings ernstlich bedroht. In Jassy wurde das Counts eines Geheimbundes „zur Abschüttelung des preußischen Joches" entdeckt. In Italien scheint man gegen die von Frank reich erfahrene Behandlung bezüglich der Debatte über die Wiederherstellung der weltlichen Herrschaft des Papstes nicht so empfindlich zu sein, wie man anderwärts glaubt. Das einzige Uebel, sagt ein Florentiner Blatt, und die einzige unliebsame prak tische Folge jenes Votums wird sein, daß es die Hoffnungen der päpstlichen Kurie auf die Möglichkeit einer Restauration ihrer weltlichen Herrschaft wieder neu anfacht und dieselbe noch hartnäckiger machen wird, als sie cs bisher war. Doch im Nothfalle läßt sich ja auch dieses ertragen, da der römischen Kurie die Macht abgeht, Italien ernstlich zu schaden und sie daher ihre Action auf kleinliche Nergeleien und gehässige Ausfälle beschränken müssen wird. In Frankreich bildet das Entlassungsgesuch Jules Favre's noch immer das hervorragendste Tagesgespräch; man glaubt, daß nach ihm auch die übrigen republikanischen Mitglieder des Cabinets scheiden dürften, womit natürlich die Majorität der Versailler National-Versammlung sehr einverstanden wäre. Bis jetzt ist aber selbst in Bezug auf Jules Favre noch keine Entscheidung erfolgt. So viel steht jedoch fest, daß sich in der National-Versammlung eine tiefe Spaltung gebildet hat. Wie in der Armee Eifersüchteleien und Zwist herrschen zwischen den alten und neuen Offizieren, welch' letztere die Re gierung der nationalen Vertheidigung ernannt hat, so haben sich auch in' der National-Versammlung die Alten von den Jungen scharf geschieden. Der Keim der Auflösung ist somit gelegt und die Gewalt- thätigkeit der Rechten wird seine Entwickelung be günstigen. Einer Meldung der „Agcnce Havas" aus Ver sailles zufolge bestätigt es sich, daß Thiers die De mission Favre's angenommen hat. Ein Nachfolger für denselben ist noch nicht ernannt. Der Rücktritt des Unterrichtsministers Simon wird dementirt. Paris, 28. Juli. Es finden jetzt so viele Brände statt, daß man vermuthet, es bestehe ein Compkvtt, um in den Provinzen das Werk der Commune fortzusetzen. Nach dem Brand des Herzogs palastes in Nancy brach Feuer aus im erzbischöflichen Palast zu BourgeS; jetzt wird gemeldet, daß auch der erzbischöfliche Palast in Tours in Brand ge- rathen sei. Die weiteren Ereignisse auf dem Gebiete der inneren Politik Englands sind nach den Vor gängen der letzten Tage ziemlich klar und bestimmt vorauszusagen. Daß die Armee-Vorlage, welche für den heutigen Tag (31. Juli) im Oberhause zur zweiten Lesung angesetzt ist, durchgehen wird, ist nicht mehr zu bezweifeln. Es bleibt den Lords nach Ab schaffung des Stellenkaufs durch königliche Verfügung nichts Anderes übrig, als den Proceß, der sich auf Grund dieser Verfügung verwirklicht, zu erleichtern. Wollten sie der Sache noch weitere Schwierigkeiten in den Weg legen, so hieße das nur die Offnere in ihren Interessen in bedenklicher Weise beein trächtigen. Der Austritt des spanischen FinanzministerS Moret führte zu einer vollständigen Auflösung des Cabinets. Serrano, der mit der Neubildung veS Ministeriums beauftragt wurde, konnte ein solches nicht zusammenbringen, da er keinen Finanzminister fand. Endlich ist es Zorilla gelungen^ ein neues Cabinet aus Mitgliedern der ehemaligen Progressisten- partei zu bilden, welches die Grundsätze der Revo lution aufrecht zu erhalten verspricht. In Brasilien dürfte demnächst die Aufhebung der Sklaverei von der Kammer beschlossen werden. Sachsen. Bischofswerda, 31. Juli. Auf erhaltene freundliche Einladung unternahm gestern-das hiesige uniformirte Schützencorps einen vom Wetter sehr begünstigten Feldmarsch mit vollständiger Ausrüstung nach Neukirch, um an der am gleichen Tage statt gehabten Fahnenweihe der deutschen Schützengesell schaft Neukirchs theilzunehmen. Der Ausmarsch, welcher von hier Vormittags 11 Uhr stattfand, er regte in hiesiger Stadt nicht geringes Aufsehen, da ein solcher seit ca. 25 Jahren nicht dagewesen. Dem Schützenbataillon folgten 1 Marketenderwagen und außerdem noch eine ziemlich lange, schön decorirte Wagenkolonne. In Neukirch angelangt, entwickelte sich schon im Hofgericht, woselbst sämmtliche Vereine als: Neustadt, Sohland, Wehrsdorf rc. zusammen trafen, ein reges Leben. Nachmittags 3 Uhr fand der Marsch nach dem beim Gasthaus zur gol denen Krone gelegenen Fcstplatze statt, woselbst die neue Fahne von den Frauen der Schützen Neukirchs dem Vereine übergeben wurde; ächt patriotische Reden verherrlichten den feierlichen Actus der Weihe. Nach der Weihe entwickelte sich ein ächt kamerad schaftliches Leben; Gesang, Concert und Tanz boten der Abwechslung genug, und nach herrlich verlebten Stunden trennte sich das hiesige Schützencorps in später Abendstunde unter einem Hoch auf die Fest geber, mit dem Wunsche,, fcrt und fort gegenseitig das beste Einvernehmen zu bewahren, ---1. August. Nächsten Sonntag wird sich apf dem Falkenberge ein fröhliches, reges Leben ent-