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für Bischofswerda, Stolpen und Umgegend« Amtsblatt -es Königlichen Verichksamtes und -es Ata-trathe» zu Pifchofower-a. vt«s« Zeitschrift erscheint wöchentlich zwei Mal, Mittwochs und Sonnabends, und koket einschließlich der Sonn» abend» erscheinenden „belletristischen Beilage" vierteljährlich 12>j, Nge. Inserate werden bi» Dienstag« und Freitags früh 8 Uhr angenommen und kostet die gespaltene Corpu«zeile oder deren Raum 8 Pfennige. 61.1 Mittwoch, den 2. August. , I87U Politische Umschau. Der arge Zwiespalt, den die Männer des vatikanischen Concils durch das Dogma der Un fehlbarkeit im Schooße der katholischen Kirche her vorgerufen, geht bereits an einzelnen Punkten in offenen. Kampf über. So hat die preußische Regierung nach einer Reihe sehr ärgerlicher Vor fälle sich veranlaßt gesehen, die Aufhebung der katholischen Abtheilung im Cultusministerium zu verordnen, was von der klerikalen Partei geradezu für eine Kriegserklärung aufgefaßt wird. Und wohl nicht mit Unrecht. Eine weitere Kundgebung besteht in dem Erlaß des Cultusministers v. Möhler an den Bischof von Ermland, worin die über den un gläubigen, d. h. die Unfehlbarkeit leugnenden Gymnasiallehrer vr. Wollmann verhängten Kirchen strafen für null und nichtig erklärt werden. Eine dritte Verfügung endlich betrifft den vom Breslauer Fürstbischof excommunicirten Priester Kaminski in Kattowitz, dem die Abhaltung des Gottesdienstes untersagt und die Kirche geschlossen war. Durch Verfügung der Regierung wurde diese Schließung einfach aufgehoben und die Kirche dem Prediger Kaminski zurückgegebcn. Dieses energische Vorgehen der preußischen Re gierung verdient um so mehr Anerkennung, jemehr die Unfehlbarkeits-Apostel agitiren und alle Mittel anwenden, Anhänger für ihren neumodischen Götzen- cultus zu gewinnen. Wenn der Papst wirklich die Macht besitzt, in den höchsten und schwierigsten Fragen des kirchlichen und sittlichen Lebens das unanfechtbare Orakel für Alle und Alles zu sein, wie soll er in gewöhnlichen leichten Dingen irren und da fallen können, wo nach den Worten der Schrift^ auch der Gerechteste siebenmal des Tages fällt? Unfehlbar sein, heißt allgegenwärtig und all wissend sein, und doch wird der Papst auch vom Weibe geboren, wächst als fehlbarer und fehlender Mensch heran, ist körperlichen Leiden und Gebrechen unterworfen, bis er im Conclave vielleicht durch Nur eine Stimme Majorität eines fehlbaren Cardinals der unfehlbare Statthalter Christi und das verkörperte Universal - Dogma wird. O traurige, menscheiWtwürdigende Ironie! Ist es denn un- Hrchtundjwanzigster Jahrgang. möglich, daß auch ein Papst in jenen geistigen Zu stand gerathe, der andere seblbare Menschen in MS Irrenhaus oder in die Zwangsjacke bringt? Me oder wo hört alsdann die Unfehlbarkeit auf? Oder hört sie vielleicht nicht auf? Verwehrt solches der heilige Geist? Schließt das Unfehlbarkeits - Be wußtsein die Möglichkeit einer Geistesstörung au- oder ist vielmehr nicht, wie gar Viele meinen, dieses Unfehlbarkeits-Bewußtsein schon der erste Grad der beginnenden Geistesverwirrung? ; Der Staat thut ganz recht, wenn er seine Bürger gegen solche Ausgeburten des, FanatismuS schützt. Denn eine Kurie, die innerhalb weniger Jahre einen Shllabus und ein Unfehlbarkeits- Dogma in die Welt schicken konnte, muß als ge meinschädliche Sache behandelt werden, sollen über haupt nicht der ächte religiöse Sinn und die wahre christliche Lehre dem Ehrgeize und dem Wahnwitze einer verhältnißmäßig sehr kleinen schwarzen Ge sellschaft geopfert werden. „Darin" — sagt Prof, v. Schulte in einer neuerdings veröffentlichten Denk schrift — „darin besteht gerade der Ruin der katholischen Kirche, daß man Christi Kirche zusammen geschrumpft hat in eine von Rom aus inspirirte, dressirtc und geleitete, verknöcherte juristische Maschine." Darum werden, wie die „N. Fr. Pr." im prophetischen Geiste hinzufügt, schwere Tage kommen; wenn noch am 18. Juli 1870 zwei Infallibilisten sich nicht anschauen konnten, ohne zu lachen, so werden die Zeiten nicht mehr ferne sein, wo sie sich nicht an schauen werden, ohne zu weinen. — Die Nachricht von einer Zusammenkunft, welche zwischen dem deutschen Kaiser und dem Kaiser von Oesterreich in der ersten Hälfte des Auguststatt finden soll, wird jetzt auch von Wiener Blättern als begründet bezeichnet. Dagegen sind die Angaben, ob die Begegnung in Salzburg, Ischl oder Gastein stattfinden wird, noch unsicher. Es werden jetzt vier Jahre, seit die Monarchen (zu Oos im Groß- herzogthum Baden) sich zum letzten Male gesehen. Kaiser Franz Joseph berührte damals den genannten Ort auf seiner Reise zur Pariser Ausstellung und der König von Preußen war zu seiner Begrüßung vom dem naheu Baden-Baden herbeigekommen. <^it jenem Zeitpunkte haben die Beziehungen Wischen Oesterreich und Preußen sich langsam zwar, aber