Volltext Seite (XML)
eise geordnete Verwaltung. — D« Freund 'ver fassungsmäßiger Zustände wird die Errichtung von Bundes-Ministerien nicht mit Freuden begrüß«; aber im jetzigen Augenblicke bedeutet eine solche Or ganisation für uns den Untergang des Restes unserer Selbstständigkeit. Ein Bundes-Finanzminister be deutet für uns ohne Weiteres die Erhöhung der Steuern, die Einführung des unbarmherzigen preußischen Steuer-Systems. Für jetzt können wir doch die Matricular-Beiträge, die wir zu dem Bunde zu leisten haben, nach unserem Ermessen und mit Berücksichtigung unserer ganzen Verhältnisse auf bringen; sitzt in Berlin ein Bundes-Finanzminister, so schreibt dieser seine Steuern aus, ohne sich dm Pfifferling um den Schmerzensschrei unseres König reichs zu kümmern. (An Königreich hätten wir aber gar nicht mehr, denn ein König, der keine Minister mehr ernennen darf, ist kein König. Mit vollem sittlichem Ernste und dem Tone fester Entschlossen heit hat sich daher auch unser Minister v. Friesen gegen diesen vom Reichstage beabsichtigten Eingriff in unsere Rechte erklärt und ihm zugerufen: „Bis hierher und nicht weiter! So gehts nicht sort! Der Reichstag hat zwar mit 11 Stimmen Majorität dm Antrag auf Errichtung von Bundes-Ministerien gestellt, der Bundesrath wird diesen Beschluß aber in den Papierkorb werfen und einfach unausgeführt lassen. Sachsen. Das kgl. sächs. Gericht der ersten Infanterie- Division Nr. 23 hat am vergangenen Freitag gegen dm in Dresden heimathsangehörigen Grenadier der 1. Comp. (1. Leib-) Grenadier-Regiments Nr. 100, Camillo Oswald Petzschel, ein schweres Straferkennt- niß ergehen lassen. Derselbe ist wegen Desertion im zweiten Rückfalle, Diebstahls, Betrugs, Unter schlagung und Verwahrlosung dienstlich anvertrauter Gegenstände zu Zuchthausstrafe in der Dauer von 10 Jahren und 9 Monaten, sowie zur Aus stoßung aus dem Soldatenstande, Verlustes der National-Cocarde, des Erinnerungszeichens für den Feldzug des Jahres 1866 und aller Ehrenrechte rechtskräftig verurtheilt worden. (Unglücksfälle.) In Reichenbach bei Wald heim sind in der Nacht zum 15. April die Scheune, das Wohnhaus und ein Seitengebäude des Besitzers Leonhard, das Köhler'sche Gutsgehöfte und das Wohn haus des Häuslers Pöhnitz total abgebrannt. Im ersteren Grundstücke sind eine Anzahl Kühe, Kälber, Schweine, Gänse, Hühner und viele Futtervorräthe und Mobilien mit verbrannt. — In Meißen ist bei dem am 16. d. stattgehabten Gewitter der einzige 30 Jahre alte Pantoffelmacher Oehmigm in seinem Hause vom Blitze getödtet worden. — An diesem Atge ist auch bei Sommerfeld (Preußen) eine Frau auf dem Felde vom Blitze erschlagen worden. —Am 18. April früh 6 Uhr wurde der Handarbeiter Christian Friedrich Schwarzbach aus Irenen, ein wegen Eigmthumsvergehm mehrfach bestrafter Mensch, auf der Straße nach Rebesgrün erschlagen aufae- sundev. Neben dem Leichnam, welcher am Schädel Derleymgen zeigte, lagen zwei Dreier und «w Hotz» scheit; dieselben scheinen bereits auf die richtige Spur des ThäterS geführt zu haben, indem em Grundstücksbesitzer aus Schreiersgrün verhaftet wurde. — Am 18. April ist in Gröba bet Riesa das Seil gebäude und die Scheune des Gutsbesitzers Heiden reich abgebrannt, lieber die Entstehungsursache ist nichts bekannt. (Wetterprophezeihuug.) In der zweit« Hälfte der Woche wird die Luftströmung über d« Nord« fortgeschritten sein und es wird der Himmel sich mehr und mehr klär« und die Wirkung der wärmen den Sonnenstrahlen wird wieder kräftiger hervor treten. Neueste Nachrichten. Berlin^ 19. April. Gei Berathung des Mi- quelffchen Antrags auf Erweiterung der Bundes- Competenz in der heutigen Sitzung des Reichstags ergriff zunächst der sächsische Abgeordnete v. Zehmen das Wort. Derselbe bekämpfte auf das Entschie denste die Politik der Nationalliberalen, durch un- schuldig scheinende Anträge, die aber tiefeinschneidend seien, den kleineren Bundesgenossen langsam die Kehle zuzuschnüren. Redner, welcher oft von Widerspruch unterbrochen wird, behauptet, der norddeutsche Bund sei gerade den Nationalen ein Dorn im Auge, die den Einheitsstaat wollten; damit aber stieße man die Bevölkerungen, die aufrichtige Bundesgenossen sein wollten, nur vor dm Kopf. Ob es im Inte resse des Bundes sei, die preußischen Bundesgenossen zu verletzen? Die Politik der Nationalliberalen führe zum militärischen Einheitsstaat, zum Ausschluß Süd deutschlands und zu dauernder Unzufriedenheit der Bevölkerung. Abgeordneter von Zehmen schließt: Bleiben Sie uns mit solchen Anträgen vom Halse! (Dr. I.) Vermischtes. — Aus London kommt eine interessante Nach- . richt: Man bereitet dort eine neue Welt-Ausstellung vor. Der Plan fußt auf einer ganz neuen Unter lage. An die Stelle der Massenhaftigkeit soll dies mal strenge Auswahl treten. Statt Alles aufzu nehmen, was die Industriellen aller Länder anzu senden für gut befinden, soll nur dem Allerneuesten und Vorzüglichsten eine Stelle eingeräumt werden. Sie soll mehr den Character eines Industrie-Muse ums als einer Industrie-Ausstellung an sich tragen, soll durch die hohe Bedeutung ihres Gehalts doppelt und dreifach das ersetzen, was ihr an Größe des Umfangs und künstlichen Ueberreizen fehlen wird. Um diesen Zweck zu erreichen, wird der Antrag ge stellt werden, daß das bisher geübte Princip der Jury umgekehrt werde — statt, daß diese nämlich, wie bisher, am Orte der Ausstellung über das be reits Ausgestellte entscheide, soll eine an strenge Ge setze gebundene Jury im eigenen Lande bestürmen, welche Gegenstände werth sei«, vermöge ihrer über wiegenden Bortrefflichkeit und Neuheft im Londoner Industrie-Museum ausgestellt zu werd«. In der Zulassung allein würde eine hohe Auszeichnung gegen, die mehr werth wäre, als die bi« jetzt er-