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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 15.01.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189501153
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18950115
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18950115
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-01
- Tag 1895-01-15
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Monat
1895-01
-
Jahr
1895
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2V Jahren an der Saar gegeben habe». Es ist da« eine Pflicht gegen den Staat und gegen die Monarchie, vor allein aber eine Pflicht gegen die Arbeiter, die keine Sozialdemo kraten sind utid noch heute patriotisch denken. Ich erhalte zahlreiche Schreibe», anouhme uud nichtanonhme, aus Ar- bciterkrcisen, namentlich au« Sachse», in welchen die Tyran nei der Sozialdemokraten geschildert und nm Schutz sür die nichtsozialdcmokratischen Arbeiter gebeten wird. Zugeben will ich, daß es eine Entschuldigung sür da« Lcrhalten der So zialdemokratie giebt; das ist das Kokctliren gewisser gebildeter Kreise mit dem Sozialismus uud der Revolution, ähnlich, wie es kurz vor dem Ausbruch der großen französischen Revolution der Fall war. Auf unseren Hochschulen hat sich eine derartige Begünstigung de« Sozialismus festgesetzt, daß jeder Gelehrte, der nicht in dieses Horn stößt, förmlich boykottirt wird. Ein derartiger Zustand ist geeignet, der Sozialdemokratie eine Art EntschuldiguugSgruud zu schaffen. AuS diesen Kreisen stammt auch die „RedenSari von dem berechtigten Kerne" der Sozial demokratie. Niemals haben die Sozialdemokraten eine Forder ung zum Wohle der Arbeiter ausgestellt, die nicht schon vor her von Anderen ausgestellt war. Im Gegentheil, stets sind solche Forderungen an dem Widerstand der Sozialdemokraten gescheitert. Ich habe zuerst ein Alter«- und Jnvali- dcnversorgungSgcsctz angeregt, allerdings nicht in der Form de« jetzigen KlebcgcsctzcS. Das Centrum hat die Unfallversicherung beantragt, und wir und da« Ccntruin haben gemeinsam den Antrag aus größeren Sonntagsschutz gestellt. Sie haben gegen alle Liese Forderungen gestimmt. Und was haben Sie denn sonst erzielt? Ich behaupte, daß gerade da die besten Löhne gezahlt werden; Ivo die Arbeitgeber die entschiedensten Gegner der Sozialdemokratie sind. Sehen Sie sich die Werke von Krupp, v. d. Heydt, Lcusctmer und Villcroy u. Bock in Mettlach an, die alle in den Arbeiterfragen auf meinem Standpunkte stehen, uud vergleichen Sie die Lage der Arbeiter dort mit sozialde mokratischen Unternehmungen, wie der Bäckergenossenschaft, wo die Arbeiter streikten, weil sie keinen ordentlichen Lohn bekommen und zu viel Ueberarbeit haben, dazu kommt noch, daß dabei ein großer Thcil der Einnahmen durch da« Durch gehen von Kassirern verloren geh». (Lärm bei den Sozial demokraten.) Herr Auer hat hier da« Ladenmädchen erwähnt, das lO M. wöchentlich Lohn in einem jüdischen Geschäft er halten hat uud rief un« dabei zu, daß wir die großen Juden begünstigen, die kleinen schinden. Meine Herren! Ich bin kein Antisemit, ich kenne reiche und arnic Juden, die ich sehr achte, aber unmöglich kann man doch de» Konservativen nach sagen, daß sie die großen Juden begünstige. (Heiterkeit recht«.) Giebt c« doch auch in keiner Partei hier im Hause Juden als bei den Sozialdemokraten. (Sehr richtig! recht«, Unruhe links.) Dann muß ich auch der Agitation gewisser Kreise der evangelischen Geistlichkeit erwähnen, die mit der Sozialdemokratie nicht nur kokettircn, sondern sogar kooperircn. Die evangelischen Gewcrkvcrcine werden direkt in das Lager der Sozialdemokratie marschiren. Auch eine große Anzahl von Staatsbeamten, Arbeitern im Staatsbetriebe giebt es, die mit der Sozialdemokratie lieb äugeln. In Berlin wird, entgegen dem Berbot der Polizei, durch die Entscheidung des ObcrverwaltungSgerichtS ein Stück wie „Die Weber" aufgeführt, das in New-?)ork verboten ist, das wirksamer als alle anarchistischen Schriften ist. Die Sozialdemokratie wird hier mit Glacehandschuhen angesaßt, obwohl sic durch ihre MajestätSbelcidigung und ihre Obstruk tionspolitik uns geradezu verhöhnt. Wenn der Abg. Bebel es wagen kann, unserer deutschen 'Nation „Bedientcnnatur" vorzuwerfcn, unser ruhmvolles deutsches Reich mit den Zu ständen unter Tiberius und Ealigula zu vergleichen, dann hätte man ihm ein einstimmiges „ljuons »ne tunckeiu, 6n- tilins,«", zurufcn müssen und nicht wie Bogel Strauß den Kopf in den Sand stecken. Wenn der Staat die Sozialde mokratie als außerhalb des Gesetze« stehend behandeln würde, dann würde sich auch da« deutsche Bürgcrthuni gewaltsam ausraffen, und das würde mehr als alle Gesetze nütze». Die Umsturzvorlage ist der erste Schritt, die Illusion zu zerstören, als ob die Regierung mit der Sozialdeniokratie paktire. Ferner ist zu loben, daß sie denjenigen, der direkt oder indirekt zu einem Verbrechen anreizt, auf die gleiche Stufe mit dem Verbrecher stellt. Die Führer der Sozialdemokratie sind so all mählich dickbäuchige Bourgeois geworden, die in eleganten Häu sern wohnen, an deren Eingang „Nur für Herrschaften!" steht. (Heiterkeit.) Meiner Auffassung nach wäre eS das Beste gewesen, man hätte statt dieser Vorlage ein Ausnahmegesetz cingebracht. Sie sagen: Ausnahmegesetze dürfe man nicht machen. Aber ist denn die Gewerbeordnung etwas anderes al« ein Aus nahmegesetz gegen die Arbeitgeber? (Widerspruch.) Jedenfalls ist das, was die Regierung uns hier empfiehlt, da« Minimum dessen, was überhaupt nothwendig ist, um einigen Erfolg zu erhoffen. Wenn Sic diese Vorlage ablehnen, be schwören Sic nur schärfere Maßregeln heraus, die mit elementarer Gewalt kommen müssen. Den Geg nern von strengen Maßnahmen und Ausnahmegesetzen gebe ich darum in ihrem Interesse den Rath: nehmen Sie die Vorlage an und schwächen Sie sic nicht so ab, daß sie für die Regierung unannehmbar ist. Es könnte die Reaktion, die Sie so gern an die Wand malen, schließlich Fleisch und Blut werden. Ich wünsche sie durchaus nicht, aber wenn sie kommt, dann sind Diejenigen verantwortlich, welche diese überaus milde und maßvolle Vorlage ablehnen. Stellen Sie den Grundsatz voran: 8«I»8 znilckien suznemn lex! (Leb hafter Beifall rechts.) Tagesgeschichte. — Deutschland. Die „B. P. Nachr." erklären, daß die Sonntagsruhe für Industrie und Handwerk zn einem bestimmten Termin in Kraft treten würde, sei eine ver frühte Meldung. Andere Blätter versichern demgegenüber mit Bestimmtheit, daß der l. April al« Einführungstcrmin in Aussicht genommen sei, vorausgesetzt, daß der Bundesrath damit einverstanden sei. Uebrigens steht die Entscheidung de» BundcSrathes den „B. N. N." zufolge unmittelbar bevor, demselben ist bereit« der Entwurf einer kaiscrl. Verordnung zugegangen, die al« EinsührungSIcrmin den l. April fcstsctzt. — Aus allen Konsularbczirken der Vereinigten Staaten in Deutschland wird über Zunahme der Ausfuhr nach Amerika berichtet. Magdeburg weist im Vergleich mit dem letzten Quartal 1893 während der Monate Oktober bi« De zember 1894 eine Zunahme von 2'/, Millionen Mark auf; Chemnitz in demselben BergleichSquartal eine Zunahme von Ist, Millionen. Glauchau hat seinen Export um 2st« Millionen gesteigert. Berlin« Zunahme beträgt eine Million, selbst da« kleine Guben hat eine Zunahme von 80,000 M. 'Norddeutsch land hat allein >3 Konsulatsdistriktc und 8 Konsular-Agenturen, Süddeutschland zählt 15 Distrikte. Von den vorliegenden 6 Bezirken wird in dem einen Vierteljahre bereit« ein Pin ven nahezu >0 Millionen gemeldet. Ohne fehlzugehen darf man schon jetzt annehmen, daß das Gesammtrcsultat ein er freuliches sein wird. - Vom ostasiatischen Kriegsschauplatz. Die Japaner haben wiederum eine Schlacht gewonnen und die Chinesen in die Flucht geschlagen. Außerdem haben sic die Stadt Kai-Ping besetzt. Da« Ausfällige ist, daß sie ihren Meldungen hinzufügen, die Einwohner wünschten unter japani scher Oberhoheit zu bleiben — Der Angriff auf Kai-Ping von Donnerstag 'Nacht wurde von einer Brigade der zweiten japanischen Armee im Verein mit der ersten Armee unter nommen. Kai-Ping ist der in direkter Flußverbindung mit Niutsch-Wang stehende Hafen. Der Feind hatte eine besonder« starke Stellung aus beiden Ufern de« Flusse« inne. Zuerst wurde der linke Flügel des Feindes, dann der rechte cngagirt. Durch das Weichen beider Flügel gcricth das Ccntrum in Unordnung, und c« entspann sich ein greuliche« Gemetzel. Um 9 Uhr Morgens befanden sich die Chinesen bereits in voller Flucht, 200 Chinesen wurden todt aufgefunden, 150 Gcsangenc gemacht. Die Chinesen waren vom General Sch befehligt, welcher bedeutende Verstärkungen vor dem Angriff der Japaner erwartete. Die Kundschafter des Generals Nogi bringen die 'Nachricht, daß eine chinesische Streitmacht von 10,000 Mann sich Kai-Ping näherte, jedoch aus die Kunde von dem japanischen Angriff und der Flucht der Chinesen sich sofort auf Ting-Chou zurückzog. Locale und sächsische Nachrichten — Eibenstock, 14. Januar. Der Export aus dem Distrikt der Consular-Agcntur Eibenstock nach den Vereinigten Staaten von 'Nordamerika während des Viertel jahres vom I. Oktober bis 31. Dezember 1894 betrug Mk. 861,251.»». In dem entsprechenden Vierteljahr 1893 Mk. ü02,423.n, daher eine Zunahme von Mk. 358,827.»,. Der Export iin abgclaufcnen Kalenderjahr betrug Mark 2,342,b67.»i>. — Eibenstock, 13. Januar. Am vergangene» Donners tag Abend veranstaltete der Naturhcilvercin zu seinem zehn jährigen Bestehen einen Vortrag, in dem der prakt. Arzt Herr Or. ineck. Max Voigt aus Niederlößnitz bei Dresden in wohldurchdachter fließender und zugleich packender Sprache über Kinderkrankheiten nud Wichtigkeit de« Heilserums sprach. Im Allgemeinen erst die Krankheitserschcinungcn von den jetzt herrschenden Kinderkrankheiten gebend, sprach er über die Ursache und stellte unter Anderem als solche hauptsächlich die verweichlichende Erziehung und Lebensweise hin und legte dann das Hauptgewicht im Vortrage auf die Ver hütung von Lungenentzündung, Croup, Diphtheritis. — Kinder solle man frühzeitig an Mäßigkeit im Essen und Trinken, an einfache, mildnährcudc Speisen, wie Obst, Milch, Schrotbrot gewöhnen, während man ihnen stets Gewürze uud erhitzende Getränke, z. B. Branntwein, Kaffee, Bier, Wein versagen müsse. Im Kampfe »ms Dasein solle man die Jugend widerstandsfähiger, d. h. unempfindlicher machen gegen unser» schroffen Witterungswechsel, wa« mau durch kühle, flüchtige Abwaschungen mehrmals in der Woche erreichen könne. Täglich sollten Kinder barfüßig in der frischen Lust sich bewegen, Luft- und Sonnenbäder nehmen können. Auch solle man sic n'ch» in zu weichen und warmen Federbetten schlafen lassen, ferner der Hals zu jeder Jahreszeit unbedeckt bleiben; vor dem Zubettgehen und Morgens sollten sie den Mund niit frischem Wasser ausspülen, gurgeln, auch den Hals waschen. Geistige Anstrengungen in Schule und Haus sollten viel häufiger mit Ruhe und körperlicher Erholung abwechscln. Würde gegen ähnliche Gesundheitsrcgeln gesündigt, so würde die Blutvertheilung und Blutbildung eine falsche. Es trete in den inner» edlen Organe» Blutüberfüllung ein und dadurch würde» Kinderkrankheiten hervorgcrufen. Andererseits stocke der Blutlaus in den vom Herzen entfernten Theilcn und cs trete Kältegefühl ein. Je unrichtiger Kinder ernährt würden, je gestörter die Ausscheidung der Schlacken im Stoffwechsel sei, desto mehr erkrankten sic. Sodann kam der Redner auf die Heilung der Krankheiten zu sprechen, wobei er ausdrücklich hervorhob, daß er als früherer Medizinarzt auch die Kinder krankheiten jetzt nur arzneilo« behandele und hob ausdrücklich hervor, wie erfolgreich das ab leitende Verfahren in der Naturheilkundc sei. Das Heilserum sei als ein Heilmittel noch nicht anzusehen, da die damit Behandelten vielen Nach krankheiten ausgesetzt seien und 13 "/„ Stcrbefälle eintreten. — Am Schlüsse der Rede brachten unaufgefordert die Anwesenden ihren Beifall für den interessanten und werth vollen Vortrag zum Ausdruck. Hoffentlich wird der von Herrn Or. Voigt im Herbste in Aussicht genommene, anato mische Vortrag mit elektrischer Beleuchtung zur Ausführung gelangen. -- Eibenstock. Der dritte öffentliche Vortragsabend des Kaufmännischen Vereins, welcher nächsten Mittwoch im Saale des Feldschlößchen« stattfindet, ist wieder ein Familicnabend und bietet zur Abwechselung einen astronomischen, durch glänzende Lichtbilder erläuterten Vortrag. Der Redner, Herr I)r. pliil. Schmidt aus Crimmitschau, hat auf diesem Gebiete schon in verschiedenen kaufmännischen und andern Vereinen stets mit großem Erfolge gesprochen, u. A. in Chemnitz, Glauchau, Waldenburg re. Aus letzterem Orte schreibt z. B. das Schönburger Tageblatt: „Im hiesigen Gcwcrbcverein hielt gestern Abend Herr Oi. plul. Schmidt einen Vortrag über „Irrende Sterne". In klaren, von Poesie durchwobenen Ausführungen führte Redner die Zuhörer in die unendlichen Tiefen de« Weltalls und machte sie mit den lange Jahrhunderte räthselhaft gebliebenen Himmelserscheinungen der Kometen an der Hand von trefflichen Lichtbildern, mit den mannigfaltigen Gestalten dieser interessanten Weltkörper, ihrer Beschaffenheit und ihren Veränderungen bekannt. Redner schilderte in an schaulicher Weise die gewaltigen Umwälzungen, die sich mit rapider Schnelligkeit in der Nähe der Sonne aus der Ober fläche der Kometen vollziehen u. s. w. Die zahlreich besuchte Versammlung, die von den interessanten Aufschlüssen de« Redners völlig gefesselt war, verfolgte mit großer Aufmerk samkeit den lehrreichen anderthalbstündigcn Vortrag und spendete dem Redner am Schluffe allseitig den lebhaftesten Beifall." Der Besuch dieses Vortrages kann daher jedem Interessenten aus da- Wärmste empfohlen werden. — Dresden. Kurz »ach Weihnachten pflegt die sozial demokratische Partei sogenannte Arbeitslosenvcrsammlungen ein zuberufen, um unter den Bauarbeitern von Dresden und Umgegend, die in dieser Zeit in der Regel infolge der Witter- ungsverhältnisse gezwungen sind zu feiern, sowie unter den sonst um diese Zeit beschäftigungslosen ArbeitSleuten eine eifrige sozialdemokratische Agitation zu entfalten. Mittwoch Nachmittag '/,3 Uhr fand im Trianon eine solche Versamm lung statt, in der „Genosse" Or. Gradnauer als Referent über das Thema „Das Elend der Arbeitslosigkeit und der neue Kurs" sprach. Der Saal füllte sich schließlich so, daß die Polizei die Eingänge sperren mußte. Unter den Anwesenden waren die Bauhandwcrkcr ohne Zweifel am stärksten ver treten, sodann erblickte man auch viele bekannte Parteigänger, die immer zur Stelle sind, wenn in der Partei etwa« „los ist". Endlich scheinen sich auch diejenigen Elemente der Groß stadt, die da« ganze Jahr hindurch angeblich keine Arbeit finden, zahlreich eingestellt zu haben, vr. Gradnauer sprach etwa I 's. Stunde lang in der bekannten sozialdemokratischen Manier. Er schilderte die seiner Versicherung „ach jetzt hier herrschende große Arbeitslosigkeit in den grellsten Farben und kam zu dem Resultat, daß der jetzige Staat gar nichts dagegen thun könne. ES werde erst besser werden, wenn die sozial demokratischen Forderungen bewilligt seien. Hatte er sich bei Besprechung dieser Fragen noch einer gewissen Mäßigung be fleißigt, so wurde er um so heftiger, al« er den „neuen Kurs" besprach. Anstatt Verbesserungen zu schassen, wolle die Regier ung jede freie Meinungsäußerung unterdrücken. Aber wehe, wenn man dem Volke den Mund stopfen und die sozialdemo kratischen Führer, die stets aus gesetzlichem Wege Verbesserungen anbahnten, in da« Gesängniß werfen wolle; wehe der Regier ung, die auf diesem Wege fortschreite, sie werde erleben, daß die heutige verfluchte Gesellschaftsordnung eines Tage« in die Luft gesprengt werde. Bei dieser Wendung unterbrach der überwachende Beamte den Redefluß, indem er dem Redner da« Wort entzog. Die Anwesenden gaben ihr Mißfallen über diese Maßregel durch demonstratives Schreien und Klatsckcn zn erkennen, worauf der Beamte die Versammlung auflöstc. Die zahlreich vertretene Polizei sorgte dafür, daß der Saal sich ruhig leerte und daß auch auf der Straße keine Demon strationen weiter vorkamen. — Reichenbach. Ein bedauerlicher Beweis, wie das Gefühl für Anstand und die Bande guter Zucht und Sitte mehr und mehr verloren gehen, kann u. a. auch folgender Fall dienen, welcher sich in einer benachbarten Dorfschaft zugetragcn hat. Ein im fortbildnngSschulpflichtigen Alter stehender junger Mensch begegnete mit der brennenden Cigarre in der Hand auf offener Straße seinem Lehrer und cntblödete sich dabei nicht, diesem seinem Lehrer den Eigarrengualm direkt in das Gesicht zu blasen. Infolge dieser Frechheit schlug der Lehrer dem Jungen den Glimmstcngel aus dem Gesicht und die Folge, daß der letztere sich demonstrativ in das WirthShaus begab, sich dort wieder Cigarren kaufte und widersetzliche Redensarten führte, bi« ihm ein anwesende« Ge- meindcrathsmitglied endlich Ruhe gebot. Der Vater aber wußte nichts besseres zu thun, als den Lehrer wegen groben Unfugs und Sachbeschädigung noch anzuzcigen. Da« setzt jedenfalls dein Ganzen die Krone auf. — Schneeberg. Der lebhafte Geschäftsgang, den gegenwärtig die Stickereibranchc in so erfrenlichcr Weise zu verzeichnen hat, ist auch der Spitzen kl öppe lei zu Gute gekommen. Geklöppelte Spitzen werden jetzt namentlich auch von Fabrikanten in Plauen i. B. gekauft und für seinere Sachen verwendet. Die Spitzcnklöppelei findet ihren Halt hauptsächlich in den Klöppenschulen. Neuerdings scheint eS auch, als ob diese Schulen wieder stärker besucht werden. — Au« dem Erzgebirge, 11. Januar. In den letzten Tagen ist der Schnee in solcher Masse gefallen, daß er unsere Berge init einer ein halbes Meter starken Decke einhüllt. An den Fütterungsstellcn sicht man die Hirsche in Nudeln das Heu äsen und begierig die hingeworfenen Kasta nien und Eicheln auflesen. Eine böse Zeit beginnt für da« Rehwild, da diese« selten die Fütterung an den Wildschuppen annimmt. Man bringt daher, dieser Eigenart des Wildes folgend, an den Wechseln der Rehe an den Bäumen kleine Bündel von Heu, Haferstroh >c. an, die da« Reh in dieser harten Zeit annimmt. — In dem altcnburgischcn Dorfe Langenorla sind aus landräthliche Verfügung hin die meisten Brunnen polizeilich geschlossen worden, weil sich da« Wasser für Menschen und Thicre al« schädlich erwiesen. In die Brunnen ist das übelriechende Orlawasser eingcdrungcn, welches durch die hiesigen und Neustädter Fabriken verdorben wird. Die genannte Gemeinde ist gezwungen, sich eine Wasser leitung zu erbauen und verlangt, daß die Städte Pößneck und Neustadt zu den entstehenden Kosten entsprechende Bei träge liefern. Man ist gespannt, ob die beiden Städte zu BeitragSleistungen gezwungen werden können. Es ist natürlich, daß auch aus anderen, an der Orla gelegenen Ortschaften Klagen laut werden. Ein Fisch kann in dem Unterlaufe der Orlc schon lange Zeit nicht mehr cxistiren. Da« Wasser bildet nur noch eine dunkle, fast breiartige Masse. «uS vergangener Zeit — für unser« Zeit. 14. Januar. (Nachdruck verboten.) Am >4. Januar 18 >0, also vor 85 Jahren, wurde Hannover mit dem Königreich Westfalen vereinigt. Da« war eine traurige Zeit in deutschen Landen. Ein französischer König mit französischer Regierung, — selbst die behördlichen Schriftstücke mußten französisch abgesaßt sein, — schaltete und waltete auf deutschem Gebiete, wie in einer türkischen Provinz der Pascha; so verkehrte sich die anfänglich erhoffte und ver sprochene Freiheit in da« Gegentheil. Da« Land wurde durch Steuern und Erpressungen aller Art auSgesogen und die Beamtenwillkür war noch schlimmer, denn zuvor. Sollen wir nicht froh sein, daß solche Zeiten im neuen deutschen Reiche nimmer wiederkehren können?" 15. Januar. Am 15. Januar 1883 wurde die deutsche Sprache aus schließlich Geschäftssprache im Elsaß-Lothringischen Landes ausschuß. Die Zugeständnisse, auf der Grundlage der Milde den Bewohnern der Reich«landc gegenüber basirend, welche man seilen« Deutschlands Jahre hindurch gemacht hatte, waren nicht al« Entgegenkommen, sondern al« Schwäche auSgelegt worden und e« erschien nothwendig, den Elsaß-Lothringern zu zeigen, daß man die Zugehörigkeit der Reichslande zu Deutschland nicht al« einen vorübergehenden Zustand, sondern al« etwa« Bleibende« erachte. Wennschon die neue Anordnung etwa«
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