- 10 - die Fantasie eilt geschwind rach vorn, die Erfahrung schlen dert ihr hinterher, kontrolliert die Fantasie, bremst mit unter ihre Vehemenz. Die Erfahrung ist fest am Boden verankert, sie ist vernunftsmäßig, rationell. Die Fantasie hebt die Erfah rung etwas vom Boder, reizt, verdreht sie, macht sie narrisch. Das innere Maß des literarischen Satzes wird durch die Spannung jener Gegensätze bestimmt. Der Schreiber ist dr-m darzustellen den Stoff unterworfen. Der Stoff verlangt von dem ersten Satz bis zur Komposition des Textes eine gewisse Form der Ordnung. Diese Ordnung bildet sich aus der bewußten und unbewußten Span nung heraus. Die Sprache verdichtet in vielen Wortverbindungen menschliche Erfahrungen vieler Jahrtausende urd somit "weiß" sie mehr als wir kennen. Es kann sogar gesagt werden, daß Wörter den Schrei ber manchmal im Stich lassen, anfangen, etwas anderes' zu bedeu ten oder rufen im Leser einfach Mißtrauen, unter anderem Gleich gültigkeit hervor. Das Verhältnis des in der Sprache aufgehäuf ten Wissens zum durch die Erfahrung erworbenen Wissens des Ein zelnen hat sich verändert. Es ist zum Beispiel nicht mehr so leicht, tragische Worte glaubhaft zu machen. Die Tragik kann nicht mehr unmittelbar ausgedrückt werden. Die Tragödie findet in Wirklichkeit nicht statt, sie bedroht nur, sie offenbart sich nicht, sie ist lediglich zu erahnen, ab und zu taucht sie - 11 -