Martin Riedinger aber kam sich vor wie Jenes Schneiderlein, das im Reisewagen von Seldwyla nach Goldach fuhr und nicht wußte, was der Tag noch brachte. Und Pensdorf als Kaderleiter, war der Seld- wyler Schneidermeister, der ihn wegen seines Fallimentes aus der Werkstatt hinaus in die "weite Welt" wies. Nur Pensdorf hatte nicht Konkurs gemacht. Er saß hinter seinem Schreibtisch, mit der Vielgeschäftigkeit eines Managers, der Abschlüsse tätigt und keine Zeit hat, deren Folgen abzuwarten. Die Nickelbrille auf die Stirn geschoben, hatte er zu Martin gesagt: "Oben im Zweigwerk ist der Kröger steckengeblieben. Da weiß der Teufel wie das kommt. Das Werk ist wirklich klein genug, um ge führt zu werden. Ich verstehe das nicht! Der Kröger ist ein junger Ingenieur und versagt! Kollege Riedinger, lassen Sie uns nicht im Stich. Fahren Sie 'mal drei, vier Monate hoch und sehen Sie sich das Ding an. Der Plan hängt dort in der Luft und die Orientierung auf die ökonomische Hauptaufgabe ist schwach. Der Plan,nochmals der Plan, die Arbeitsproduktivität, die Qualitätssteigerung und was weiß ich noch alles - darauf muß sich doch unser Lebensziel abrichten!" Bie den letzten Worten war seine Stimme in einen eigenartiggleich mäßig singenden Ton verfallen. Er tupfte sich mit dem säuberlich gefalteten Taschentuch überjstirn und Glatze als sei ihm das, was dort dahintersteckt, besonders lieb geworden. Das tat er immer - bei Kälte oder Hitze - und stets zerrte er am Schlips, der zu eng ge schnürt, die Kragenecken des Hemdes abstehen ließ. Er war ein Mann, der zwischen den Sitzungen als Kaderleiter lebte und für alle, im Betrieb Beschäftigten, eine Nummernkartei führte. So passierte es, daß er auf die Frage seiner Sekretärin, was aus dem Kollegen Seidel würde, die Gegenfrage stellte: "»»eiche Nummer ist das?" -3-