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- 10 wurde, einen gekürzten Auszug aus dem ND, aber immerhin West. Rößler freute sich über die Abwechslung, spottete, lachte, und alle im Abteil lachten auch. Selbst Renel wurde muntrer und borgte sich eine Zeitung und las und sagte zwischendurch: "Schön, daß wir in Krakow ein paar Tage zusammenwaren." "Ja," antwortete Rößler, "seit ich weg bin, bist du mir ein bißchen fremd geworden." "Auch du bist anders. Ruhiger. Wenn ich an dich und deine Klasse in Moritzburg denke." "Brits Klasse," verbesserte Rößler. Kein Lehrer wollte die 6b, sie blieb bei der Aufteilung übrig für die neue Kollegin. Brigitte setzte sich mit Strenge durch, spürte aber keinen Kontakt und resignierte nach vierzehn Tagen. Die Idee mit der Wochenendfahrt an jenem sonnigen Oktoberanfang stammte von Rößler, und nun versuchte er sich als Museumsführer, schlürfte in zu großen Galoschen den Schülern voran, mit Prospekten in der Hand, die hatte er vorher mit Brigitte gründlich studiert. Wenn er jetzt trotzdem Jahreszahlen verwechselte, sah er Brigitte unauffällig doch erregt genug mit dem Kopf schütteln, und erst, nachdem er sich in ein Jahrhundert verirrte, in dem das Schloß noch gar nicht existierte, rückte sie verlegen das Geschichtsbild gerade. "Na bitte, von eurer Klassenlehrerin könnte selbst August der Starke lernen." Der Gag kam bei den Kindern an, Rößler aber war so durcheinander, daß er auf einem Bild Ludwig den XIV. für Moritz von Sachsen hielt. "Sie erzählen tüchtigen Unsinn," flüsterte ihm Brigitte zu, und er leierte noch ein paar Sätze im Museumsführerton, bevor er zurück flüsterte; "Ich will ihnen nur die Chance zum Korrigieren gebenl" "Hochstapler," lachte sie, übernahm selbst die Führung, und Rößler