Töchter einer Kleinstadt Sie spielten Klavier. Täglich übten sie Etüden eine Stunde. Sie spielten mit Puppen, nicht mit bösen Jungs, nicht in den Wiesen. Sie sangen im Kirchenchor und machten Abitur» Sie waren Töchter von Lehrern, Pastoren, Bibliothekaren und wurden geheiratet von den Söhnen der Kolonialwarenhändler, Dachdecker und Bäcker* Einmal in jedem Monat trafen sie sich. Ich war nie dabei. Ich war fortgegangen. Ich habe sie immer gehaßt. Präulein Mateika war sehr sanft. Sie hatte fahlblondes langes Haar, in der Mitte gescheitelt, im Nacken zu einem Knoten geflochten. So schien ihr Gesicht streng, aber kind lich rund waren die Wangen, die Augen wasserblau und kurz sichtig hinter einer randlosen Brille. Die Nase war schmal und fein, auch so der Mund, auffallend das fliehende Kinn, ohne Kontur, ohne EJrnergie. Schön ohne Zweifel waren die Hände. Nicht gotisch, sie hatten starke Knöchel und große, sehr kurz geschnittene Nägel; Präulein Mateika spielte seit ihrem vierten Lebensjahr Klavier. Ihre Mutter, eigentlich Sängerin, später Klavierpädagogin, gab den ersten Unterricht. Sie war eine resolute Prau mit ungewöhnlichem Bartwuchs. Der Vater war Beamter und beliebt, aber konnte sich nciht recht durchsetzen, auch nicht im Haus. Die drei Söhne kehrten