-73- Je mehr Eva darüber nachdachte, desto klarer schälte sich heraus, was der wirkliche Tatbestand war. Sie versuchte, ob wohl sie genaue Einzelheiten nicht g kannte, objektiv darüber zu urteilen, als wäre es nicht eine Sache, die sie und ihn be träfe, sondern andere Menschen. Warum quäle ich mich so, dachte sie, es hat doch alles keinen Zweck. Instinktiv fühlte sie aber, daß es gut war, sich schon jetzt mit dem schrecklichen Gedanken an eine Verurteilung Michaels vertraut zu machen, weil es dann nicht mehr so weh tat, wenn es tatsächlich geschah. Dann würde sie den Blick freier haben und alles objektiver betrachten. Noch hatte sie Zeit, sich ihrem Kummer hinzugeben. Wenn ich ihm doch helfen könnte, dachte sie. 9 Der Nachthimmel zeichnete sich rötlich ab im Rechteck des ver gitterten Fensters. Über der Großstadt wird ein Himmel nie richtig dunkel. Michael lag auf seinem Bett in der Untersuchungshaftanstalt und starrte den Himmel an, dieses kleine Stück nächtlicher Freiheit, bis ihm die Augen brannten. Das tat er nun schon die vierte Nacht. Wie viele solcher Nächte würde es noch geben? Er stand auf und öffnete die Klappe des Fensters. Wie viele solcher entsetzlichen Nächte würden noch kommen, in denen ihn