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nte, der 16 Millionen Menschen unterdrückte und deformierte" (R. Fornahl - SPD-Abgeordneter), im Sinne von "Mitverantwortlichkeit für ein verbrecherisches System, das mit seiner Schreckensherrschaft die Menschen 40 Jahre zu seinen Zwecken mißbrauchte" (Kohl), im Sinne von "Politisch-moralische Auseinandersetzung ... heißt im Bereich der Kultur, nach mehr als 40 Jahren Sozialismus in einem desolaten Zustand, Auseinandersetzung mit der Unterdrückung und Korrumpierung von Autoren."(Schäuble) Politische Schlachtrufe. Zweifellos. Ich kann mich ihnen anschließen, ich kann mich weigern sie wahrzunehemn, ich kann auch gegen sie ankämpfen, weil meine Erfahrungswelt diesen pauschalen Verurteilungen nicht standhält. Oder irre ich mich, sind meine Wahrnehmungen falsch, weil sie mit den offiziellen Verlautba rungen in Konflikt geraten. Ich bin schuldig. Der Bruch. Der Identi tätsverlust. Nichts wahrnehmen als Schmerzmittel. Ich habe nicht in meinem Erinnerungskästchen etwas aufzubewahren, das ganz allein mir gehört. Die Parallele des Faschismus wird mir aufoktruiert, Schuld injiziert, ich kann mich nicht wehren, ich kann mich hüten sie zu verinnerlichen, wenn ich dies schaffen sollte, so bleibe ich aber befleckt, schuldig im Sinne von Mitwisserschaft. Ich kann mich ver teidigen, ich kann kämpfen. Aber wozu? Wo sind die Grenzen des Sichtbaren und des Unsichtbaren? Dort, wo ich erfahrungsgemäß feststelle, der Raum für meine persönliche Ent faltung ist eingeengt und ich kann dies mit Fakten belegen. "Die Sprache" sagt Senta Trömmel-Plötz "ist auf der Seite der Mächtigen, weil die Mächtigen die Wirklichkeit definieren. Männer definieren Frauen als Mädchen, Damen oder auch Weiber, Hexen, Emanzen. Nachdem Frauen so definiert sind, ist es auch legitim, ihnen so bestimmte Eigenschaften wie Intelligenz, Kreativität, Durchsetzungskraft, Ent scheidungsfähigkeit, Selbstvertrauen und bestimmte Rechte wie das Recht auf gleiche Ausbildung, gleiche Berufwahl, gleiche Aufstiegs möglichkeiten abzusprechen. Wir kennen analoge Situationen, was die Schwärzen, die Juden, die Indianer betrifft. Auch hier wurden Grup pen von Menschen ausgesondert, mit degradierenden Definitionen be legt, bis sie keine Menschen mehr waren, sondern Sklaven, Ungezie fer, Rothäute, und dann war es nur noch ein kleiner Schritt, sie in Ghettos oder Konzentrationslager oder Reservationen zu stecken, wenn sie nicht ganz auszurotten. Ein übertriebener Vergleich? Sprachliche Parallelen zwischen der Sprache des Sexismus und des Rassismus feh len nicht." Die Mächtigen sagen ich sei schuldig. überleben - Survival. Ich befinde mich auf brüchigem Eis. Nachdenken beginnt lebensgefährlich zu werden. Ohne Vergangenheit, ohne Zu kunft, Gegenwart schon gar nicht. Die Vergangenheit, ein Schlüssel für Identität ist abgebrochen, eine Tür, die sich nicht mehr öffnet, die äußeren Dinge sind nicht mehr vorhanden: das Land, die Fahnen, die Menschen. Vergangenheit ist nicht mehr erklärbar, für einen selbst nicht, für andere (Deutsche) völlig unbegreifbar. Politik im Abstand der Betrachtung als karikaturistische Einlage. Verlust von