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war der Bahnbrecher aus diesem Gebiet; diese Aner kennung kann ihm zu seinem 20. Geburtslage nicht versagt werden. Hagesgeschichle. — Berlin. Von verschiedenen Seiten war die Befürchtung ausgesprochen worden, die innere Fertig stellung des neuen ReichStagS-GebäudcS könne nicht vor Ende dieses Jahres erfolgen. Demgegenüber erfährt die »Nordd. A. Z.', daß sämmtliche Arbeiten für die innere Einrichtung so weit vorgeschritten sind, daß, sobald der ReicdStagS-Bauverwaltung der Tag der feierlichen Schlußsteinlegung bekannt gegeben wird, jene Arbeiten vor diesem Termine beendet sein können, sofern dieser nicht vor Milte November liegt. Sollte jedoch ein früherer Termin in Frage kommen, so könnten die zur Benutzung de» Gebäude» nothwend- igen Einrichtungen in der Frist von zwei Wochen be endet werden. Ferner wird dem „Hamb. Korr." au« Berlin gemeldet, die Berufung de« Reichstag» sei vor dem 20. November nicht beabsichtigt, bi» dahin werde das neue Haus zur Benutzung bereit stehen. Ueber die Eröffnungsfeier ist noch nichts bekannt. — Ueber die Ausnahme, die die gegen die Um sturzparteien geplanteStrafgesetznovelle mög licher Weise im Reichstage findet, wird den »B. N. N.' geschrieben: Ob sich dafür eine Mehrheit im gegen wärtigen Reichstage finden werde, läßt sich heute natür lich noch nicht sagen. Aber eS ist selbstverständlich keineswegs in dem Maße ausgeschlossen, wie eS von gewissen Seiten bereits hingestellt wird. Man kann sich sehr wohl eine gegen den Umsturz gerichtete Vor lage denken, die auch die Zustimmung eines sehr großen Thcils des Zentrums finden könnte. Man braucht nur daran zu erinnern, daß der frühere Zentrums führer i)r. Windthorst selbst wiederholt öffentlich an Stelle des Sozialistengesetzes eine entsprechende Ver schärfung des gemeinen Rechtes verlangt hat. Schon hieraus ergiebt sich, daß die Regierung nicht nöthig hätte, von vornherein mit der sicheren Ablehnung ihrer Vorschläge durch den Reichstag zu rechnen. Es ist daher auch völlig unbegründet, wenn behauptet wird, daß bereits eine eventuelle Auflösung de« Reichstags ins Auge gefaßt sei. — Vor falschen Fünfzigmarkscheinen, die in letzter Zeit mehrfach in Umlauf gesetzt sind, warnt heute der Reichsanzeiger. Die Reichsschuldenverwallung sichert Demjenigen, der einen Verfertiger oder wissent lichen Verbreiter solcher Falschstücke zuerst ermittelt und der Polizei- oder Gerichtsbehörde dergestalt nach weist, daß der Verbrecher zur Untersuchung und Strafe gezogen werden kann, eine nach den Umständen von ihr zu bemessende Belohnung bis auf Höhe von 30Y0 Mk. zu. — Der gegenwärtig tagende Kolonialratb barte zur Prüfung der Frage, in welcher Weise bei gesetz licher Regelung deSAuSwanderungSweien» aus die Besiedelung unserer Schutzgebiete Rücksicht zu nehmen sei, einen Ausschuß gewählt. In diesem Aus schuß erstattete Herr l)r. Scharlach Bericht. Seinem Anträge entsprechend nahm der Ausschuß den Stand punkt ein, daß die Uebersiedelung deutscher Reichs angehöriger nach den Schutzgebieten anders zu be handeln sei als die Auswanderung nach fremden Ländern. Jene Uebersiedelung will der Ausschuß in weitestem Umfange zugclassen und nur den unumgänglich noth- wendigen polizeilichen und sonstigen Beschränkungen unterworfen sehen. Loeale rmd sSchfisch« Nachrichte». — Eibenstock, 1b. Oktbr. Heute wirbelten zum ersten Male in diesem Herbst die Schnee flocken vom Himmel hernieder und die Hoffnung auf nunmehr bald eintretende sonnige Witterung ist somit noch tiefer herabgestimmt, als eS bisher schon der Fall war. Nach einem verregneten Sommer ver tröstete man sich naturgemäßer Weise auf schöne Herbsttage, die leider bisher nicht cingetreten sind. Die Früchte des Felde« konnten bei dem vielfach schlechten Wetter noch nicht alle geborgen werden, denn auf den Wiesen lagert zum Theil noch der letzte Schnitt und die in diesem Jahre gut gerathenen Kar toffeln sind auch noch nicht alle der Erde entnommen. — Schönheide. Seit der Einweihung ist der Thurm auf dem Kuhberge von 6126 Erwachsenen, 1623 Kindern und 3b Schulklassen besucht worden. An Postkarten mit Ansicht sind verkauft worden 30b0 Stück. Dieser zahlreiche Besuch zeigt deutlich, welcher Beliebtheit sich dieser Aussichtspunkt bei Ein heimischen und Fremden erfreut. Der Thurm wird Ende Oktober geschlossen. — Johanngeorgenstadt. Die Firma Nest ler und Breitfeld läßt jetzt auf österreichischem Boden, in dem Grenzorte Breiten bach eine große Eisengießerei mit Wcrkstättcngebäude errichten. In WittigSthal, hart an der Grenze, besitzt die Firma schon ein um fangreiche« Eisenwerk. — Zwickau. Der Bergarbeiter Kurtze in Pöl bitz, welcher schon seit längerer Zeit mit seiner Frau in Unfrieden lebte, schoß am Donnerstag Abend gegen '/,9 Uhr in, wie eS heißt, angetrunkenem Zustande auf seine Frau. Er traf dieselbe jedoch nicht, viel mehr seine mit anwesende Schwiegermutter, welcher die Kugel in den Arm ging. Die Kugel wurde ent fernt und ist die Frau außer Gefahr. Kurtze entfloh und ist noch nicht ausgegriffen. Bei seiner Verfolgung soll Kurtze noch b Schüsse auf seine Ver folger abgegeben haben, ohne glücklicher Weise zu treffen. — Zwickau. »Meine Herren, hier ist geschlossene Gesellschaft-, ries der Vorsitzende des lediglich au« »Lehrlingen- bestehenden, seit Kurzem hier gegründeten Vereines .Eichenbaum- dem Obermeister und mehre ren Jnnungsmeistcrn zu, als dieselben am vergange nen Sonntag Nachmittag da« Lokal betraten, in welchem die Herren Lehrlinge tagten. Die Meister machten jedoch kurzen Prozeß und verabreichten jedem der anwesenden 18 Lehrlinge kräftige Ohrfeigen. Die Auflösung des Verein« vollzog sich auf diese Weise in äußerst raschem Tempo. Die ausliegenden, von orthographischen Fehlern strotzenden VereinSstatulen fielen der sofortigen Vernichtung anheim. — Zittau, 12. Oktbr. Im benachbarten böhm ischen Orte Grottau wurde man vorgestern Vor mittag durch die Kunde von einem Bombenattcn- tal erschreckt, das zum Glück dem ruchlosen Buben nicht gelungen ist. Die in der Nähe des Budde u. Müller'schen FabriketablifsementS in der Fabrikgasse Wohnenden wurden in den Abendstunden des vorauf gegangenen TageS durch eine heftige Detonation er schreckt. Die angestellten Nachtwächter des Fabrik- EtablissementS eilten sofort nach der Stelle, wo die Explosion erfolgt war und fanden die unteren Scheiben des Gebäudes zertrümmert vor, mitten aus der Straße lagen Bruchstücke de« explodirtcn bombenartigen Körpers zerstreut umher. Bei der Untersuchung wurde fest gestellt, daß die Hülse desselben au« einer blechernen Büchse bestanden hatte, welche mit einem pulvcrähn- lichen Sprengmittel gefüllt und durch eine Zündschnur zur Explosion gebracht worden war. Auf der Straße wurden zwei Dynamithülscn mit dem Stempel der Nobel'schcn Fabrik gefunden, die vermuthlich von dem Attentäter au« derselben gestohlen worden sind. Glück licher Weise hat die Kraft der Explosivmasse mehr nach außen gewirkt, so daß außer den zertrümmerten Fenstern ein Schaven am Gebäude nicht entstanden ist. Vermuthlich ist die Thal ein Racheakt, der sich gegen den Direktor de» Etablissement« richtete. Al« ein Glück ist e« zu bezeichnen, daß sich zur Zeit der Explosion keine Personen in der Nähe befanden, die von den umherstreuenden Sprengstücken verletzt werden konnten. Die Gendarmerie wurde sofort von dem Vorfälle in Kenntniß gesetzt, um auf den frechen Attentäter zu fahnden. In der Nacht zum 11. Oktober wurde der Versuch eines Attentats gegen den Direktor Demuth wiederholt. Der Nachtwächter entdeckte einen Mann, welcher einen Gegenstand in ein Kcllerfenster unter dem Schlafzimmer de« Direktor« werfen wollte. Der Wächter wollte den Unbekannten festnehmen, dieser versetzte ihm aber einen Messerstich in die Hand und entfloh. Bei dem Kellerfenster wurde eine 120 cm lange Zündschnur gefunden. — Wurzen. Da» Opfer eines unerhörten frechen Ucberfallcs am Hellen Tage wurde kürz lich ein junger Mann auf dem Wege durch den Püchauer Wald nach Püchau. Als derselbe in die Nähe des sogenannten Kessels kam, traten ibm plötz lich au« dem Gebüsch drei Männer entgegen, die ihn in nicht zu verkennender Absicht nach der Zeil fragten. Der Betroffene, nicht« Gutes ahnend, erwiderte, daß er keine Uhr bei sich habe. Diese Abweisung hatte aber nur zu Folge, daß sie den jungen Mann unter suchten und ihm Uhr und auch da« Portemonnaie mit 23 M. Lohn abnahmen. Anstatt aber den Vor fall sofort zu melden, hat sich der Ueberfallene nicht nach Hause gewagt und erst durch sein Ausbleiben ist der Fall zur Kenntniß seiner Eltern gekommen. — Auerbach, 12. Oktbr. Vergangene Nacht zwischen I und 2 Uhr ist die dem Hotelbesitzer Herrn Ernst Müller hier gehörige Scheune in Rosenthal mit über 200 Ctr. Heu und Stroh vollständig niederge brannt. Der herrschenden Windstille ist eS zu danken, daß die in unmittelbarer Nähe befindlichen Nachbar gebäude nicht vom Feuer ergriffen und nur unbe deutend in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Die Entstehung de« Brandes ist zweifellos aus böswillige Brandlegung zurückzuführen. Herr Müller hatte ver sichert. — Rochlitz. Ein gelungenes Stückchen soll sich, wie man dem »Rochlitzer Wochenblatt- berichtet, letz ten Sonntag in einer benachbarten Stadt ereignet haben. Ein biederer Handwerksmeister, dessen Name übrigens nicht« zur Sache lhut und deshalb verschwie gen bleiben mag, hatte am genannten Tage in seiner Werkstatt mit seinem Gesellen eine dringende Arbeit zu verrichten, wa« freilich im Hinblick auf die gesetz lichen Bestimmungen über die Sonntagsruhe eine nicht ganz unbedenkliche Sache war. Um sicher zu gehen, gab der Meister seinem Ehrling, der seit Ostern bei ihm ist, den Auftrag, sich auf die Straße zu be geben, um zu sehen, ob kein Schutzmann sich in der Nähe befinde. Meister und Geselle machten sich an die Arbeit und waren gerade im besten Zuge, al« nach etwa zehn Minuten die Thür zur Werkstatt sich öffnete und der Lehrling mit den Worten hcreinstürmte: »Mcester, endlich habe ich eenen gefunden!', wobei er mit sichtlicher Genugthuung auf einen ihm unmittel bar folgenden Schutzmann wie«, der mit malitiösem Lächeln sein Notizbuch zog und dasselbe mit einem Eintrag, Ueberlretung der Sonntagsruhe betr., be reicherte. Der Meister soll nachher wiederholt die Probe darauf gemacht haben, ob die beiden Ohren am Kopse seine« Lehrjungen auch fest genug sitzen. — Flöha. Der Turnverein zu Ober- und Niederwiesa ist durch die hiesige königl. AmtShaupt- mannschafl aufgelöst worden. Die betreffende Ver fügung hat folgenden Wortlaut: »Wie zur Kenntniß der königl. AmtShaupimannschaft gelangt ist, ver folgt der Turnverein zu Ober- u. Niederwiesa neben der Pflege und Förderung de« Turnens gegenwärtig auch andere Zwecke und beschäftigt sich zum Theil auch mit öffentlichen Angelegenheiten. Entgegen der Vorschrift in § 19 de« Vereinsgesetze« vom 22. Novbr. 1850 Hal der Vorstand es versäumt, über diese Abänderung de« seinerzeit anher eingereichtcn Grundgesetze« An zeige an die kgl. AmlShauptmannschaft zu erstatten und über die gewählten Vorsteher und sonstigen Be amten Mittheilung anher gelangen zu lassen. In Gemäßheit von 8 31 des VcreinSgesetzeS wird daher der gedachte Verein hiermit aufgelöst. — Treuen, 12. Oktbr. Da« Hotel und Restau rant »Sächsisch-Bayerischer Hof" in Herlasgrün ist heute früh eine Raub der Flammen geworden. ES waren gerade zum Schlachtfest alle Vorbereitungen getroffen, al« gegen 8 Uhr im Schlachthause, wahr scheinlich infolge einer schadhaften Esse, da«-Feuer ausbrach. Da« Feuer griff so rasch um sich, daß jetzt nur noch einige Mauerreste stehen. Es gelang, den Brand auf seinen Herd zu beschränken. Der Be sitzer, Hermann Horlbeck, halte versichlert. Die Rett ung des ViehcS und des Mobilar« ist gelungen. Theater. Am Donnerstag und Freitag gelangte die komische Operette „Der Mikado" zur Aufführung. Die Darstellung bean sprucht hinsichtlich der Dekoration und Kostüme Verhältnis,- mäßig großen Auiwand und man muß es der Direktion ent schieden Dank wissen, daß sie Mühe und Opfer nicht gescheut hat, das Stück Hierselbst zur Aufführung zu bringen. War auch der Besuch am Donnerstag Abend ein sehr guter, so ließ derselbe am Freitag jedoch zu wünschen übrig. Trotzdem ent ledigten sich sämmtliche Spieler ihrer Ausgabe mit großer Hin gebung und war besonders Hr. Dir. Unger als Koko geradezu unübertrefflich. Es ist Hierselbst das erste Mal, daß sich eine Theaterdireklion an Dekorationsstücke in diesem Umfange ge wagt hat, es verdient das die Anerkennung aller Theater freunde, die das Maß ihrer Anforderungen nicht über die Ge bühr hinaus stellen. Wünschen wir dem Dresdner Ensemble auch eine wirksame materielle Unterstützung noch bis zum Schluffe der Saison, der, wie wir hören, leider nahe bevorsteht. Ans vergangener Zeit — für «nsere Jett. 15. Oktober. (Nachdruü verboten.) Bor 15 Jahren, am 15. Oktober 1879, unterzeichneten der Kaiser von Deutschland und der Kaiser von Oesterreich ein Protokoll, worin bestimmt wird, „daß jeden, Angriff aus den gegenwärtigen Besitzstand eines der beiden Staaten soli darisch begegnet und daß alle orientalischen Angelegenheiten dem Berliner Vertrage gemäß entschieden werden sollen". Wenn schon sich zunächst die Spitze dieses Vertrages gegen Rußland kehrte, so war derselbe doch auch geeignet und bestimmt, den Frieden in ganz Europa zu fördern und zu erhalten. Selten hat ein in der Geschichte bekannt gewordenes Friedensbündniß so wohlthätige und seiner Absicht entsprechende Folgen gehabt, wie jener Vertrag der beiden Großmächte. 16. Oktober. Der 16. Oktober 1815 war vielleicht der schrecklichste Tag im Leben des großen Despoten, welcher die Ruhe Europas so lange gestört hatte. An diesem Tage landete Napoleon aus der einsamen Insel St. Helena im großen stillen Weltmeer. Auf die Großmuth Englands sich verlassend, hatte er nach der letzten unglücklichen Schlacht, als seines Bleibens nicht mehr in Frankreich war, sich auf ein englisches Schiff begeben, hatte aber zu seinem Schrecken an Englands Küste erfahren, daß er als Staatsgefangener sein Leben aus der einsamen Insel zu beschließen habe. Erst nach sechs peinvollen Jahren sand er die Ruhe im Grabe, die ihm im Leben fremd gewesen. Der Staatsanwalt. Kriminal-Roman von Paul Michaelis. (4. Fortsetzung.) III. Die Thür zu der Wohnung war alt und nicht sehr fest. Auch da« Schloß war ohne besondere Sicherung, Spuren von Gewalt waren nirgend« zu entdecken. Die Thür mußte also entweder mit einem Dietrich, oder mit einem Schlüssel in einfacher Weise geöffnet worden sein. Nach der Erklärung von Vater Fritz hatte diese Sorglosigkeit de» Alten darin seinen Grund, daß er da« erste Zimmer nur al« Vorsaal betrachtete, in dem er seine Kunden empfing Die übrige Wohnung dagegen, die au« zwei weiteren Zimmern bestand, war durch eine feste, mit Eisen beschlagene Thür, die mit Riegeln und Schlössern doppelt versehen war, gegen da« Vorderzimmer abge schlossen. In den Hinteren Zimmern wurden denn auch alle Werthsachen, sowie die Pfänder aufbewahrt, mit Ausnahme von geringfügigen Sachen, wie alte Kleider und dergleichen, die sich im Vorderzimmer befanden. Der Staatsanwalt trat ein. Da« ganze Zimmer zeigte sich al« Tummelplatz eine» wilden Kampfe». Der Todte war nur in Nachthemd u. Unterbeinkleidern. Er lag jetzt auf dem Rücken, koch hatte man ihn auf der Brust liegend gefunden. E» war offenbar, wie ein neben ihm liegender Leuchter mit halbverbrannter Kerze zeigte, daß er au» irgend einer Veranlassung, sei e», daß er ein Geräusch hörte, sei e», daß etwa» Andere» ihn beunruhigte, au« dem Bette aufgestanden war und den Leuchter entzündet hatte, um nachzu-