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u»g der Spionage verhallet, kreuz und quer verhört und schließlich mangel» eine» strafbaren Thatbestande» au« Frankreich ausgewiesen wurde. Einen ernsteren Hintergrund scheint eine neuesten« an der franzö sisch-italienischen Grenze vorgefallene Spio- nenasfärezu haben, die, nach den bisher vorliegen den Meldungen zu urtheilen, ein Seitenstück zu der von Kiel darstellt. Vor einigen Tagen wurde auf italienischem Gebiet ein französischer Hauptmann Namens Romani verhaftet, bei dem man in da« Hut futter eingenäht mehrere topographische Aufnahmen über die Vertheilung der italienischen Grenztruppen vorfand. Dem Vernehmen nach hat die alsbald ein geleitete Untersuchung zu dem Entschluß geführt, den französischen Offizier nicht, wie die« bisher üblich war, über die Grenze abzuschieben, sondern wegen Aus spähung unter Anklage zu stellen. Locale rrrrd sächstsche Nachrichten. — Schönheide. Nächsten Sonntag findet wäh rend de« Gottesdienstes für die hiesige Parochie die feierliche Einweisung der Diakonisse Louise Bahr, bisher in der Gemeindediakonie in Leipzig thätig, statt. Mit Rücksicht auf die segensreiche Einrichtung werden die Gemeindeglieder dem feierlichen Acte aller Voraussicht nach recht zahlreich beiwohnen. — Schönheide. Der „Verein für Geflügel freunde" hat beschlossen, seine 7. allgemeine Geflügel- auSstellung, verbunden mit Prämiirung und Ver- loosung, am 10. und 11. Februar 1895 im Hendel- schen Gasthofe zu Schönheiderhammer abzuhalten. — Dresden. Se. Königl. Hoheit Prinz Friedrich August, der kürzlich in der sächsischen Armee zum Generalmajor befördert wurde, hat jetzt auch den gleichen Rang in der preußischen Armee erhalten. — Leipzig, 4. Oktbr. Zu den angeblich zwi schen Halle und Leipzig projektirien Kaisermanövern schreibt die „Saale-Zkg.": Die von Halle aus ver breitete Meldung, daß da« 4. Armeekorps im näch sten Herbst in Gemeinschaft mit dem 12. sKöniglich sächsischen) Armeekorps Manöver vor dem Kaiser haben werden, wird in maßgebenden Kreisen als un zutreffend bezeichnet; außerdem ist über die im Jahre 1895 stattfindenden Herbstübungen noch gar keine Entscheidung getroffen, da sich der Kaiser diese stets bis zum Frühjahr eines jeden Jahres vorbehält. Ein Kaisermanöver des 4. Armeekorps gilt schon deshalb für ausgeschlossen, weil dies Korps erst im Jahre 1891- unter den Augen des obersten Kriegsherrn manöverirt hat und erst in den letzten Jahren des Jahrhunderts wieder an die Reihe kommen omfte. — Zittau. Die hiesige Handelskammer hat an die StaatSregierung eine Eingabe gerichtet, dieselbe möge beim BundeSrathe die Einführung der obli gatorischen Fleischschau, verbunden mit staat licher Viehversicherung für das ganze Reichsge biet, beantragen. Eine einheitliche gesetzliche Regelung mache sich nöthig, weil die Auffassungen des Begriffs „minderwcrthiges Fleisch" zur Zeit sehr weit ausein ander gingen. Die obligatorische Trichinenschau wirke zwar sehr segensreich, aber sie genüge nicht, um alle bisher zu Tage getretenen Uebelstände zu beseitigen. Alles Schlachtvieh müsse genau, vor und nach der Schlachtung, untersucht werden. Diese umfassende obligatorische Fleischschau sei jedoch nur möglich, wenn gleichzeitig die staatliche Viehversicherunq eingeführt werde. — Waldenburg, 2. Oktbr. Ein aufregen der Vorgang spielte sich heute Mittag auf dem Dache des hiesigen Rathhanses ab. Ein zehnjähriger Knabe Namens Franke aus Waldenburg, dessen El tern z. Zt. in Zwickau wohnen, war den letzteren, wie schon sehr oft, wieder einmal entlaufen und hatte sich hier aufgehalten. Durch die hiesige Polizei war er aufgegriffen und im Polizeigewahrsam untergcbracht worden, um später nach Zwickau zurücktranSportirt zu werden. Als ihm heute Mittag da« Essen ge bracht wurde, war er durch das vergitterte Fenster gekrochen und auf das Dach geklettert. Da er sich dort entdeckt sah, rutschte er das Dach herab und an der Blitzableitung nieder in den RathhauShof, um von dort aus die Freiheit zu erlangen. Allein er wurde dort festgehalten und wieder in seine Zelle gebracht, wo er sich jetzt noch befindet. — Elsterberg. Ein nobles Geschenk machte, wenn auch unfreiwillig, in diesen Tagen ein Landmann aus der Umgegend in unserer Stadt einem sogenann ten „armen Reisenden". Er gab demselben statt eines FünfpfennigcrS ein Zehnmarkstück. Der Empfänger verduftete sich natürlich so schnell al« möglich, so daß der Schenkgeber, al« er in der Herberge hier Nach suche hielt nach dem Kunden, nur da« Nachsehen halte. — Vor einiger Zeit ging eine Notiz durch die Blätter, daß, dem Beispiele de« württembergischen Justizminister« folgend, nunmehr auch der bayerische Justizminister verfügt habe, daß den Zeugen nur bei hinreichender Veranlassung Fragen nach den etwa von ihnen erlittenen gerichtlich erkannten Stra fen vorgelegt werden sollen. ES wurde daran der Wunsch geknüpft, daß auch die Iustizminister der übrigen Bundesstaaten bald mit ähnlichen Verfügungen Nachfolgen möchten. Jetzt wird darauf aufmerksam gemacht, daß ter sächsische Justizminister eine solche Verfügung bereit« 1881 erlassen hat; e« ist also anzunehmen, daß schon ter württembergische Ju stizminister sich da« Vorgehen seines sächsischen Minister kollegen zum Vorbild genommen hat. — Zur Abwehr sozialdemokratischer Ver hetzung und um der von den sogenannten „freien" (sozialdemokratischen) Turnern gegen die deutsche Turnerschaft eingeleitetcn fanatischen Agitation wirk samer cntgegentreten zu können, hat der Ausschuß der deutschen Turnerschaft beschlossen, den Turn vereinen zu empfehlen, durch eine Veränderung bezw. schärfere Präzisirung ihrer Satzungen den Eintritt von Sozialdemokraten unmöglich zu machen. In die Vereinssatzungen soll vor Allem die Pflege vaterlän discher Gesinnung als Vereinszweck mit ausgenommen werden. Da« Stimmrecht soll in allen den Verein und seine rechtliche Stellung betreffenden Angelegen heiten den Mitgliedern erst mit dem vollendeten 21. Lebensjahr gewährt werden. Den Mitgliedern soll zur Pflicht gemacht werden, sich des Besuches von Festen nicht zur deutschen Turnerschaft gehörender bezw. ihr feindlich gegenüber stehender Vereine zu ent halten. Die Vereine sollen sich ferner bemühen, reifere, einsichtsvolle und in einflußreicher Lebenslage befind liche Männer als Turnfreunde zu gewinnen und end lich soll bei festlichen and geselligen Gelegenheiten die Liebe zu Vaterland und Reich, zu deutscher Sitte und deutscher Zucht erweckt und gepflegt werden. Weater. Nächsten Sonntag hat die Direktion die sättige Posse: „Die lustigen Heirathscandidaten" oder Lamm und Löwe angesetzt und verspricht dies ein besonders heiterer Abend zu werden, da das Stück reich an komischen Verwickelungen ist. Die Vorstellung beginnt an diesem Abend bereits '/,8 Uhr, da sich der Vorstellung noch ein öffentlicher Ball anschließt! Der ganze Saal soll bei dieser Gelegenheit in einen japanischen Prachthof des Mikado umgewandelt werden, wozu Hr.Theaterdir. Unger die Decorationen und Requisiten liefert. Montag findet zum Benefiz der hier so schnell beliebt ge wordenen Frau Höpsner eine Ausführung des vorzüglichen Lustspiels „Die berühmte Frau" statt. Hoffentlich hat Frau Höpsner mehr Glück mit ihrem Benefiz als Hr. Nissen, wo wegen zu schwachen Besuchs die Vorstellung aussollen mußte. Herr Nissen ist als I. Bonvivant an das Stadttheater nach Regensburg engagirt und bereits heute dahin abgereist. Die Vorstellung war ihm von der Direktion als Abschieds benefiz gestiftet! Welche wehmüthigen Gefühle mögen diesen armen Mimen beschleiche», wenn er später einmal das Buch seiner Erinnerungen durchblättert und zufällig das Blättchen Eibenstock ausschlägt. Ans vergangener Zeit — für unsere Jett. 5. Oktober. (Nachdruck verboten.) Seinen 60. Geburtstag feiert am 5. Oktober der deutsche Maler Paul Thumann, ein vortrefflicher Darsteller des Volks und Familienlebens, dessen Bilder besonders in Deutschland dadurch allgemein bekannt geworden sind, daß er in dieselben deutsches Gemüth zu legen verstand. Seine Illustrationen zu Ehamiffos „Frauenlieb und Leben", zu Göthes „Wahrheit und Dichtung", zu Tennysons „Enoch Arden" und zu Heines „Buch der Lieder" zeugen von großer Änmuth der Formengebung. 6. Oktober. Am 6. Oktober 1876 wurde Gras Harry von Arnim vor dem Staatsgerichtshof zn Berlin wegen Landesverraths zur Verantwortung gezogen. Bekanntlich >»dete diese im Ganzen recht unerquickliche Affaire mit der Verurtheilung des Ange klagten zu ö Jahren Zuchthaus. Volles Licht über die Ange legenheit, die s. Z. viel Staub auswirbelte, dürfte erst die Zu kunft bringen. 7. Oktober. Vor Hundert Jahre», am 7. Oktober 1704, ist der deutsche Dichter Wilhelm Müller zu Dessau geboren, er hat die Befrei ungskriege als Freiwilliger mitgemacht und ist später in seiner Vaterstadt der Bibliothekar des Herzogs gewesen. Seine lyrischen Dichtungen zeichnen sich durch ihre frische, liebenswürdige Dar stellung der heiteren Seite des Lebens aus. Berühmt sind auch seine Griechenlieder geworden. Vermischte Nachrichten. — Wien. Am Sonntag Vormittag ist hier, von Brünn kommend, ein Radfahrer angclangt, der in einer Tour annähernd 10,000 Kilometer zurückgelegt hat. ES ist der Rentier Emil HauSadel au« Stettin, ein Herr von 56 Jahren, der seit einiger Zeit auf seinem Rade die Welt durchstreift und sich dabei recht wohl befindet. Diesmal fuhr er von Stettin über Berlin, Nürnberg, Innsbruck, Venedig, Genua, Rom, Neapel, dann durch die Schweiz über Chur, Zürich, Basel nach Pari«, zurück nach Rastatt, Köln, Rotter dam, Amsterdam, Bremen, Hamburg durch Mecklen burg zum Ostseeufer über Danzig, Königsberg, Tilsit, Memel, von da durch Posen, Schlesien, Böhmen und Mähren zur Donau. — In der Stadtverordneten-Versamm- lung in Königshütte stellte der Gymnasialdirck- tor I)r. Brock an den Magistrat die Anfrage, ob eS wahr wäre, daß vor Kurzem der Sitzungssaal der Stadtverordneten zu einem Damenkaffee benutzt wor den sei; sollte dies der Fall gewesen sein, so möchte er, bei aller Hochachtung vor den Damen, doch da rauf Hinweisen, daß der Sitzungssaal von städtischen Vertretern nicht zur Abhaltung von Kaffeekränzchen dienen könne. Mit Fug und Recht könne alsdann jede Bürgersfrau ihre Kaffeeschwestern ebenfalls zur Feier eine« derartigen Vergnügen» in den Sitzung«- saal laden. Oberbürgermeister Girndt entgegnete, daß der genannte Damenkaffec während seiner Ab wesenheit staltgefunden habe und die Erlaubniß zur Benutzung de« Saale« durch Bürgermeister Gahle- mann ertheilt worden sei. Or. Brock ersuchte den Magistrat, die geeigneten Schritte zu thun, damit in Zukunft ein derartiger Mißbrauch de» Sitzungssaales vermieden werde. — Elektrischer Leichenwagen. Die Tram bahn-Gesellschaft in San Francisco, deren Wagen elektrisch betrieben werden, hat auf ihren Linien einen Leichenwagen in Betrieb gesetzt, der ebenfalls mittelst Elektrizität bewegt wird. Dieser Wagen ist ein Salon wagen von 10 Meter Länge, der in zwei Abtheilungen getheilt ist. Die eine, die mit reichen Draperiren und eleganten Trauertapeten ausgeschlagcn ist, ist zur Aufnahme de» Sarge» bestimmt, während die andere von dem Trauergefolge eingenommen wird. Die ganze Einrichtung macht einen durchaus würdigen, dem Zwecke angemessenen Eindruck. Der Wagen, der sich mit der bei einer Beerdigung üblichen Langsamkeit durch die Straßen nach dem St. MatthäuS-Kirchhof bewegt, soll die verhältnißmäßig geringe Summe von 8000 Mk. gekostet haben. — Ehescheidung in Europa. Der englische Parlaments-Abgeordnete Henniker Heaton stellt in der „New Rewiew" die europäische Ehescheidungs statistik zusammen. In England kommt eine Ehe scheidung auf 577 Heirathen, in Rußland eine auf 450, in Schottland eine auf 331, in Oesterreich eine auf 184, in Belgien eine auf 169, in Ungarn eine auf 145, »n Schweden eine auf 134, in Holland eine auf 132, in Frankreich eine auf 62, in Dänemark eine auf 36, in Italien eine gerichtliche Trennung auf 421. Unter den europäischen Großstädten steht es am schlechtesten in Berlin. Dort giebt eS auf 17, Ehen eine Scheidung. In Wien kommt auf 43 eheliche Verbindungen eine Scheidung. Die Palme gebührt aber der Grafschaft Tolland in Connecticut, in den Vereinigten Staaten. Von sechs Ehen wird dort eine geschieden. — Aus der guten alten Zeit! Während man heute den 500 Kilometer langen Schienenweg von Straßburg nach Paris mit dem Orient-Expreß zug in etwa 9 Stunden, mit dem Eilzug in etwa 11 und mit dem Personenzug in 14 Stunden durchmißt, wobei man sich überdies der größten Bequemlichkeit erfreut, hatte die Fahrpostvcrbindung zwischen jenen beiden Städten, wie sie vor ungefähr 120 Jahren bestand, gar wenig Verlockendes. Nach den Aufzeich nungen eines deutschen Reisenden, der im Jahre 1773 den Weg von Straßburg nach Paris mit der „ordentlichen Postkutsch" zurücklegte, brauchte man damals volle 11 Tage zu dieser Reise. Der auSge- polsterte, an Ketten hängende Wagen hatte eine ovale Form, faßte 8 bis 10 Personen und legte täglich nicht mehr als 10 Stunden zurück, obwohl öfter 8 Pferde nöthig wurden. Wir wollen dem Reisenden gern glauben, wenn er diese mit einem überaus bunten Publikum vollgepfropfte „Arche Noah" ein „elendes Fuhrwerk" nennt. Diese Fahrpostverbindung geschah wöchentlich nur einmal, während heute Pari» von Straßburg aus mit direkten Zügen täglich sieben öder achtmal zu erreichen ist. Wie die „Union postale" mittheilt, trat noch in den siebziger Jahren deS vor igen Jahrhunderts im Reisendenverkehr zwischen Straß burg und Paris sowohl bezüglich der Schnelligkeit der Beförderung, als auch hinsichtlich der Bequemlichkeit der Reisenden eine erhebliche Verbesserung ein. Statt der bisher alle Dienstage von Straßburg abgegangenen „Ordinari Kutsch, so zwölf Tage Unterwegen war," wurde eine Verbindung eingerichtet, mittelst einer „leichten bequemen Kutsch", die nicht länger als acht und einen halben Tag unterwegs war. „Diejenigen Personen, so nach Frankreich zu reissen, und sich dieser sicheren und guten Gelegenheit bedienen wollen, be lieben sich beyzeiten wegen ihren Plätzen im Bureau der Pariser Landkutsch zu melden." Außer dieser Ver bindung ging noch eine zweite „Kutsch" von Straß burg nach Pari«, die zehn Tage gebrauchte. Später, und zwar noch vor 1792, wurde die Rciseverbindung noch mehr verbessert, indem eine Diligence von Straß burg alle Wochen abging und in vier und einem halben Tage in der französischen Hauptstadt eintraf. DaS Gepäck mußten die Reisenden jeweilen einen Tag vor der Abfahrt aufgeben, sie selbst aber hatten sich wenigsten» eine Viertelstunde vor der Abfahrts zeit im Bureau einzufinden, „weil befohlen ist, auf den Glockcnschlag abzufahren und Niemand ferner zu erwarten." — In einem Orte bei Insterburg hat jüngst ein lljähriger Landschlller über das Thema: „DaS Eichhörnchen" folgenden Aufsatz geliefert: „DaS Eichkater lebt auf Bäumen, eS kömmt auch ab und zu auf die Erd und im Garten, eS halt einen Schwandz, der immer aufrecht stöht, ein Schnutel wenn Mann ihm ärgert wird Er bosig. Er freßt die Bäume kahl. Man schießt ihm. Er baut ein Nest für dem Wint, wenn« friert im Winter kraust er runter. Wo er bleibt Wer weiß e», in dem Großen Welt giebt» viele Große EichkaterS." — Einen guten Witz hat sich bei den letzten Manövern am Rhein ein leidenschaftlicher Schlachten bummler geleistet. Ein Stabsoffizier, der den eifrigen Zuschauer wiederholt bemerkt hatte, redete diesen an: „ES ist mir unbegreiflich, mein Herr, daß Sie trotz der Hitze sich fortgesetzt den Manörerstrapazen so auS- setzen können, — zu Hause hätten Sie e« doch viel schöner!" — worauf der Angeredete erwiderte: „Ja, Herr Major, mir hawe seinerseit bei der Militärvor-