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tickkackcnden Uhr. Ihre Kinder waren neck nicht zu rück. Eine halbe Stunre später sah sie wieder nach der Uhr, und dann wieder und wieder. Noch immer waren die Beiden nicht zurückgckehri. Um ein Uhr litt sie eS endlich nicht mehr im Stübel, sie warf hastig ihre Kleider um und eilte hinaus, hinab zum See. Kaum daß die Sterne erblaßt waren, kaum daß das Frühlicht die Berge noch säumte — dichte Nebel massen wälzten sich über den See und in den Berg einschnitten hin — hörte man im Dorfe rufen, gellend, beinahe schauerlich rufen und es schien vom Seeufer heraus zu kommen. Alles rührte sich im Orte und die Männer eilten zum Seeuser hinab. Dort sanden sie die alte End- hoferin, die die Hände rang, sich die Haare raufte und unaufhörlich mit heiserer, herzzerreißender Stimme nach ihren Kindern rief, von dem See sie heischend und ihm fluchend. Rasch wurden Boote ausgesetzt, welche den See nach allen Richtungen durchstreiften. Inzwischen lief die Endhoferin jammernv und händeringend am Sccufer hin und her. Nach einigen Stunden kehrte ein Boot um das andere wieder zurück, allein Keiner der Bootsleute halte die Gesuchten entdecken können. Endlich kam auch das letzte noch ausständige Boot in Sicht, welchem ein zweites leeres angehängt war, wodurch cS sich nur langsam dem Ufer nähern konnte. Da die beiden ungeduldig erwarteten Boote ans Ufer knirschten, umringten alle Anwesenden dieselben und bestürmten den Ruderer mit Fragen. Nachdem er lange vergeblich herumgerudert, be richtete dieser, erblickte er, am Ufer entlang steuernd, an einer Landzunge das gestrandete Boot. Er fuhr sogleich darauf zu und erkannte in rem Boote das Endhoferische, in welchem ein Wollentuch und LoiS' Hut lag. DaS sprach deutlich genug, und Alle, selbst die, welche kürzlich das Paar noch angefeindet hatten, brachen über das entsetzliche Unglück in laute, ungc- heuchelte Klagen aus, während die alte Endhoferin von Sinnen kam. Theilnehmende Nachbarn brachten sie aus ihren Hof und pflegten sie dort bis in den Abend hinein. Aber des Nachts hörte man wieder in der Buchau der Endhoferin herzzerreißendes, fürchterliches Rufen vom Sceufer hcrausschallen, und das wiederholte sich noch einige Nächte hindurch, bis eine schwere Krank heit die trostlose Mutter aufs Krankenbett warf. Man sprach natürlich viel von dem erschütternden Ereignisse um den See herum und besonders in der Buchau. Einige Mißgünstige wollten wissen, daß dem LoiS zugetragcn worden wäre, Hanni hätte, da sie noch Kellnerin im Wirthshause war, mit einem fremden Maler ein Heimliches gehabt und da hätte sie LoiS an den See hinauSgelockt, um sie hineinzustürzen; aber er wäre selber mitgerissen worden. Emsig und erfinderisch ist die Fama, wo es Reine zu verleumden gilt. Ein Schiffer der „Scholastika", der von dem Ge schehenen gehört, kam nach einigen Tagen in die Buchau herüber und erzählte da, daß er zur Zeit deS Voll mondes spät des Nachts, als er ein Kalb von der „Scholastika" nach der „Pertisau" überführte, zwei mitten im See in einem Kahne gesehen, wie sich um armend oder miteinander ringend, die dann plötzlich übergesunken und in den Wellen verschwunden wären, ohne mehr auf der Oberfläche zu erscheinen. Er ruderte wohl rasch der Stelle zu, sah aber bald ein, daß die Entfernung zu groß wäre, um noch retten zu können, und so gab er da» nutzlose Bemühen aus. Dies bestätigte eineStheil« die eigenthllmlichcn Ge rüchte, die lange unter den Leuten hcrumgingen, für deren Wahrheit jedoch Keiner recht einstchen mochte. Die Wahrheit wußte allein der See, der schweigsame See und seine verschwiegenen Wellen — die für ge schwätzig gelten und es doch so wenig sind — und der Vollmond, der den Beiden in jener Nacht so be zaubernd geschienen, so süß zugelächelt, und der heute noch, wenn er über den schönen Achensee schwebt, und sein magisches Licht herabgießt — so zauberisch und auch wieder so geheimnißvoll lächelt. Selbst die Leichen der Liebenden aus der Buchau gab der See nicht heraus; engumschlungen mögen sie wohl auf seinem Grunde in ewigem Schlummer ruhen. ES schien fast ein Wunder, daß die Endhoferin von ihrek Krankheit wieder ausgekommen war. Am vierten Sonntage nach dem unglücklichen Ereignisse sah man sie zum ersten Male wieder zur Kirche wanken. Ihr Gesicht war schrecklich eingefallen, da graue Haar vollend» weiß geworden, und die schon gebeugte Gestalt nun ganz zusammengedrückt. Mit rem Kopfe nickte sie seltsam, ihre fahlen Lippen wi»- pelien unaufhörlich sinnlose Worte und wollten ihr die Leute theilnehmend und trostzusprechend nahen, entwich sie ihnen. „Sie ist verrückt, in ihrem Kopfe hat sich'« ver dreht," flüsterten sich die NachbarSleute scheu zu, aber eS war nur der unsäglich bittere Schmerz, der die Endhoferin so sein ließ. Den nächsten Tag bestellte sie beim Steinmetz in Jnnbach ein Marterte für LoiS und Fortunata und ließ eS dann an die Stelle setzen, wo der Schiffer da» gestrandete Boot gefunden batte. Dorthin zieht nun die Endhoferin seit Jahren, immer wenn der Vollmond leuchtet, und befeuchtet den Stein mit ihren Thränen und legt ihre Kränze auf die Wellen des Sce'S — auf das große, weite und so schöne Grab ihrer verunglückten Kinder. Vermischte Nachrichten. — Postdiebstahl. Ueber den Verbleib deS am 5. Akai d. IS. im Bereiche des Bahnpostamtes in Dirschau abhanden gekommenen Gcldbriefbeutels von Danzig nach Marienburg 2 (Bahnhof) mit 19,277 M. 7b Pf. Werthinhalt fehlt c» jetzt noch an einem sicheren Anhalt. Die für die Herbeischaffung des Werthinhalt» rc zueist auf 300 M. und später auf bOO M. festgesetzte Belohnung ist deshalb auf 1000 Mark erhöht worben. — Unter den Städten Europa», welche die über die gieße Salzpfütze reisenden Amerikaner am meisten besuchen, nimmt Dresden die dritte Stelle ein. An ter Spitze steht Pari», im Jahre 1892 waren in den Pariser Hotels 28,000 Amerikaner polizeilich augcmeldet worden, was mit den in Privathäusern und Pensionen wohnenden etwa 54,000 macht. Die per manent in Paris wohnende Kolonie von Amerikanern beträgt jetzt 2500. Dann folgt Berlin, obwohl der durchpassirenden Besucher nicht halb so viele sind, wie in Paris. Nun kommt gleich Dresden, das eine stän dige Kolonie von etwa 1000 und einen ab- und zu- strömeuden Besuch von 20- bis 24,000 Amerikanern hat. ES folgt Genf, wo die Kolonie von 250 und die 20,000 besuchenden Amerikaner etwa 1'/? Million Dollars (6 Millionen Mark) verzehren sollen. Von allen europäischen Bädern wird Karlsbad am meisten von Amerikanern besucht: 2224 hatten die Kurtaxe bezahlt; in Vichy, Aachen und Wiesbaden zählte man je 1000. - Wie man vor 50 Jahren auf der Eisen bahn fuhr, wird jetzt beim 50jährigen Jubiläum der sächsisch-schlesischen Eisenbahn Görlitz-Dresden erzählt. Von den Personenwagen waren damals nur die Wagen erster Klasse ganz geschlossen; die Wagen zweiter Klasse hatten zwar eine feste Bedachung, sie waren aber an den Seilenwänden nur mit Leinwand vorhängen zum Auf- und Zuziehen versehen. Die Personenwagen dritter Klasse waren ganz offen. Die Reisenden in dieser Wagenklasse waren daher vielfachen Belästigungen durch die Witterungsverhältnisse, sowie durch Staub und Funken ausgesetzt. In den Zeit ungen wurden für Eisenbahnreiscnre Halbmasken von Gaze, ras Stück für 20 Pfennig, al» Schutz gegen Asche und Staub, sowie auch Dampswagenbrillen von Gewerbetreibenden zum Kauf angeboten! Mit der Schnelligkeit de» Fahren« war eS damals auch nicht weit her, besonders verursachte da» Wasserfassen der Lokomotive erheblichen Zeitverlust. — Die „weibliche Trinkhaftigkeit" frühe rer Zeiten beleuchtet Heinr. EveerSmann in der „Magdcb. Ztg." an einigen Beispielen. Häufig sind im Mittelaller und dann im 16. Jahrhundert Ver ordnungen, durch welche die Behörden der Trunk sucht ter Frauen zu steuern suchten. Der Rath zu Heilbronn fertigte im Jahre 1561 einen Erlaß au-, in dem eS heißt: „Dem Trünke ergebene Weiber sollen vom Sladlknechte herumgedängelt und ihnen an ren Kopf ein Zettel geheftet werden mit den Worten: „Versoffene KrugSurschel." — In München wurden unter dem 19. April 1566 und 16. Christ mond 1570 Verbote erlassen, aus denen man ersieht, daß dazumal Weiber und Kinder bei den Weinen von Oesterreich und Welschland gleich den Männern zechen lernten, während merkwürdiger Weise vom Bier darin keine Rede ist. Dagegen wendeten sich im Jahre 1576 „die au» gemeiner Bürgerschaft" — heutzutage Stadtverordnete geheißen — zu Borna an den Rath ihrer Stadl mit dem Gesuch, daß den Weibern Abend» die Bierzcchen verboten sein sollten, in Ansehung, daß daraus allerhand Unrecht und Be schwerung nicht allein dem Wirth, sondern auch den Personen, so die Zeche für sie bezahlen müßten, ent stände. Und während die Weiber säßen und zechcten, ging« daheim in Hau» und Hof übel zu mit dem Gesind und den Kindlein." Der Chronist fügt jedoch betrübt hinzu: „Hat solche« aber nit viel helfen wollen, und mag wohl derer Weiblein Einrede viel dazu bei getragen haben." In Frankreich gab cS namentlich unter Ludwig XIV. am Hofe viele Damen, die gleich den ärgsten Saufbrüdern kneipten, und unter der Regentschaft, sowie unter Ludwig XV. wurde eS in dieser Hinsicht noch schlimmer. In erster Linie waren dazumal die verschiedenen Liköre bevorzugte Getränke des weiblichen Geschlechts und forderten zahlreiche Opfer. Die zarte Blondine Louise de la Valliöre, die 1675 ins Kloster flüchtete, um als Schwester Louise de la Missricorde dafür Buße zu thun, daß sie den Liebeswerbungen de» „Sonnenkönig»" nicht widerstanden hatte, suchte den Frieden ihrer Seele wieder zu gewinnen, indem sie eifrig betete und — Likör trank. Sie ließ sich einen Betstuhl machen, unter dessen ausklappbaren Deckel eine stattliche An zahl Branntwcinflaschen Platz halten, so daß sie gleich zeitig beten und trinken konnte. Die Herzogin von Mazarin, eine der Nichten des Cardinals, betrank sich regelmäßig so, daß sie sich Kleider und Wäsche vom Leibe riß ; die Herzogin von Bouillon hatte das De lirium, und von der Enkelin der großen Conds schrieb der Großprior von Vendome, mit dem sie häufig zechte, an den Regenten: „DaS ist gar keine Dame, das ist ein reizendes Fäßchen, in das eine unglaubliche Menge von Branntwein hineingeht." — Nur nobcl. In Stuttgart verlor vor einigen Tagen auf dem Bahnhof ein von Stuttgart nach Köln reisender Amerikaner seine Brieftasche mit einem Werthinhalt von 18,000 Mark; sie wurde von einem Portier gefunden und alsbald dem Eigenthümer zu gestellt. Als Belohnung erhielt der glückliche Finder — eine Cigarre. — Einzige Gelegenheit. Frau (deren Mann ein Pantoffelheld ist, zum Hausarzt): „Denken Sie sich, Herr Doktor, seit gestern Nacht habe ich an meinem Gatten eine neue schreckliche Entdeckung ge macht: Er spricht im Schlas!" — Hausarzt: „Aber beste Frau, lassen sie ihm die kleine Freude, eS ist ja doch die einzige Gelegenheit sür ihn, zu Worte zu kommen!" — Geschmeichelt. Lehrerin: „Warum war wohl König Salomo der weiseste Mensch aus Erden, Fred?" Der kleine Fred: „Weil er so viele Frauen hatte, welche ihm den weisen Rath gaben." Lehrerin (lächelnd): „So so? DaS ist nun zwar nicht die Antwort, Fred, welche hier in dem Leidfaden steht, aber Du kannst Dich jedenfalls zehn 'raussetzen." — — Höchste Leistung. „Haben Sie den Weit springer im Circus gesehen?" Der springt über einen Lastwagen!" — „DaS ist noch gar nichts: ich habe auf der Durchreise nach Berlin einmal einen ganzen Personenzug übersprungen!" — En leewenSwürdiges Kind. De kranke Else will den Doktor ehr Tung nich wiesen. „Dohn Se doch mal etwas bös mit ehr, Herr Doktor," sä de Mudder, „denn strekt se se all von sülren rut!" — Schmeichelhaft. Gattin: „Das kann ich Dir sagen, wenn ich mal sterbe, solche Frau wie mich kriegst Du nie wieder." — Gatte: „Wer sagt Dir denn, das ich solche Frau wieder haben will?" — Doppeltes Versprechen. Vater: „Siebst Du, Max, hier dieses hübsche Stöckchen. Wenn Du brav bist, werde ich es Dir einmal schenken, wenn Du aber ungezogen bist, wirst Du eS öfter bekommen. Mittheilungen -es Lönigl. Standesamts Eibenstock vom 20. bis mit 28. Juni I8S4. Aufgebote: a) hiesige: 32) Der Sticker Ehregott Gustav Bi ehweg hier mit der Wirthschasterin Emilie Bertha veno. Stark geb. Gtyhcr hier. 33) Ter Handarbeiter Richard Siegel hier mit der Mafchincngehitfin Johanne Marie Flechsig hier. 3s) Der Maurer Gustav Albert Strobelt hier mit der Auf passerin Bertha Marie Brückner hier. 35) Ter Handarbeiter Carl Heinrich Glaß hier mit der Ausschneiderin Christiane Friederike vertu. Glhher geb. Kober hier. 36) Der Oekonomie- aehilfe Ernst Heinrich Vogel hier mit der Stickerin Helene Amalie Lippold hier. b) auswärtige: Vaeat. Eheschließungen: 25) Der Streckenarbeiter Ernst Wilhelm Kehrer in Blauenthal mit der Näherin Flora Minna Spitzncr in Blauenthal. Geburtsfälle: 157) Ernst Willy, S. des Fabrikarbeiters Ernst Hermann Möckel hier. 158) Clara Johanne, T. des Tischlers Otto Bruno Friedrich Fröhlig hier. I5S) Erich Walther, S. des Maschinenstickers Karl Albert Glich hier. ISO) Hans Erich, S. des Malers Hermann Scheffler hier. Sterbesälle: 106) Di« Wittwe Rosine Elisabeth Conrad geb. Heinrich hier, 71 I. 8 M. 25 T. 107) Paul Mar, S. des Handarbeiters Gustav Emil Heymann hier, 2 M. 5 T. LäLnIaÄUNK LUM Beim bevorstehenden Ouartalswechsel machen wir unsere werthcn Abonnenten daraus aufmerksam, ihre Bestellungen auf das „Amts- und Anzeigeblatt" bei der Post sowohl als auch bei den Boten so bald als möglich aufzugeben, damit Unterbrechungen in der Zusendung vermieden werden. — Gegen Vorausbezahlung von 1 AK. 20 kk. nehmen alle Postanstaltcn Bestellungen an, ebenso wird das „Amts- und Anzeigeblatt" gegen einen Botenlohn von 25 ?k. pro Quartal von der Postanstalt an jedem Dienstag, Donnerstag und Sonnabend pünktlich ins Haus geliefert. Unsere Abonnenten in Eibenstock, Schönheide, Stützengrün, Earlsscld, Sosa, Hundshübcl, Blauenthal rc., welche das Blatt durck die Boten beziehen, erhalten dasselbe oknc Preiserhöhung zugeschickt. Zu zahlreichen Neubestellungen ladet hiermit freundlichst ein Vie kedatliou und Lrpkditiou dks „Amts- und Anztigeblatlts".