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fahrt veranstaltet, d. h. etwa eine Stunde nach Passiven der Fahrer wird auf der Kontrolslation das Protokoll geschlossen und in mehreren Exemplaren Fahrern über geben, welche dasselbe nach der nächsten Station über- bringen; dort wird das dortige Protokoll bcigefügt und mit frischen Fahrern nach der nächsten Station gesandt rc., sodaß etwa eine Stunde nach den letzten Preisträgern die sämmtlichen Protokolle in Berlin sind. Tie Stationen liegen 30 bis höchstens 3b Kilo meter auseinander, sodaß im höchsten Falle die letztere Strecke zurückzulcgen ist. -Diese RelaiSfahrt bietet tüchtigen Fahrern, welche in der Nähe der Rennstrecke wohnen, eine günstige Gelegenheit, ihre Leistungs fähigkeit zu zeigen und einen Preis zu erringe», um somehr, als zu der RelaiSfahrt alle Radfahrer (auch solche, welche keinem Verein »»gehören), zugelassen sind und Einsatz nicht erhoben wird. (Meldungen müssen an das Sekretariat der Distanzfahrt bez. Herrn B. Milch, Berlin IV, Gruncwaldstraße 129, abge sandt werden, da für jede Station nur 3 bis 4 Nenn ungen angenommen werden.) In der Meldung ist anzugeben, von welcher Station aus der Melkende fahren will. Relaisstationen sind: Dresden, Großen hain, Liebenwerra, Bernsdorf, Jüterbog, Beelitz, Pots dam. Schluß der Nennungen ist am 1. Juni. — Leipzig. Bon der huldvollen Gesinn ung unseres Königs erzählt die „Leipz. Gerichts- zeitung": Als der Besuch des Königs einer Leipziger Fabrik in Aussicht stand, bat die Frau eines zu Ge- fängniß verurtheilten Arbeiters den Fabrikanten um die Erlaubniß, bei der Ankunft des Monarchen zugegen sein zu dürfen, um demselben ein Gnadengesuch zu überreichen. Das wurde der Frau aber abgeschlagen. Als nun der König in die Fabrik kam, empfingen ihn Ehrenjungfraucn mit der Tochter des Hauses an der Spitze, die ihm ein kostbares Blumenbouquet überreichte. Der König nahm das Bouquet und ließ es durch seinen Adjutanten in den Wagen legen. Während der nun folgenden Besichtigung der Fabrik räume mußte ein Hof überschritten werden und hier stand plötzlich und zum Aergcr des Fabrikherrn jene ArbeiterSfrav, neben sich ihre etwa 12jährize Tochter. Von der Frau nahm der Monarch die Bittschrift entgegen und von dem Kinde ein ihm von diesem entgegen gcbaltcnes Bouquet aus einfachen Feld blumen! Diesen einfachen Strauß behielt der König aber unausgesetzt in der Hand und die überglückliche Frau hatte die Freude, nach Verlauf von 14 Tagen ihren Mann begnadigt in ihre Arme schließen zu können. — Zwickau, 4. Mai. Der Abbruch oer hie sigen allen Moritzkirche hat vorgestern begonnen. Die Kirche St. Moritz wurde gegen 1200 als Pfarr kirche des damaligen Dorfes Osterweih gegründet, im Husitenkriege im Jahre 1430 durch Prokop Hrly und sodann im Dreißigjährigen Kriege von den Kaiser lichen zerstört, im Jahre 1680 aber wieder aufgebaut, 1871 auch gänzlich erneuert und mit neuer Orgel versehen, im November 1893 aber geschlossen. . Die Reformation fand frühzeitig hier und in der Um gegend Eingang. Schon 1526 diente die Moritzkirche dem evangelischen Gottesdienste. DaS Dorf Oster weih hat lange vor der Reformation seinen Namen verloren. Nur eine Straße, die durch das jetzige Moritzgottesackcrgrundstück, bezw. den Moritzkirchhof fortgesetzt werden soll, führt noch den Namen Osterweih- straße. Außer der Nordstadt Zwickau gehören die Vororte Mölbitz und Eckersbach zur Moritzparochie. Die neue Moritzkirche wurde im Herbste 1891 bau lich in Angriff genommen, im Herbste 1893 gerichtet und am 1. Adventsonntag 1893, 3. Dezember, feier lich eingeweiht. Der Moritzpfarrer war bis in die 1870er Jahre zugleich Pestilenzprediger von Zwickau, hatte als solcher Amtswohnung in der inneren Stadt und erhielt 1872, nachdem die Moritzschule aufgehoben und mit den hiesigen Bürgerschulen verbunden war, die neben der Moritzkirche gelegene Schule als Pfarr haus überwiesen. Auch dieses Pfarrhaus wird fallen, da bei der neuen Kirche zwei neue Pfarrhäuser mit erbaut worden sind. Seil 1888 wirken zwei Geistliche an dieser Kirche. — Zwickau, 5. Mai. Heute Vormittag 11 Uhr fand auf der hiesigen elektrischen Straßenbahn die offizielle Probefahrt auf der Linie Hauplmarkt- Babnhof Zwickau statt. Die Mitglieder des RatheS und der Stadtverordneten betheiligten sich daran. Betriebsdirektor Melzer führte den Wagen. — Plauen. DaS Vogtland ist von stärkeren Erderschütterungen schon oft betroffen worden und wurde im Jahre 1789 sogar mehrere Tage hinter einander durch Erdbeben beunruhigt. Vereinzelte Erd stöße sind mehrere bisher in jedem Jahrzehnt und oft auf weile Entfernungen hin beobachtet worden. Professor Credncr in Leipzig erklärt diese Erscheinungen als Folgen der noch fortschreitenden Schrumpfung der Erdoberfläche und letzte Aeußerungen der Ent stehung des erzgebirgischen Faltensystem«. Mit den dadurch bewirkten Bodcnvcrschicbungen, die durch den eigenthümlichen Aufbau der GesteinSarten im Vogt land erleichtert werden, bringt man die auffallende Thatsache in Verbindung, daß der Berg Kulm bei Saalburg im reußischen Theile de« Vogllandes seit etwa 40 Jahren eine fortschreitende Senkung beob achten läßt. Wer von dem westlich gelegenen Ebers dorf kommt, für den ist jetzt der Kirchthurm des hinter dem Berge gelegenen Dorfes Kulm von Stellen aus sichtbar, von wo er früher nicht zu sehen war. Auch noch weiter westlich nach dem Frankenwalde zu bat man solche Senkungen beobachtet, die durch das Her- vorlreten früher nicht sichtbarer Thürme und Bauten der Bevölkerung bemerkbar geworden sind. Professor Ur. Ludwig in Greiz hat diese Bodenverschiebungen in unserer Gegend zum Gegenstände seiner genaueren Beobachtungen gemacht. — Die diesjährigen größeren H erbst-U ebu ng en beginnen im letzten Drittel des Monats August und dauern bei den Truppenthcilen der ersten und der dritten Division bis zum 20., bei der zweiten Division, die am KorpSmanöver nicht Theil nimmt, di» zum 19. September. Die Entlassung der zur Reserve beurlaubten Mannschaften findet dem gemäß bei den Fußtruppen der 2. Division Nr. 24 am 20. Septem ber, bei der l. und 3. Division am 22. September, bei allen den Truppentheilen, die mittels Fußmarsches au» den Manöver» in ihre Garnison zurückkehren, dagegen am zweiten Tage nach der Rückkehr in die Garnison statt. Kavallerieübungen im Kavalleric- divisionsverbande werden nicht abgehalken. Die Re gimenter der 1. Kavalleriebrigade haben ihr RegimcntS- cxcrzieren und anschließend hieran die Uebuugen im Brigadeverbande in der Gegend von Bautzen, die der 2. Kavalleriebrigade in ter Gegend von Grimma, die der 3. Kavalleriebrigade in der Gegend von Burgstädt. Hiernächst stoßen die Kavallerie-Regimenter zu den Infanterie-Brigaden, um an den Hebungen derselben, wie der Divisionen bez. im KorpSverbande Theil zu zu nehmen. Die Truppentheile der 1. Division Nr. 23 üben im Bezirke der AmtShauptmannschaft Löbau, die der 2. Division Nr. 24 im Bezirke der AmtS hauptmannschaft Borna, die der 3. Division Nr. 32 in dem der AmtShauptmannschaft Flöha. Letzterer wird zu den Divisionsmanövern da» 2. Feldartilleric- Regiment Nr. 28, der 1. Division das I. Feldart illerie- Regimcnt Nr. 12, der 2. Division Nr. 24 daS 3. Feldartillerie - Regiment Nr. 32 zugetheilt. Die 1. und 3. Division treffen in der Umgegend von Dresden zu gegenseitigen Hebungen und zur Abhaltung von KorpSmanöver« zusammen. Den Garnisondienst in Dresden übernehmen während der Abwesenheit der Truppen aus der Garnison die 4. Bataillone der beiden Grenadier-Regimenter, des Schützenregiments nnd der Regimenter Nr. 102 und 103, während die durch Reservisten auf den vollen Friedensetat ge brachten 4. Bataillone der Infanterie-Regimenter, der 2. und 3. Division vom 7. September ab an den Manöver» ihrer Regimenter theilnehmen. Demnach haben die Reservisten der Infanterie zum Theil eine Einziehung zur Uebung in der Manöverzeit zu gewärtigen, während die Mannschaften der Land wehr 1. Aufgebots der Infanterie und Jäger aus den Jahrgängen 1882, 1883 und 1884 zu besonderen Uebungskompagnien bei den 4. Bataillonen bezw. bei den Jägerbatailloncn im Verbände der Feldkompagnicn zu einer 14tägigen Dienstleistung im Juni heranzu ziehen sind. Die Reservisten der Jäger aus den Jahrgängen 1888 und 1887 werden gleichfalls zu einer 14tägigcn Uebung Anfangs Juni cinberufen. — Die sechswöchige militärische Uebung für Volksschullehrer beginnt in diesem Jahre am 29. Juni und wird am 9. August beendet sein. Die betreffenden Militärpflichtigen sollen wieder zu eigenen Lehrer-Kompagnien zusammengezogen werden, nachdem sich diese Einrichtung im vorigen Jahre zur allseitigen Zufriedenheit bewährt hat. Theater. Heute Dienstag hat ein geschätzter Liebling unseres Theaters, Frau Voigt Karichs, ihren Ehrenabend: em Benefiz. Was eine Liebhaberin mit so prächtigen Mitteln für ein Theater zu bedeuten hat, kann Wohl Jeder, der in die Mysterien der dra matischen Kunst einigermaßen eingeweiht ist, beurtheilen. Als Benefiz ist das Schauspiel „Heimath" gewählt worden. Her mann Sudermann, der Verfasser von „Heimath", hat nut diesem Stück seinen Ruhm befestigt. Ist er in dem Schauspiel „Die Ehre" etwas auf Abwege gerathen, so hat er mit „heimath" die Musen wieder versöhnt. Es ist ein packendes Gemälde menschlicher Leidenschaften, eine Familientragödie mit erschüttern dem Ausgange. Wir wünschen der Benefiziantin ein recht volles Haus. Aus »ergangener Zeit — für unsere Jett. 7. Mai. (Nachdruck verboten.» Es sind jetzt 20 Jahre verstrichen seit dem Erlaß des Reichsprcßgesetzes vom 7. Mai 1874. Wie Jedermann weiß, der die Arbeit der Presse, die mit dieser Arbeit verknüpften Besonderheiten und Schwierigkeiten kennt, ist die deutsche Presse auch heute nicht aus Rosen gebettet; allein cs herrscht denn doch ein gewaltiger Unterfchfid Mischenden heutigen und früheren Zuständen. Daß die im Prinzip anerkannte Preßfreiheit, wie sie auch im Gesetz zum Ausdruck kommt, keine Preßzügellosig- keit sein soll, wird jeder billig Denkende gut heißen und sich deshalb auch mit gewissen Preßbeschränkungen, wie sie da« Gesetz vorschrcibt. einverstanden erklären. Dagegen muß man mit Bedauern erkennen, daß die Auslegung des Gesetzes in richterlichen und Verwaltungskreisen vielfach nicht im Einklang steht mit dem durch das Zeitungswesen nun einmal bedingten Preßgetricbe und daß manchen Urthcilen über die Presse irrthüm- liche Auffassung dieses Getriebes zu Grunde liegt. Es dürste sicher sein, daß ein Schwurgericht viel leichter sich in die Lage der Presse hineinzudenken vermag, als der gelehrte Richter, der dem Getriebe der Presse meist völlig sern steht. 8. Mai. Kurzen Prozeß machten vor 500 Jahren die Böhmen mit dem römisch-deutschen König Wenzel, indem sie ihn am 8. Mai 1384 gefangen nahmen und ihn mehrere Monate lang in, KönigSschlvsse zu Prag gefangen hielten. Der erste Grund dieses Verfahrens war, daß Wenzel, der ursprünglich ein be gabter und gerechter Man» war, aber im Laufe der Jahre durch Trunksucht ausartete, den Generalvikar Pomuk (später Nepomuk genannt), einen unbescholtenen Geistlichen, in die Moldau stürzen ließ. Der Markgraf Jobst von Mähren und König Sigismund von Ungarn waren Wenzel auch nicht hold nnd hatten ihre Hand mit im Spiele. Der Legionär. Eine Erzählung aus Deutsch-Oesterreichs schwerer Zeit. Von Emil König. (S. Fortsetzung.) Mit sichtbarer Bewegung hatte besonders der Baron diesem Theile der Erzählung gelauscht. Einige Male schien er den Erzähler unterbrechen zu wollen; er hatte aber stet« wieder an sich gehalten. Am Schluffe jedoch öffnete er schon den Mund, als ihm ein von Joseph nicht bemerkter Wink des älteren Herrn denselben wieder verschloß. „Bald darauf begann jene grauenvolle Periode," fuhr Franz in seiner Erzählung fort, „Wien kam unter die Herrschaft des Standrechts. DaS Blut floß in Strömen. Der Tag der Rache unserer Wider sacher war gekommen; auch über meinem Haupte schwebte das Schwert des Henkers. ES kam jene unselige Zeit, welche ich so gern mit meinem Herzblut au« der Chronik der Gegenwart löschen möchte! Er lassen Sie mir die Einzelheiten! Die Horden der Kroaten, die Heere eines Windischgrätz drangen in Wien ein und hielten ein fürchterliche« Strafgericht. Nur Einzelnen von uns gelang es, durch die Flucht sich auf eine Galgenfrist dem Henker oder den Ge schossen der Soldaten zu entziehen. Unter diesen glücklichen Unglücklichen oder unglücklichen Glücklichen, wie Sie es bezeichnen wollen, befand auch ich mich. Nach Tagen beständiger Todesangst, jede Nacht mein Versteck wechselns, gelang es mir unter tausend Ge fahren endlich, aus der Hauptstadt zu entkommen. Bis zur Unkenntlichkeit vermummt und entstellt, die Nähe der Menschen fliehend, von immerwährender Furcht, erkannt und ausgeliefert zu werden, gepeitscht, schleppte ich mich bis zu meinem HeimathSorte, um mich dort mit meinem Bruder zu berathen, was ich thun, wohin ich flüchten sollte. Allein ich fand statt des Lebenden eine Leiche! Am Tage vor meiner An kunft hatte ihm sowohl wie einem seiner Postillone ein jäher Sturz mit dem Gefährt in den Abgrund das Leben geraubt. Ich traf Nachts leise und vor sichtig in seiner Behausung an. Vernichtet sank ich an dem Bett nieder, auf dem sein Leichnam lag. Der alte Klaus, der schon bei Lebzeiten meines Vaters unser ältester Postillon gewesen, die ehrliche treue Seele, die mich zuerst auf ein Pferd gehoben, der ich den Unterricht im Reiten, Fahren und Blasen des Posthorns schon in meiner frühesten Jugend dankte, erkannte seinen Liebling sogleich. Er brachte mich wieder zu Sinnen, verbarg mich und pflegte mich. Der brave Mann hatte bald daS Gräßliche meiner Lage überschaut und schauderte vor meiner Zukunft. Und als ich verzweifelnd vor mich hinstarrte, rieth mir der biedere Diener meines Bruders: „Sepp! Hier darfst Du nicht bleiben. Du weißt, man kennt Dich. ES darf Dich nur eine unberufene Person sehen und sofort bist Du dem Bürgermeister verrathen; zudem kann Deines Bruders Nachfolger jeden Augen blick eintrcffen und die Herren sind ja alle Todfeinde der Demokraten. Du mußt auf der Stelle fort." „Aber wohin? Wo und wie soll ich mich ver bergen, was beginnen?" Nach langem Besinnen meinte der Alte: „Ein Mittel gebe eS schon, Sepp; aber eS wird Dir zu gering sein!" „Mir ist kein Mittel, keine Verkleidung zu gering!" rief ich in Todesangst. „Nun, so hör', Sepp! Mit Deinem Bruder zu gleich ist ein junger Postillon verunglückt, der zufällig Euren Familiennamen führte. Er hieß Franz Z und konnte ungefähr in Deinem Alter sein. Zieh' seine Kleider an, nimm seine Dienstpapiere, geh' bei Nacht und Nebel über alle Berge und suche weit von hier, wo Dich Niemand kennt, ein Unterkommen. Ein ganz besonderer Umstand kommt Dir noch zu statten. Der verstorbene Franz Z wollte in die Dienste einer anderen Posthalterei eintreten. Sein Abschied steht bereit« in seinem Dienstbuche vermerkt." Rasch erfaßte ich diese Idee und führte sie au«. DeS Rettens und Fahrens war ich von frühester Jugend her kundig und im Blasen de« Posthorn» suchte ich meinesgleichen. Ich hatte e« während meiner Ferien immer mit Vorliebe geübt. Noch in derselben Nacht nahm ich Abschied von dem biede ren, väterlichen Freunde Klaus und wanderte der Grenze von Steiermark zu. Hier fand sich bald ein Unterkommen. Der Posthalter, bei dem ich mich zu erst meldete, fragte, nachdem er meine Person und meine Zeugnisse gemustert hatte, gar nicht einmal nach der Ursache, weshalb ich meinen früheren Dienst verlassen habe; er brauchte gerade einen Postillon und da« war ihm Grund genug, mich zu engagiren. Allerdings fürchtete ich die Möglichkeit einer Entdeck ung, sobald meine Nationale zur Oberbehörde kommen würde, da der Postillon, welchen ich nunmehr vor stelle, al- todt gemeldet sein mußte. Jedoch tröstete