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Nr. 51 — Erscheinungsort Dresden für die deutsche Bevölkerung Donnerstag, 19. Juli 1945 Slärkun Auf abe deutschen Selbstverwaltung Feierliche Einweisung der Landes Verwaltung Sachsen Präsident Friedrichs über die neuen Grundsätze und Ziele tungszwanges, Insbesondere der Freigabe eines Teiles der landwirtschaftlichen Erzeugung zur freien Verfügung, und der in Kürze geplan ten Aufhebung des Erbhofgesetzes wurde mit dem Abbau der die Bauern bedrücken den nazistischen Zwangswirtschaft begonnen. Allen Fragen, die den sächsischen Bauern be treffen, wird größte Aufmerksamkeit gewidmet. FS. Dresden. Anläßlich der Einweisung der Landesverwaltung Sachsen iand in der Ton halle in Dresden eine Feier statt, an der Ver treter der Roten Armee, an ihrer Spitze der stellvertretende Chef der sowjet-militärischen Administration im Bundesland Sachsen, General major Dubrovski, ferner die Mitglieder der Landesverwaltung, die Oberbürgermeister und Landräte des Gebietes der Landesverwaltung und zahlreiche Vertreter aus Kunst, Wissenschaft und der werktätigen Bevölkerung teilnahmen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung, die von künstlerischen Darbietungen umrahmt war, stand eine programmatische Rede des Präsidenten der Landesverwaltung Sachsen, Rudolf Fried richs, in der Wesen und Aufgaben der neuen Verwaltung dargelegt Wurden. Die Rechtsgrundlage der neuen , Verwaltung Die Rechtsgrundlage für das neue Leben er klärend, gedachte Präsident Friedrichs der anti faschistischen, aufbauwilligen Kräfte, die sich nach dem vollkommenen Zusammenbruch des Hitlerreiches aus freier Entschließung zur Ver fügung gestellt und in Genehmigung mit den ört lichen Stellen der Besatzungsmacht neue Ver waltungsorgane geschaffen haben. Auf Grund der Tätigkeit dieser Kräfte be stätigten die Besatzungsbehörden Bürgermeister ifnd Landräte und für deren einheitliche Lenkung eine Landesverwaltung. „Wir haben eine neugeschaffene Selbstver waltung im Bundesland Sachsen und seinen Städten und Landkreisen", erklärte Präsident Friedrichs wörtlich. „Wir leiten unsere Rechte und Pflichten aus der Tatsache her, daß wir nach dem Willen des Volkes von der Besatzungsmacht berufen worden sind. Alle demokratischen Parteien Deutschlands sind durch geeignete Persönlichkeiten in der Landes verwaltung vertreten." Kein rechtloser Zustand Die Frage nach dem jetzt geltenden Recht be antwortete der Präsident dahingehend, daß nach dem radikalen Zusammenbruch des Hitlerreiches alle Gesetze, Verordnungen, Organisationen usw. dieses Reiches ihre Wirksamkeit verloren haben, und daß neue Gesetze auf demokrati scher Grundlage geschaffen werden müßten, was gewisse Ze.it brauche. Aber in der Zwischenzeit bestehe kein recht- und gesetzloser Zustand. Als Grundlage für das augenblickliche Leben müßten die vor handenen Gesetze, jedoch unter Ausschaltung des faschistischen und militärischen Geistes, als Behelf genommen werden. Bei Anwendung solcher Gesetze sei das demokratische Volks empfinden und die Achtung vor der Menschen würde des einzelnen entscheidend. Bei der Schaffung neuer Gesetze werde die Landesverwaltung nur die notwendigen Grundsätze festlegen und sich darauf be schränken, Ziel zu weisen und Hinweise zu geben, auf welchem Wege sie erreicht werden können. Im Rahmen dieser Gesetze müßten Behörden und Beamte in voller Selbstverantwortung und unter Berücksichtigung der besonderen sach lichen und örtlichen Verhältnisse arbeiten. Das Gebiet der Landesverwaltung Die Landesverwaltung Sachsen erstreckt sich auf den Bereich des früheren, Freistaates Sachsen sowie auf einen Teil von Nieder schlesien. Es umfaßt ein Land von 150 000 Quadratkilometer mit 5 Millionen Einwohnern und ist damit das am dichtesten besiedelte Ge biet Europas. Es wohnen hier 400 Menschen auf einem Quadratkilometer, während der frühere Reichsdurchschnitt 150 Personen betrug. Die Industrie Sachsens ist überaus vielseitig, wobei die Mittel- und Kleinbetriebe den Ausschlag geben. Die neue Landesverwaltung umfaßt neben den Erneuerung Frankreichs aus dem Geiste von 1789 Aufruf der französischen Generalstaaten Paris (TASS). In Paris wurde die Tagung der „Generalstaaten für die Erneuerung Frankreichs" abgeschlossen. Auf der Tagung wurden poli tische, soziale und kulturelle Fragen erörtert. Auf der Schlußsitzung erfolgte die Annahme des „Aufrufes und Eides der Generalstaaten des Jahres 1945". Der Wortlaut dieses Textes ist: „Die .Generalstaaten für die Erneuerung Frankreichs' geben dem Willen des französischen Volkes Ausdruck, nachdem es sich vom fremden Joche befreit hat. Sie sind davon überzeugt, daß der beendete Krieg als höchstes Ziel die Wahrung der Rechte des Menschen und Bürgers hatte und daß der Sieg überall diese Rechte gewährleisten wird. In dieser Ueberzeu- gung verkünden sie, daß die souveräne konstitu ierende Versammlung die feierliche Deklaration dieser Rechte in die zukünftige Verfassung auf nehmen wird. Pflicht aller zivilen und militäri schen Diener der Nation sowie aller Bürger wird es sein, diese Rechte zu beachten. Die Deklaration wird die Grundsätze der Deklarationen von 1789 und 1793 bestätigen. Im besonderen wird die Gleichberechtigung aller Menschen ohne Unterschied von Geschlecht, Rasse, Nationalität, Glaubensbekenntnis bestätigt und ihre Freiheit der Person, Gewissensfreiheit und politische Freiheit garantiert werden. Auf Grund des Prinzips der nationalen Souveränität hat das Volk das Recht, unmittelbar seine Ver treter zu wählen, und haben die Volksvertreter das Recht, die verantwortliche Regierung zu wählen und zu kontrollieren. Der Wille des Volkes, der mittels allgemeiner Abstimmung aus gedrückt wird, darf in keiner Weise gehindert werden. Diese Rechte, die der politischen Demokratie zugrunde liegen, werden ergänzt durch dje grund legenden Rechte der wirtschaftlichen und sozi alen ebenso wie der internationalen Demokratie: Das Recht auf Arbeit, die von jeglicher Verskla vung frei zu einer nationalen Pflicht erhoben ist; das Recht jedes Werktätigen der Stadt und des Dorfes auf Gewährleistung der Sicherheit und der Würde seiner Person und seiner Familie; die wirtschaftliche Souveränität der Nation, die das Bestehen von Gruppen privater Interessen, wie zum Beispiel von Trusts, nicht duldet, deren Ein richtung, Produktionsmittel ebenso wie erzielte Gewinne nationalisiert werden müssen; endlich das Recht der Nation auf Unabhängigkeit. Dieses Recht verpflichtet jeden Bürger, die Heimat und die Menschenrechte ku verteidigen, jede Nation im Gefühl der Solidarität gegenüber allen frei heitsliebenden Völkern zu entwickeln and die Gesamtheit der Nationen, die eigene Sou veränität der höheren Souveräni tät der internationalen Gemein schaft unterzuordnen. Die Unabhängigkeit und das Gedeihen des Landes ebenso wie die Größe Frankreichs hängen von der Einigkeit aller Franzosen ab, die in ihren gemeinsamen patriotischen Bestrebungen unabhängig von ihrer Stellung und Glaubens bekenntnis vereint sind. Die Generalstaaten ver künden, daß das Volk nur in dem Falle sein Schicksal meistern wird, wenn es seine Kräfte in begeistertem Elan und in hartnäckiger Arbeit mobilisiert, um die Produktion zu stei gern. Jeder Mann, jede Frau müssen ihre heilige Pflicht erfüllen und den Kampf gegen alle Kräfte, die sich diesen Bestrebungen ent gegenstellen, ansagen. Wir Delegierte der Generalstaaten übergeben unsere Vollmachten dem Nationalrate der Wider standsbewegung und- schwören, das Volk Frank reichs zu produktiver Arbeit, zu , produktiven Anstrengungen, ohne die eine Erneuerung Frank reichs nicht möglich ist, aufzufordein; wir schwören, an das Volk Frankreichs zu appel lieren, daß es seine Einigkeit und seine Anhäng lichkeit an die Republiken, die mit dem Vater land ein unzertrennliches Ganzes ist, zu be wahren; wir schwören, die. zivilisierte Welt in dem Verständnis zu einigen, daß die Größe jeder Nation zu der Größe der gesamten Demokratie beiträgt; wir schwören, treu zu bleiben dem Ideal, für dessen Verwirklichung die Freiheits kämpfer gefallen sind. Ausgefertigt im Schloß Chaillot in Paris am 13. Juli 1945." bisherigen Aufgaben des Landes alle Tätig keitsgebiete der früheren Reichs verwaltung einschließlich Bahn, Post, Fi nanzen- und Arbeitsverwaltung. Auf diese Tat sachen muß Rücksicht genommen werden, und trotzdem muß sich der Aufbau der Verwaltung einfach und übersichtlich gestalten. Es bestehen jetzt 27 Landkreise und 22 kreis freie Städte in Sachsen. Damit eine volksnahe Verwaltung sichergestellt wird, bleibt die Landes verwaltung mit ihnen in unmittelbarer Ver bindung. Die Wiedererrichtung der früheren Regierungspräsidien kommt deshalb vorerst nicht in Frage. Die Selbstverwaltung wird ge stärkt werden. Die Aufsicht über die .Gemeinden und Landkreise wird nach demokratischen Grundsätzen gehandhabt worden. Radikale Säuberung Nach einer Brandmarkung der ungeheuren Schuld der Nazis bezeichnete der Präsident als- Leitgedanken der Tätigkeit der neuen Verwal tung die radikale Ausrottung des Nazismus und Militarismus. Die Säu berung des gesamten Verwaltungsapparates von nazistischen und militaristischen Elementen ist in vollem Gange. Ebenso zwingend ist die Verpflichtung zur Be strafung der Schuldigen. In kürzester Frist wer den Gerichte mit der Sondermaßnahme der Be strafung betraut. . Hilfe für den sächsischen Bauern Die Einbringung der Ernte ist durch die ge troffenen Maßnahmen gewährleistet, sagte der Präsident. Mit der Lockerung des Bewirtschaf- Präsident Friedrichs bei seiner Rede vor den Bürgermeistern und Landräten im Luisenhof Aufnahme Schapiro t r Es gilt die Produktionsfähigkeit der Landwirt schaft mit den zur Verfügung stehenden Mitteln zu heben und in möglichst kurzer Zeit wieder auf den Stand ihrer früheren Leistungsfähigkeit zu bringen. Auch der A u s b au des landwirt schaftlichen* Genossensc'hafts- Wesens wird gefördert werdeh. (Fortsetzung siehe Seite 3) Bruch mit Franco gefordert Paris (TASS). Der Vorstand der Gesellschaft „Frankreich — Spanien" faßte auf einer Sitzung, die vor kurzem in Paris stattfand, folgenden Be schluß: Die französische Regie rungmuß die diplomatischen Be ziehungen zu Franco abbrechen, die Regierung der spanischen Republik anerkennen und auch den anderen Regierungen der Verein ten Nationen den Vorschlag machen, diesem Bei spiel zu folgen. Die Zeitung „Action" veröffentlichte am 13. Juli einen Aufsatz unter dem Titel ,;Man muß mit Franco abbrechen". „Wir . müssen über Franco-Spanien" — schreibt der Verfasser des Artikels — „das wiederholen, was die demokra tische Presse der ganzen Welt im Laufe des letz ten Monats schreibt. Es gibt keine Frage, kein Problem, das so gut bekannt ist. Deshalb gibt es auch keinen Entschluß, der so leicht gefaßt wer den könnte wie gerade in dieser Frage. Man muß mit Franco abbrechen, unsere Regierung hätte das schon längst tun müssen. Jegliches Argu ment, das die Lösung der Frage in diesem Sinne verzögert, ist ein schlechtes Argument." Täuschungsmanöver Francos Ottawa (TASS). Die kanadische Zeitung „Star" (erscheint in Toronto) veröffentlichte am 16. Juli einen Leitartikel, in dem von Gerüchten berichtet wird, denen zufolge Franco beabsich tige, Aenderungen im Kabinett vorzunehmen und die fallangistischen Führer aus der Regie rung zu entfernen. Die Zeitung bewertet dies als ein Täuschungsmanöver, mittels welchem Franco erreichen will, daß das faschistische Spanien in die Familie der demokratischen Ver einten Nationen aufgenommen wird. Die Zei tung schreibt, solche Manöver können nicht täuschen, daß Spanien ein pronazistisches Land unter faschistischer Diktatur ist. Allein die Schaffung eines demokratischen Regimes könnte eine befriedigende Lösung des spanischen Pro-; blems bringen. Hitler in Argentinien? New York (TASS). Der Korrespondent der Chicagoer Zeitung „Times" meldet aus Monte video (Uruguay), daß aus zuverlässigen Quellen berichtet wird, Hitler und Eva Bfaun seien vor. kurzem in einem deutschen Unterseeboot . i Argentinien eingetroffen und befinden sich zur Zeit auf einem deutschen Gute in Patagonien (Südargentinien), Der Korrespondent der United Preß berichtet aus Buenos Aires, daß, laut einer Mitteilung der Zeitung „La Critica", die Polizei in Patagonien die Regierung über die Ankunft eines Untersee bootes an der Küste Patagoniens benachrichtigt hat, aus dem zwei Menschen ans Land gesetzt wurden. Solche Meldungen sind auch in anderen argentinischen Zeitungen erschienen. Zusammenarbeit der polnischen demokratischen Parteien Warschau (TASS). Die polnischen Zeitungen haben am 14. Juli ein Kommunique über eine ge meinsame Sitzung der. leitenden Organe zweier polnischen Parteien: der Polnischen Arbeiter partei (PPR) und der Polnischen Sozialistischen Partei (PPS) veröffentlicht. In dem Kommunique heißt es: Das Zentralkomitee der Polnischen Ar beiterpartei (PPR) und das Zentrale Ausführende Komitee der Polnischen Sozialistischen Paftöi (PPS) sind in einer gemeinsamen Sitzung • am 12. Juli nach Erörterung von Fragen wirtschaft lichen und politischen Charakters zu einef Eini gung in diesen Fragen- gelangt. Nach gegen seitigem Meinungsaustausch, der in 'einer herz lichen Atmosphäre erfolgte, wurde beschlössen, auch künftig die Fühlungnahme zwischen, den leitenden Organen beider Parteien aufrecht zuerhalten und den örtlichen Organen beider Parteien zu empfehlen,. ebenfalls untereinander Fühlung zu nehmen, um gemeinsam die Auf gaben beider Parteien zu besprechen. Italien im Krieg mit Japan London (TASS). Die Presseabteilung des’ ita lienischen Ministerrates veröffentlicht ein Kom munique darüber, daß Italien sich seit dem 5. Juli d. J. im Kriegszustand mit Japan befindet. Rat der Widerstandsbewegung in Dänemark Kopenhagen (TASS). An Stelle des auf gelösten Freiheitsrates wurde ein Rat der Wider standsbewegung ins Löben gerufen. Er besteht aus 19 Personen, daiunter die Minister Mogens Fogg, Frode Jacob sen, Alfred J e n s e n, Kristmas Meller, Arne Sörensen und eine ganze Reihe Mitglieder des Freiheitsrates und der Widerstandsbewegung-Organisationen in Kopenhagen und in den Provinzen. Im Statut der neuen Organisation wird gesagt, daß diese zum Zwecke der „Erhaltung und Festigung, der Be ziehungen zwischen den zr *n und militärisiel'* ten Gruppen der Widerst' sbewegung sowie zur Wahrung ihrer Interessen" geschaffen wor« den ist.