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Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint Abonnement SS« tlcurk des Amlsgmchls Libmjlsck L::8-Z- sertionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs» Zeile 10 Pf und dessen Umgebung. P°st°nst°lten Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. S7. Jahr««»«. W. Donnerstag, den 3. Juli 18SV. Hagesgeschichle. — Deutschland. Im Reichstage besteht ein Einverständniß darüber, daß die vom Reichskanzler beantragte Beschlußfassung über den Platz, an wel chem das Nationaldenkmal für den Kaiser Wil helm I. errichtet werden soll, erst erfolgen kann, nachdem durch die Beseitigung der Häuser an der Schloßfreiheit der Platz, welchen der Reichskanzler für das Denkmal in Vorschlag gebracht hat, freige legt sein wird. So lange das nicht geschehen, ist ein kompetentes Urtheil darüber, ob dieser Platz für die Errichtung des Denkmals geeignet ist, nicht möglich. Nach den bisherigen Dispositionen steht die Freileg ung des Platzes an der Schloßfreiheit bis Ende 1891 in Aussicht. — In Kolonialkreisen macht sich eine immer stärkere Bewegung gegen das deutsch-englische Abkommen geltend. Es ist eine Massenpetition an den Reichstag in Vorbereitung. Der Aufruf dazu schließt mit dem Hinweis, daß das deutsche Volk selbst auf die Gefahr eines Krieges mit England hin den Vertrag zu zerreißen verpflichtet sei, der offenkundig dazu dienen soll, die kommenden Ge schlechter um ihr Erbtheil am Planeten zu betrügen. — Italien. Dem in Paris erscheinenden „Journal des Debats" wird in einer Depesche aus Rom mitgetheilt, daß mehrere Deputirte der Linken dem Ministerpräsidenten Crispi ihre Bedenken gegen die ans Erneuerung des Dreibundes gerichteten Absichten der Regierung kund getha» hätten. Crispi soll darauf geantwortet haben, er sei im Innersten davon überzeugt, daß Italien ein starkes Interesse an der Erneuerung des Dreibundes habe. „Ohne Schwäche zu zeigen," habe der Minister geäußert, „können wir Frankreich nicht weiter entgegenkommen. Obgleich der Friede gegenwärtig nicht gefährdet ist, so liegen doch im Augenblick in Europa wie in Afrika zu viel brennende Fragen vor, als daß wir auf unsere Rüstung und unsere Allianzen verzichten könnten." — Bulgarien. Aus dem europäischen Wetter winkel, dem Oriente, kommen zwei bedeutsame Nach richten: der bulgarische Major Panitza wurde in Sofia erschossen, in Belgrad hielt der Exkönig Milan eine scharfe Rede gegen die Regierung. In einem abendländischen Staate würde ein Zweifel da rüber gar nicht aufkommen können, daß ein Offizier, der eine Verschwörung anstiftet, um die rechtmäßige Regierung zu stürzen und den Landesfürsten zu er morden, sein Leben verwirkt hat. In den Orient ländern aber ist das Staatsrecht, ja die Logik eine andere. Vieles sprach dafür, Milde und Nachsicht zu üben. Major Panitza war ein um Bulgarien hoch verdienter Patriot, von großem Ansehen unter seinen Landsleuten, die ihm weder seine tapfere» Thaten auf dem Schlachtfelde, noch die Vereinigung OstrumelienS mit Bulgarien vergessen haben. Hierzu kam als Entschuldigung eine beinahe lächerliche Naivetät, wie Panitza seine verrätherische Meuterei offen auSplau- derte. Endlich brachte es der Prozeß an den Tag, daß die Mitverschworenen nach dem Gelingen des Handstreichs gegen den Prinzen Ferdinand es als ihre erste Pflicht angesehen haben würden, das Haupt der Verschwörung, eben Panitza, zu tödten. Sie argwöhn ten nämlich, daß Panitza nachher den Prinzen von Battenberg nach Bulgarien zurückberufen würde, und Da« wollten die Parteigänger Rußlands unter keinen Umständen leiden. Panitza würfelte also gleichsam zwei Mal um sein Leben: mißlang der Anschlag, so fiel er al« Opfer der bulgarischen Justiz; gelang er aber, so hätten ihn seine Mitverschworenen beseitigt. Prinz Ferdinand hat ersichtlich geglaubt, ein abschreck endes Beispiel geben zu müssen, er ließ der Gerech tigkeit freien Lauf, und während er selbst in'S Aus land nach Karlsbad ging, ließ er daheim das TodeS- urtheil vollstrecken. Daß er die- thun darf, ohne befürchten zu müssen, daß während seiner Abwesenheit au» dem Lande dort eine Empörung auSbricht, zeigt große» Vertrauen in die Festigkeit der bulgarischen Verhältnisse. Den Ruffen wird die» nicht lieb sein, ebensowenig der Versuch des Exkönigs Milan von Serbien, der serbischen, aber ganz russisch gesinnten Regierung ein Bein zu stellen. Ob dies glückt, wol len wir sehen. Sächsische Nachrichten. — Dresden. Ueber die bevorstehende, bereits mehrfach erwähnte Reise Sr. Maj. des Königs in das Erzgebirge und Vogtland wird gemeldet: Schon längst war eS der Wunsch Sr. Maj., die seiner Zeit durch das Mylauer Unglück unterbrochene Reise zum Theil wieder aufzunehmen. In einer der letzten Ministersitzungen gab nun Se. Maj. der König diesen Wunsch zu erkennen, worauf im Ministerium des Innern ein diesbezüglicher Plan ausgearbeitet wurde. Da auf dieser Orientirungsreise viele Touren mit Wagen zurückgelegt werden und auch die Zahl der zu besichtigenden industriellen und gewerblichen Etablisse ments noch nicht genau feststeht, so kann schon im Hinblick hierauf noch nicht gesagt werden, wann und wie lange Se. Majestät der König in den einzelnen Städten und Ortschaften Aufenthalt nimmt. Die weiteren Detailbestimmungen erfolgen durch das Kgl. Oberhofmarschallamt. — Dresden. Die traurigen Ereignisse der letzten Woche sind für den Bürgcrverein der Pirna ische» Vorstadt (woselbst sich der Justizpalast und das Gerichtsgefängniß befindet) Veranlassung gewesen, eine Petition an den Rath und die Stadtverordneten zu Dresden zu richten, mit dem Anträge: „beim Königl. Justizministerium dahin vorstellig zu werden, daß künftighin die Hinrichtungen der zum Tode verurthcilten Verbrecher nicht mehr sämmtlich in Dresden zur Vollziehung gelangen, sondern daß die Verbrechen bei dem Landgerichte gesühnt werden möchten, in dessen Bezirke sie begangen worden sind; sowie ferner das Justizministerium zu bitten, künftig hin eine bessere Jsolirung, Fesselung und Bewachung schwerer Verbrecher im Gerichtsgefängnisse auf der Mathildenstraße und womöglich eine militärische Be wachung des Justizgebäudes und des Gerichtsgefäng nisses anordnen zu wollen." Das Verlangen des genannten Vereins findet seine Begründung durch die hochgradige Beunruhigung, in welche die gesammte Dresdner Bürgerschaft in Folge des in jüngster Zeit wiederholt vorgekommenen Ausbrechens schwerer Ver brecher und der Ermordung eines Gefängniß-Auf- seherS versetzt worden ist. — Meißen. „Der beste Berg auf Erden, das ist der Gutenberg!" „Hoch unser Johannes, der Gutenberg, und die schwarze Kunst, sein ewiges Werk!" Das waren am Sonntag oft gesungene und gesprochene und zur hellsten Begeisterung entflam mende Worte bei Begehung des Johannisfestes der Dresdner Buchdrucker in Meißen. Mehr denn 1000 Schwarzkünstler mit ihren Familien und Gästen hatte der Geist der Gemeinsamkeit, der die Drucker und Setzer in Lust und Leid beseelt, im Schützenhaus zu Meißen zusammengeführt. Mittels Extrazuges in Meißen angelangt nnd von den Kollegen daselbst unter festlichen Klängen der Stahl- schen Stadtkapelle begrüßt, begaben sich Gutenbcrg's Jünger mit Musik durch die Stadt nach dem Burg keller, woselbst Frühschoppen-Concert stattfand. Wäh rend de« Concertes wtirde die alte Markgrafenstadt, sowie die Albrechtsburg besichtigt. Mittag« 1 Uhr brach man durch das Triebischthal nach dem Schützen- hauS auf. Hier gab man sich voll und ganz der Lust, dem Spiel und dem Tanze hin, hier erklangen fröhliche Lieder de» Buchdruckergesangvereins „Sang und Klang" und zündende Festreden ernsten und heiteren Inhalts rissen die Festgenoffen zur Be geisterung hin. Das Johannisfest war in der That den Buchdruckern ein Fest der Freude, aber auch ein Fest der Einkehr, sich dabei erhoben fühlend in dem Bewußtsein, daß in diesen Tagen so viele Tausende in allen Gauen von gleichen Gedanken beseelt sind. Vierundeinhalb Jahrhunderte sind vorübergegangen, seit der Gedanke ihrer Kunst in dem trutzigen Alten vom guten Berg zu Mainz zur Reise kam. Da» beste, in'S Große gehende Erziehungsmittel der Mensch heit wurde nach ihrer Erfindung die Presse. Bier- undzwanzig bewegliche Buchstaben änderten die Welt, wie einst das erste blos schriftliche Alphabet der Phönizier und Derer, die erhaben über Zeit und Zeitgenossen waren, Gesetzgeber und Religionsstifter wurden. Die Presse verschaffte dem auf seinem Stübchen einsam und still sitzenden Denker wie durch Zauberschlag — Millionen Zuhörer und Schüler in den entferntesten Theilcn der Erde, Zuhörer und Schüler, die erst geboren werden, wenn er längst in Staub aufgelöst ist. — Glauchau, 29. Juni. Die vor einigen Mo naten in Zwickau ausgetretene sogenannte Geflügel - oder Hühnercholera richtet neuerdings auch unter dem Geflügel dcS amtshauptmannschaftl. Bezirkes Glauchau Schaden an. Die hiesige Königl. Amts hauptmannschaft hat deshalb angeordnet, die nach bezirksärztlichcm Gutachten gegen ein weiteres Um sichgreifen dieser Seuche zu ergreifenden Maßregeln an Ortspolizeistelle Jedermann auf Wunsch vorzu legen. Wie gefährlich unter Umständen diese Krank heit werden kann, davon zeugt die Thatsache, daß derselben in einem Gehöfte unserer Stadt in 1^ Tagen unlängst nicht weniger als 21 Enten erlagen. — Marienthal b. Zwickau. Folgendes Vor- kommniß mag als eine ernste Mahnung hier mitgetheilt sein. Der hier wohnende Zimmerpolier M. unterließ eS am vergangenen Freitag beim Schlafengehen sein künstliches Gebiß herauszunehmen, denn nicht ahnte er die drohende Gefahr. Es mochte vielleicht gegen Mitternacht sein, als derselbe durch heftiges Würgen im Halse aus dem Schlafe erwachte und die Wahrnehmung machen mußte, daß er das Gebiß durch einen unglücklichen Zufall verschluckt habe. Obgleich sofort ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wurde, war doch eine Besserung nicht zu bemerken-und zu seinem größten Schrecken mußte er an dem schmerzhaften Drücken und Stechen ver spüren, daß der Gegenstand bis in den Magen ge sunken war; eine Operation resp. Magcnschnilt schien gewiß, — aber wenn die Noth am größten, ist GotteS Hilfe am nächsten. Schon hatte sich M. in sein trauriges Loos ergeben, als Abends gegen 8'/, Uhr, nachdem das Gebiß ziemlich 18 Stunden im Magen gelegen, dasselbe durch Erbrechung wieder zu Tage gefördert wurde. — Schneeberg. Aus der hiesigen Stadlkasse wird nach einem Beschlüsse der städtischen Kollegien für jede getödtete Kreuzotter, sofern die Wahr scheinlichkeit erbracht ist, daß die betr. Kreuzotter im Stadtbezirk getödtel worden ist, eine Prämie von 50 Pf. bezahlt. — Aus dem Erzgebirge schreibt man den „Dresdner Nachr.": Im vergangenen Jahre waren die Holzpreise derart gestiegen, das man aus den Stuatsforsten eine Mchreinnahme von über 2 Mill. Mk. erzielt hat; aber Heuer zeigte sich ein bedenk licher Rückgang, der besonders durch das Darnieder liegen der Bauthätigkeit in den großen Städten her vorgerufen worden ist. Die HchM>'t>ler, Frühjahre noch große Holzvorräthe zu den vorjährigen hohen Preisen erworben haben, erleiden große Ver luste, da die Bauunternehmer die Preise sehr brücken. Es sind Fälle bekannt, daß in Folge des Rückganges der Holzpreise die Kostenanschläge für Neubauten um 6—8 Prozent unterboten wurden. Die Holzschlei- sereien haben von dem Rückgang der Holzpreise für dieses Jahr noch keinen Nutzen, aber vielleicht im nächsten Jahre. — In diesem Jahre sollen nicht nur die Mann schaften der Reserve, sondern auch die der Land wehr ersten Aufgebotes zu einer zehntägigen Uebung eingezogen werden, um mit dem neuen Ge wehr eingeübt zu werden. Diese Uebung kann sich deshalb auf einen Zeitraum von nur 10 Tagen be schränken, weil die größere Einfachheit und leichtere Handhabung des neuen Gewehres die Verkürzung der Zeit um 2 Tage im Berhältniß zu der letzten ähn lichen Uebung im Jahre 1887 ermöglicht. Für ge dachten Zweck sind bekanntlich im Reichstage 12 Mil lionen Mark bewilligt worden.