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sind, und kürzlich, wie man die Dankfeier für ihre Rückkehr gehalten hat, ist's den Leuten wohl ernst gewesen. Weils aber jetzt so leicht abgelaufen ist und unsere Soldaten so gut wie gar nicht in's Feuer gekommen sind, ist'S schon wieder anders. Aber wir wollen sehen, was dieses nene Jahr 1806 bringt! Es ist eben doch merkwürdig, daß der Napoleon fast gerade so heißt wie der Apollhon in der Offen barung." Der Posthalter hatte nur öfter „hm hm" gemacht, seine Ohren lauschten nicht mehr auf Friedcrlcs Rede, sondern auf das Gespräch nebenan im Herrenstüble. „Man wird noch lange reden von diesen, Januar 1806", hörte man dort den Herrn Spezial Plocher mit Pathos nnd Salbung sagen, „von diesem Ja nuar 1806, da unsere ehrwürdige württem- bergische Verfassung ist zu Grabe getragen worden. Auf dem Schloß in Stuttgart glänzet wohl die neue, riesengroße, vergoldete Königskrone seit diesen Tagen, aber in's dunkle Grab sank unser Recht und —" „Bscht, bscht!" wehrce der Stadtschultheiß ab, „nur sachte von solchen Sachen! Unser allergnädigster — hi, hi — versteht keinen Spaß! —" Eine feine wohlweise Stimme ließ sich vernehmen; cs war der Stadtschreiber, der bemerkte: „Die Ge schichte aller Nationen, zumal die der Griechen und Römer beweiset es, daß diese äußeren Formen der Staatsverwaltung stets gewechselt haben. Nicht sie bestimmen den Werth der Menschen, — ihn bestimmt die Bildung, die Tugend, die Humanität. Ueber- lassen wir den andern den Hader über Formeln und Paragraphen und arbeiten wir an der moralischen Verbesserung des Menschengeschlechts!" Jetzt hielt sich der Posthalter nicht länger; er sprang auf und trat ins Herrenstüble: „Zur Tugend gehört auch die Treue, Herr Stadt schreiber, das Worthaltcn! Fürst und Unterthan sollen sich auf einander verlassen können. Dann ist nicht bloß Furcht da und knechtischer Gehorsam, sondern Ehr furcht und Liebe. Unsere Verfassung ist beschworen —" „Um Gotteswillen, Herr Posthalter!" fuhr der Stadtschultheiß dazwischen und sah sich angstvoll um, „ist Niemand draußen in der Wirthsstube? Wollen partout Sie auf die Festung und ich soll mit?" „Der Posthalter braucht sich gar nicht so zu ereifern", brummte der alte DoktorK nurr er, „was war denn Gutes an unserm Landtagsausschuß, der immer mit der Regierung unter einer Decke steckte, seine lieben Kinder und Enkel, Vetter und Basen versorgte und keinem Menschen sagte, wohin das Geld kam! Die Kerle sind wohl fort; das hätten gewisse dicke, hochmüthige Herren nicht gedacht, daß sie so den Laufpaß bekommen. Ich hätte nur die langen Gesichter sehen mögen." Der Spezial schüttelte unwillig den Kopf. „Wie können Sie so reden", sagte er, „von so ehr würdigen Personen und Institutionen." Der Doktor lachte grimmig: „Wissen Sic, wie respektvoll der Napoleon von diesen „ehrwürdigen Personen" geredet hat? Oks.8862 Ivs dougres!* hat er zu unserm König gesagt." " D. h.: „Jagt die Schufte fort!" > „So, Herr Doktor?" brauste jetzt der Posthalter auf, „so wohlfeil geben Sie das Erbtheil unserer Väter her? Lesen Sie doch, wie dankbar das ganze Land anno 1514 war, als mit Herzog Ulrich der Tübinger Vertrag geschlossen ward. Und wie hat man den Herzog Christoph geliebt und den Ludwig, weil sie Friede und Treue hielten mit ihrem Volk! Warum hat dann der Verräther, der Kanzler Enslin, seinen Kopf dem Schwert geben müssen mnd der Schlucke, der Jud Süß, seinen Hals dem Strick? Wofür ist unser alter tapferer Moser fünf Jahre ans dem Hohen twiel gesessen und der brave Huber von Tübingen in Ketten und Banden auf dem Asperg? Warum hat das ganze Land aufgcathmet, wie der Erbver- glcich zu Stande kam mildem Karl Herzog? Weils unser Recht galt, unser altes, gutes Recht!" „Nun, so gehen Sie eben nach Stuttgart", gab der Doktor ärgerlich zurück, „und kämpfen Sie für unser gutes, altes Recht und wohl bekomm's!" „Jetzt gilt die Gewalt und wir müssen harren", sagte finster der alte Schalter: „Oesterreich und Ruß land sind bei Austerlitz zu Boden geworfen und uns hat der Franzos in den Klauen. Aber es müßte keinen Gott geben, wenn nicht das Recht noch über die Gewalt triumphirte!" (Fortsetzung folgt.) Vermischte Nachrichten. — „Tigermilch" ist der Name, den die Kaffern in Süd-Afrika dem Branntwein beigelegt haben, da die englische Kolonialregiernng den Brannt weinbrennern des KaplandeS zu Liebe die früheren strengen Verordnungen gegen den Verkauf von Spiri tuosen an Farbige aufgehoben hat. Infolgedessen sind im Kafferlande unzählige Branntweinschenken ent standen, in denen das wüsteste Treiben herrscht, be sonders da auch die schwarzen Weiber sich dem Ge brauche des berauschenden Getränkes ergeben. Die Missionäre sehen diese Zustände mit großer Betrübniß, umsomehr, als die meisten der schwarzen Christen noch nicht die Festigkeit erlangt haben, solchen Versuchungen zu widerstehen. Manche europäische Ansiedler aber sehen mit teuflischer Freude, daß hiermit eine unauf haltsame Ausrottung der unbequemen Schwarzen an gebahnt ist, obwohl diese bei richtiger Erziehung die dort so schwer zu gewinnenden Arbeitskräfte repräsen- tiren. Ein englischer Farmer erzählte, wie er den Branntwein als Reizmittel anwende, indem er am äußersten Ende des Felde« einige Flaschen aufstellte, durch welche die mähenden Schwarzen zu auffallender Beschleunigung ihrer Arbeit angetrieben würden. Da bei klagte er die Missionäre an, daß sie die Kaffern nur verdürben, indem sie ihnen vorredeten: „Ihr seid so gut wie wir." — „Nein, mein Herr," anwortete Superintendent Kropf, der dies mit angehört hatte, „wir sagen den Kaffern nicht: „Ihr seid so gut" — sondern: „Ihr seid so schlecht wie sie!" — Das F r ü h a u f st e h e n. Nach dem Volks glauben sollen Frllhaufstehende ein verhältnißmäßig hohes Alter erreichen. Friedrich der Große, der als Prinz ein Langschläfer war, befahl bei seinem Regier ungsantritt seinem Bedienten, ihn morgens um 4 Uhr zu wecken, nnd stand nnn sein ganzes Leben hin durch früh auf. — Kant, der große Philosoph, stu- dirte am liebsten am frühen Morgen und erreichte ein an Körper, wie an Geist gesunde« Alter von mehr als 80 Jahren. — Der berühmte Botaniker Linus stand im Sommer regelmäßig um 3 Uhr Mor gen« auf und arbeitete dann, bis er Ermüdung ver spürte. Er starb, fast 71 Jahre alt. — DaS Haupt mittel beim Frühaufstehen bleibt: schnell da« Bett zu verlassen. Wer erst anfängt zu zögern und eine Minute nach der andern zulcgt, der wird sich nicht daran gewöhnen. Der Einfluß des Willens auf den Schlaf ist sehr groß. Nimmt man sich des Abends recht ernstlich vor, zu einer gewissen Stunde aufzu stehen, so erwacht man fast immer zu derselben. — Ein hübsches Rechenexempel bringt das „Wien. Fremdenblatt" seinen Lesern: Um das Alter eines heirathSfähigen Mädchens kennen zu lernen, bediene man sich des folgenden Verfahrens: Man sage dem jungen Mädchen, sie möge die Zahl des Monats, in welchem sie geboren ist, niederschreiben, diese Zahl mit 2 multipliziren, dann 5 hinzuzählen, hierauf mit 50 multipliziren, dann ihr Alter hinzu rechnen, dann 365 abziehen, dann 115 hinzuzählen, hierauf befragt man sie, welche Summe sie jetzt er halten hat. Die beiden Ziffern rechts werden stets ihr Alter anzeigen, die klebrigen den Monat ihrer Geburt. Zum Beispiel, die Summe ist 822, dann ist das Mädchen 22. Jahre alt und wurde im 8. Monat, also im August, geboren. Man möge Ver suche anstellen und wird mit bewunderungswürdiger Sicherheit stets das Richtige treffen — sogar bei nicht HeirathSfähigen! — Bescheiden. „Herr Doktor, ich bitte Sie um die Rechnung." — „Na, gute Frau, ich weiß. Sie sind nicht gerade in glänzenden Verhältnissen, ich will für meine Mühe nichts beanspruchen." — „Ja, das ist recht schön, aber — wer bezahlt denn nun den Apotheker!" — Kühne Auffassnng. Ich weiß nicht, wie es kommt, liebe Franziska, aber es ist doch Thatsache, daß die unbedeutendsten Männer zuweilen die schön sten Franen bekommen. — O Du Schmeichler! Standesamtliche Nachrichten von Eibenstock vom LS. Mai bis 4. Juni 1889. Geboren: 133) Dem Waldarbeiter Ernst Emil Martin hier 1 S. 134) Dem Maschinensticker Friedrich Gustav Unger hier 1S. 133) Der unverehel. Stickmaschinengehilfin Anna Minna Walther hier 1 T. 138) Dem Maschinensticker Eduard Robert Schierer hier 1 T. 137) Der unverehel. Stickmaschinenge hilfin Lina Anna Viehweg hier 1 T. 138) Dem Eisengießer Friedrich Wilhelm Seidel hier 1 T. 139) Dem Hilfsweichen- steller Heinrich Gustav Spitzner in Blauenthal 1 T. Eheschließungen: 22) Der Maschinensticker Gustav Emil Siegel hier mit der Stickerin Elisabeth Hulda Graupner hier. L3) Der Schleifer Oswald Ungethüm hier mit der Stickerin Lina Seidel hier. 24) Der Handarbeiter Eduard Hartmann hier mit der Aufpasserin Johanne Emilie Gläß hier. Gestorben: 84) Der Hauptzollamtsrendant a. D. Friedrich August Weber hier, ein Wittwer. 88 I. 4 M. 2 T. 85) Des Maschinenstickers Gustav Adols Müller hier T., Clara Rosalie, 6 M. 24 T. 86) Der unverehel. Tambourirerin Emilie Anna Staab hier S., Max Alfred. 2 M. 7 T. 87) Des Oekonomie- gehilfens Gustav Gläß hier T., Anna, 1 I. 1 M. 30 T. 88) Des Handarbeiters Friedrich Hermann Uhlemann hier Sohn, Max Emil, 3 M. 9 T. Zu srhr billigen Preisen empfehle: Chemisetts, Kragen 40 Pf. Schlipse, Cravatten 20 Pf. Taschentücher, weiß u. bunt 15 Pf. Handschuhe f. Damen 25 Pf. Weiße Handschuhe für Kin der 15 Pf. AtlaSbänder, Rüschen 10 Pf. Knaden-Kraaen io Pf. Tpitzenschawls, 3 Ellen lang 40 Pf. Frauen- u. Kinderstrümpfe, weiß und farbig 15 Pf. Schweißsocken 25 Pf. Corsettst in allen Preislagen, gut sitzend 75 Pf. Schürzen in größter Auswahl 40 Pf. Tchärpenbänder, alle Farben 35 Pf. Fahnenstoffe rc. ILIitrlä ^LeLkolxer. IL. ^Suninim. krima vzsltiuIviMtv V empfiehlt a Mk.pro Stück G G G G:G:G:G:G:G:GG:GG:G:GGGG:O:GrO:GWE):G:G:AD!Gl Norddeutsche Hagel-Bersicherungs-Gesellschaft Geschäftsstand pro 1888: 57499 Polizen m. 450,182,473 M. Versicherungssumme. Keservm: 1,652,782 Wk. 14 Lfg. 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