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Augenzeuge Felgende«. Nachdem alles vorbereitet und wir an geschützter Stelle untergebracht waren (außerhalb der Mühle war die Umgebung auf 50 m abgesperrt), ließ der Major Achtung blasen, ein Leutnant nahm die Esse photographisch auf und das betheiligte Militär zog sich in die Gebäude zurück. Nachdem noch sämmtliche Fenster geöffnet worden waren, erscholl das Signal .Feuer!" Sofort ließ eine im Keller aufgestellte Batterie den elektrischen Funken spielen, im selben Augenblick ein kurzer scharfer Knall, dem Sockel der Esse entsprangen feurige Strahlen, der mächtige Oberbau wurde einige Meter senkrecht ausgehobcn und legte sich genau nach der vorher bestimmten Seite um. Riesige Dampf- und Staubwolken verhüllten kurze Zeit den ganzen Hof. Die Schießbaumwolle hatte selbst die Funda mente mit herausgerissen. Die Sprengung geschah in einem geschlossenen Hofe, an dessen einer Seite der betreffende Dampfschornstein stand. — Zwickau, 19. Dezbr. Zweite Strafkammer. Der erste der heute erschienenen Angeklagten, der Privatexpedicnt Friedrich Emil Herold aus Schön heide erhielt wegen Urkundenfälschung und Betrugs eine Gefängnißstrafe von 6 Monaten 2 Wochen zu erkannt. Der Geschädigte, der Bürstenfabrikant Louis Lenk in Schönheide ist der Prinzipal des Angeklagten gewesen. Letzterer bezog in seiner Stellung bei dem selben einen monatlichen Gehalt von 36 Mk. Gefehlt will er nur haben, um Defekte zu decken, die in der von ihm anvertrauten Kasse entstanden. Wie aber diese Defekte entstanden seien, will er nicht wissen. Jedenfalls ist der nur erst 17jährige Angeklagte aus jugendlichem Leichtsinn gestrauchelt. — Zwickau. Der Bezirksausschuß bei der kgl. Amtshauptmannschaft hier hat beschlossen, vom 1. April 1889 ab die Kleinschmidt'schcn Schlachtapparate zum Betäuben des Kleinviehes beim Schlachten im hiesige» amtshauptmannschaftlichen Bezirk obligator isch zur Einführung zu bringen. — Reichenbach, 20. Dezember. Ueber das Schicksal der seit dem 27. vor. Mts. verschwundenen 7 Jahre alten Elsa Vetter von hier ist noch immer das tiefste Dunkel gebreitet. Allen bisher gemachten Anstrengungen hat es nicht gelingen wollen, auch nur den leisesten Lichtschimmer in die überaus betrübende Angelegenheit zu bringen. Je längere Zeit darüber verstreicht, um so schwieriger gestaltet sich die Aufgabe, dem verschwundenen Kinde oder seinem Schicksal auf die Spur zu kommen. Die Nachforschungen werden ohne Unterlaß fortgesetzt. Möchte es den vielseitigen Bemühungen gelingen, in diese geheimnißvolle Sache endlich bald Aufklärung zu bringen. — Borna. Von unbedingt glaubwürdiger Seite wird dem .Bornaer Tageblatt" über ein tragi-kom- isches Ereigniß berichtet: „Vorsicht ist auch nöth'g beim Kaffeckochen. Eine Familie eines kleinen, be nachbarten Ortes kam durch Unvorsichtigkeit der Köchin in recht fatale Lage. Kurz nach dem Genuß des ge meinschaftlichen Kaffees zerstreute sich plötzlich die ganze Familie in alle nur möglichen Winkel, Heu boden u. s. w. des Gehöftes, um dorr den tiefbelcidig- ten Magen austoben zu lassen. Woher kam das Un heil? Die Köchin hatte statt Kaffee — Pferdepulver erwischt." — Vom nächsten Jahre an wird sich wahrschein lich unseren Soldatenfreunden ein bis dahin ganz ungewohnter Anblick bieten, und zwar Einjährig- Freiwillige, welche neben den grün-weißen Schnuren auch die Unteroffizierstressen tragen. Dem Vernehmen nach ist nach den neuerlichen Ab änderungen des Gesetzes, betreffend das Institut der Einjährig-Freiwilligen, beschlossen worden, das Avance ment der Einjährig-Gefreiten zum Unteroffizier schon nach ncunmonatlicher Dienstzeit erfolgen zu lassen. — Ebenso kommen mit Beginn des neuen Jahres auch beim Kgl. sächs. Armeecorps Querpfeifen zur Einführung. In der Mette. In einem vogtländischen Städtchen, so erzählt die Sage, findet alle hundert Jahre eine Todtenmette statt. Am Weihnachtsheiligabend, Nachts um zwölf, ver sammeln sich da die Geister der im letzten Jahrhun dert Verstorbenen in der Kirche zu feierlichem Gottes dienst, der mit dem Glockenschlag „EinS" wieder zu Ende ist. Im Jahre 1800 hatten zwei Nachbarn, ein Kürsch ner und ein Schneider, mit einander verabredet, am 1. Feiertag früh (um sechs) in die Mette zu gehen. Wer früh zuerst fertig wäre, sollte den andern mit nehmen. Der Schneider hatte sich am Heilgen Abend um neun Uhr zu Bett gelegt und war, weil er vorher mehrere Nächte hindurch hatte arbeiten müssen, sofort «ingeschlafen. In der Nacht wachte er plötzlich auf und bemerkte, da er von seinem Bette aus nach dem Marktplatz sehen konnte, viele Laternen, die in der Richtung nach der Kirche zu huschten. .Gewiß hast Du Dich verschlafen!" Mit diesem Gedanken springt er aus dem Bette, fährt rasch in die schon am Abend vorher bereit gelegten Kleider, brennt die Laterne an und eilt nun ebenfalls rasch der Kirche zu. Bei seinem Machbar geht er vorbei in der Meinung, derselbe sei schon längst fort. In der Nähe der Kirche angekvmmen, wundert er sich darüber, daß er weder Gesang, noch Orgelklang, noch sonst einen Ton vernimmt, obgleich die Kirche überaus glänzend erleuchtet ist. Er eilt die Treppe hinauf nach seinem Platz, auf der ersten Empore. Da erblickte er die Kirche gefüllt, Kopf an Kopf, so dicht, wie er e« in seinem Leben noch nicht gesehen hat. Aber die Ruhe, die darin herrscht, wird ihm immer unheimlicher. Er sieht sich um. Da bemerkt er auf der Kanzel einen Geistlichen mit schneeweißem Haar, den er noch nie gesehen hat; den Organist auf der Orgelbank und den Cantor auf dem Chor kennt er ebenfalls nicht; von allen Plätzen auf den Emporen und aus dem Schiffe herauf sind ihm Hunderte von unbekannten Gesichtern zugewandt; alle blicken ihn feindselig, drohend an; alle sehen geisterhaft bleich und uralt aus; di« Kleider der meisten Anwesenden gehören einer längst vergangenen Mode an ; Grabes stille herrscht in der ganzen unheimlichen Versammlung. Da überläuft es ihn eiskalt; die Haare stehen ibm zu Berg; die Angst, das Entsetzen schütteln ihn. Jetzt erst wird er auf die ihm zunächst Stehenden aufmerksam und nun erreicht der Schreck seinen Höhe punkt : Da steht dicht an seiner linken Seite sein vor 40 Jahren verstorbener Großvater, der ihn mit ver wundertem, ernsten Blicke anschaut; er wendet sich zur Rechten — da steht er seinem Vater gegenüber, den man vor 20 Jahren zu Grabe getragen hat. Dieser winkt ihn näher zu sich beran und spricht dann mit hohler Grabesstimme: „Was willst Du hier? Du gehörst nicht in diese Versammlung. Verlaß die Kirche so schnell Du kannst! Doch eh' Du zur Thür hinaustrittst, laß Etwas fallen!" Wie von Furien gejagt, eilt der Schneider, so schnell es seine schlotternden Kniee zulassen, dem Aus gange zu. An der Thür läßt er seinen Mantel fallen. Er hört noch, wie derselbe hinter ihm in tausend Stücke zerrissen wird — dann fühlt er sich gepackt, und in wahrer Höllenangst will er nach Hilfe rufen. Aber die Stimme versagt ihm den Dienst; cs ist ihm, als hätten sich Krallen um seinen Hals gelegt, ihn zu erdrosseln Am 1. Feiertag früh klopft der Kürschner an die Hausthür des Schneiders und ruft mehrmals laut dessen Namen. Die Schneiderin erwacht und will ihren Mann wecken. Ihr Rufen hört er nicht. Da greift sie hinüber nach seinem Bette und zieht ihn am Halstuche, das er stets umgebunden hat. Sie hört ihn stöhnen und ächzen und steigt besorgt aus dem Bette. Nur mit vieler Mühe bringt sie ihn munter. „Der Nachbar steht drunten, willst Du denn mit in die Mette gehen?" „Ich? — Nein! — Sag' ihm — ich wäre — schon — gewesen." Dann erzählte er seiner Frau, was ihm — ge träumt hatte. Vermischte Nachrichten. — Ein Ueberzieherdieb, welcher in der Ber liner Universität sein Unwesen trieb, ist am Mittwoch in der Person des 8tmi. jur. H. aus C. verhaftet worden. Es ist ein düsteres Bild, so schreibt die „Post", welches bei dem Geständniß der junge Mann von seinem Leben entrollt. Sein Vater war in C. KreisgerichtSsecrctär, legte sich und seiner Ehefrau die schwersten Entbehrungen ans, nur um die beiden Söhne studiren lassen zu können. So kam der Aelteste vor einigen Jahren zur Universität, machte dumme Streiche und bereitete zuletzt seinem ergrauten Vater solchen Kummer, daß der alte Mann seinem Leben durch einen Pistolenschuß ein Ende machte. Obgleich die unglückliche Mutter nun allein in der Welt stand, wollte sie den Wunsch ihres dahingeschiedenen Mannes wenigstens an dem jüngsten Sohne erfüllt sehen und sandte denselben nach Berlin zur Universität, und zwar mit einem Wechsel von monatlich 50 M. Mehr sich abzudarben war die Frau nicht im Stande, aber es war und blieb selbst für die geringsten Ansprüche zu wenig. H. versuchte zwar durch Ertheilung von Unterricht sein knappes Einkommen aufzubessern, doch eS gelang nicht immer, und so will er schließlich auf den verzweifelten Gedanken gekommen sein, sich durch Diebstahl die nothwendigen Mittel zum weiteren Stu dium zu verschaffen. H. ist geständig, Diebstähle in der Lesehalle der Universität, in der Königlichen Kli nik und in der Charite zu Berlin ausgeführt zu haben und hat bereits 23 Fälle zugegeben. Er wohnte, wenn er einen Diebstahl beabsichtigte, den medizin ischen Vorlesungen bei und zog nach Beendigung der selben in der Garderobe einen Ueberzieher an, während er ohne einen solchen gekommen war. Die Ueberzieher versetzte er bei Pfandleihern in der Regel auf den vollen Namen des rechtmäßigen EigcnthümerS, dessen Legiti mationskarte H. in der Brusttasche des Ueberzieher» fand. Man hatte schon längst bei der Criminalpoli- zei die Vermuthung, daß der Thäter nur ein Student sein könne; die schlaue Ausführung der Diebstähle machte aber den Dieb sicher, bis ihn am Mittwoch Abend vergangener Woche bei einem Pfandleiher in der KarlSstraße sein Geschick ereilte. — Nantes i. Frankreich. Einer der seltsamsten Fälle hat sich hier vor einigen Tagen zugetragen. Ein gewisser Herr Pickmann gab im Renaissance- Theater eine hypnotische Vorstellung und schläferte im Verlaufe derselben einen jungen Menschen ein, welchem er den Auftrag gab, am nächsten Tage um 3 Uhr bei einem in der Rue d'Erlon wohnenden Bürger eine Uhr zu stehlen. Am folgenden Tage fühlte sich der junge Mensch, ein Barbiergeselle, um 3 Uhr plötzlich unwohl, nahm seinen Hut und ent fernte sich raschen Schrittes. Mit unbewußter Miene passirte er die verschiedenen Straßen bis zur Rite d'Erlon, wo er in das zweite Stockwerk hinaufstieg, in das Schlafzimmer eindrang und die Uhr nahm. In gleichem Schritt kehrte er dann zu seinem Lehr herrn zurück, wo ihn Pickmann erwartete, und übergab ihm die Uhr. Eine Volksmenge von mehreren tausend Personen hatte an dem zu passirenden Wege Posten gefaßt; die Sache machte großes Aufsehen unter der Bevölkerung von Nantes. — Nürnberg. Mit einer eigenartigen Klage wird sich nächster Tage das Amtsgericht zu befassen haben. Ein junges Ehepaar dahier erhielt im vorigen Jahre den Besuch der Schwiegermama, der Mutter der jungen Frau. Die Wiederabrcise verzögerte sich von Woche zu Woche, von Monat zu Monat. Jetzt hat der junge Ehemann bei Gericht Klage gegen die Schwiegermama erhoben, indem er Räumung seiner Wohnung von dem, wie es scheint, ihm wenig erwünschten Gaste beantragt hat. — Traurige Folgen schlechter Inter punktion. „Nach ihm kam Lord Salisbury auf dem Kopfe, einen weißen Hut an den Füßen, große aber gutgeputzte Stiefel auf der Stirn, eine dunkle Wolke in seiner Hand, den unvermeidlichen Spazier stock in den Augen, einen drohenden Blick in finsterem Schweigen." — Der pfiffige Bauer. Pfarrer: Huber, hütet Euch vor dem Schnaps, der Schnaps ist der ärgste Feind des Menschen. — Bauer: Ja, in der Bibel steht doch aber, wir sollen unsere Feinde lieben. — Umschrieben. O>. weil. L. spricht in seiner Familie über die neueste Entdeckung, daß der Tabak rauch die Bakterien vertreibe. Diese Gelegenheit nimmt sein ältester Sohn, ein Sekundaner, wahr, indem er ausruft: „Papa, darf ich mir ein Bischen meine Bakterien vertreiben? — Eigenthümliche Diagnose. „Nun, Herr Doktor, was halten Sie von der Krankheit meiner Frau?" — „Hm — wer weiß, aus welchem Schaufenster sie sich die bei der jetzigen Weihnachts zeit wieder hergeholt hat!" Mljristuacht. Es steht bei'm Sterngeflimmer, Ein Kirchlein tief im Schnee. Der Kerzen Heller Schimmer Blinkt auf zur Himmelshöh'. Ringsum herrscht Ruh' und Schweigen; Still ist's im nahen Tann. Es liegt auf allen Zweigen Des Winters Zauberbann. Da horch, tönt silberhelle Das Glöcklein zum Gebet. Und um die Waldkapelle. Ein Engel Gottes geht. Wied'rum ist's still und leise. Nur summts noch durch den Wald, Als drinn in frommer Weise Das Weihnachtslied erschallt. Gar wundersam zu Ohren Klingt es bald fern, bald nah': „Christ' ward uns heut geboren, Freut Euch, Halleluja!" Standesamtliche Nachrichten von Schönheide vom 16. bis 22. Dezember 1888. Geboren: Ein Sohn: dem Bllrstenfabrikarbciter Franz Louis Auerswald hier Nr. 42; dem Zimmermann Carl Leberecht Lenk hier Nr. 321 d; dem Zimmermann Franz Louis Thomas hier Nr. 69; dem Bürstensabrikarbeiter Franz Eduard Unger hier Nr. 54. Eine Tochter: dem Feuermann ».Maschinen wärter Friedrich Emil Jährig hier Nr. 129; dem Kaufmann Franz Emil Tuchscherer hier Nr. 400; der unverehel. Bürsten- cinzieherin Anna Emma Reinhardt hier Nr. 1406; dem Bürstenfabrikarbeiter Hermann Julius Häckel hier Nr. 109. Sterbefälle : des Blirstenfabrikarbeiters Eduard Louis Fuchs in Neuheide Nr. 16 Tochter, Anna Dora, I I. 8 M. alt; des Druckers Karl Bernhard Martin hier Nr. 226 Sohn, Max Rudolf, 1 M. alt. Kirchliche Nachrichten au» der parochie Eibenstock. Am I. WeihnachtSseiertag: Früh 6 Uhr Mette: Joh. S, 16—18. Herr Diaconus Fischer. Vorm. Predigttext: Luc. 2, I—14. Herr Pfarrer Böttrich. Nachm. Liturgischer Gottesdienst. Herr Diaconus Fischer. Die Beichtrcde hält Herr Diac. Fischer. Kirchenmusik: Weihnachtskantate von L. Baumert. Du Tochter Zion, freue Dich sehr! Am 2. Weihnachtsfeiertag: Borm. Predigttext: Luc. 2, 15-20. Herr Pfarrer Böttrich. Abends 6 Uhr Predigttext: Luc. 2, 15—20. Herr Diaconus Fischer. Die Beichtrede hält Herr Pfarrer Böttrich. Kirchenmusik: Weihnachtskantate von L. Baumert. Ehre sei Gott in der Höhe! Lirchknnachrichtcn aus Schönheide. Dienstag, d. 25. Dezember (I. Weihnachtsfeiertag), Früh 6 Uhr Christmetten mit Predigt. Borm. 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt. Nachm. 2 Uhr Weihnachtsbetrachtung. Mittwoch, d. 26. Dezember (2. Weihnachtsfeiertag), Borm. 9 Uhr Gottesdienst mit Predigt.